Im Streit um den einjährigen Sohn ist ein ehemaliges Paar in Freudenstadt heftig aneinandergeraten. Foto: dpa

Anklage wegen Freiheitsberaubung. Verfahren gegen Zahlung eines Bußgelds eingestellt.

Freudenstadt - Ein 27-Jähriger und seine 48-jährige Mutter waren wegen gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung angeklagt. Letztlich wurde das Verfahren jedoch gegen die Zahlung eines Bußgelds eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft warf den beiden vor, am 29. November vergangenen Jahres eine 25-jährigen Frau in deren Wohnung in Freudenstadt daran gehindert zu haben, diese zu verlassen und Hilfe bei der Nachbarin zu holen. Zwischen dem Angeklagten und der Frau war es zu einem Streit und einem Gerangel gekommen, als er den gemeinsamen, einjährigen Sohn abholen wollte. Der Vater hat ein sonntägliches Besuchsrecht.

Als der Vater in Begleitung seiner Mutter an jenem Sonntag aus Schwäbisch-Gmünd kam und seinen Sohn vereinbarungsgemäß um 10 Uhr abholen wollte, gab die Mutter des Kinds an, dieses würde gerade schlafen, die beiden sollten doch in einer Stunde wieder kommen.

Daraufhin begannen die Streitigkeiten. Der Vater öffnete die Schlafzimmertür und bemerkte, dass das Kind nicht mehr schlief, möglicherweise wegen des Streits. Die Mutter hielt derweil die Wohnungstür zu und hinderte die 25-Jährige, Hilfe bei ihrer Nachbarin zu holen oder zur Polizei zu gehen. Bei dem Gerangel erlitt die junge Frau eine Schürfwunde am Arm, sodass auch noch Körperverletzung in der Anklageschrift vermerkt war.

Die beiden Angeklagten beharrten auf das durch einen gerichtlichen Beschluss geregelte Besuchsrecht. Man könne das Kind nicht kurz vor dem vereinbarten Termin noch schlafen legen, sagte die Angeklagte.

Sie habe die Wohnungstür zugehalten und sich davorgestellt, damit die Ex-Freundin ihres Sohnes mit ihrem Enkel nicht schreiend durch das ganze Haus rennen würde. Außerdem habe es jedes Mal Ärger gegeben, wenn sie das Kind abholen wollten.

Die junge Frau sagte hingegen, dass der Vater nur unregelmäßig von seinem Besuchsrecht Gebrauch gemacht habe. Es kam im Gerichtssaal zu einer lautstarken Auseinandersetzung der drei Beteiligten mit vielen gegenseitigen Anschuldigungen, die sich Richter Benz eine Weile anhörte, bis er schließlich eingriff und zur angeklagten Frau sagte: "Wir leben nicht in Zeiten der Selbstjustiz – so geht es nicht, das ist kein Weg. Sie dürfen andere nicht daran hindern, wenn diese ihre Wohnung verlassen möchten."

48-Jährige muss 300 Euro ans Familien-Zentrum zahlen

Als Zeugen sagten auch die Eltern der jungen Mutter aus, die die Frau an jenem Morgen zur Schlichtung hinzugerufen hatte.

Vor einer Pause, in der sich das Gericht und die Staatsanwaltschaft zu einem Gespräch zurückzogen, verlas Richter Benz noch die Eintragungen des angeklagten Mannes. Darin war eine Verurteilung wegen Körperverletzung gegen seine Ex-Freundin sowie zwei weitere wegen Trunkenheit im Verkehr und wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu verzeichnen.

Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft stellte der Richter das Verfahren gegen den angeklagten Mann ein. Gegen seine Mutter, "die die treibenden Kraft bei dem Konflikt war", wurde die Anklage vorläufig gegen die Zahlung von 300 Euro an das Familienzentrum Freudenstadt eingestellt.

Er habe sich die Sache durch den Kopf gehen lassen, begründete der Richter seine Entscheidung. An jenem Sonntag sei es in einer völlig vergifteten Atmosphäre zu Dingen gekommen, zu denen es nicht kommen dürfe. Es tue ihm im Herzen weh, wenn er sehe, dass Kinder wegen des unvernünftigen Verhaltens ihrer Eltern leiden müssten, sagte Benz. Eine Verurteilung hätte die Gräben jedoch nur vertieft.