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Mechanische Fertigung soll ausgelagert werden. Rund 60 Arbeitsplätze sind wohl in Gefahr.

Freudenstadt - Rund 60 Arbeitsplätze sind wohl in Gefahr: Beim Freudenstädter Maschinenbauer Robert Bürkle GmbH soll nach Auskunft der IG Metall die mechanische Fertigung ausgelagert werden.

Die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Freudenstadt, Dorothee Diehm, ging auf die Problematik in der Firma Bürkle bei der jüngsten Delegiertenversammlung der Gewerkschaft ein. Unserer Zeitung erläuerte sie die Sicht der IG Metall.

Im Jahr 2013 sei Bürkle kurz vor einer Insolvenz gestanden, die durch den Einstieg der Finanzgesellschaft Nimbus aus den Niederlanden abgewendet worden sei. Seinerzeit sei ein Sanierungstarifvertrag mit den Mitarbeitern abgeschlossen worden, um das Freudenstädter Traditionsunternehmen zu stabilisieren. "Bis einschließlich disem Jahr haben die Mitarbeiter auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet", so Diehm. Dadurch habe das Unternehmen wohl eine zweistellige Millionensumme gespart.

Auch nach dem Einstieg von Nimbus sei der Auftragseingang nicht so gut gewesen, wie man sich das erhofft habe, denn der Maschinenbau unterliege ständig starken Schwankungen. Deshalb habe sich die Unternehmensleitung um Geschäftsführer Jürgen Schrör entschlossen, die mechanische Fertigung von Maschinenteilen an Zulieferer zu vergeben. Noch im diesem Jahr sollten laut Dorothee Diehm die Kündigungen ausgesprochen werden. Dagegen wehrte sich die IG Metall.

Im Tarifvertrag sei auch eine Beschäftigungssicherung vereinbart worden, so Diehm weiter. Falls unvorhersehbare Dinge passieren, müsse der Betriebsrat eventuellen Änderungen zustimmen. Zuvor müsse der Sachverhalt aber geprüft werden. In dieser Phase befinde man sich nun, betont die Erste Bevollmächtigte.

Die Gewerkschaft sehe durch die Vergabe der mechanischen Fertigung an andere Unternehmen die Gefahr, dass benötigte Teile für Maschinen nicht rechtzeitig in Freudenstadt sein könnten. Dadurch entstehe auch für den gesamten Standort Freudenstadt mit seinen rund 270 Mitarbeitern ein Risiko. Deshalb habe die Gewerkschaft in Abstimmung mit dem Betriebsrat den Vorschlag gemacht, die mechanische Fertogung aufrecht zu erhalten und keinen "Kahlschlag" zu veranstalten, damit Teile, die nicht rechtzeitig geliefert werden, auch noch in Freudenstadt gefertigt werden können. "Die Arbeitgeberseite setzt sich aber über alle Bedenken hinweg", obwohl die Auftragslage derzeit gut sei, betont Diehm. Bürkle habe gleich nach einer Einigungsstelle gerufen, um die Unstimmigkeiten vom Richter klären zu lassen. Das Arbeitsgericht Freudenstadt habe in der vergangenen Woche entschieden, eine solche Einigungsstelle einzurichten. Damit habe die IG Metall zumindest erreicht, dass vor Weihnachten keine Kündigungen ausgesprochen werden.

Man arbeite eng mit dem Betriebsrat bei Bürkle zusammen und informiere auch die Belegschaft über sämtliche Entwicklungen. Vorschläge des Betriebsrats seien bislang abgeschmettert worden. "Die wollen ihr Konzept auf Biegen und Brechen durchziehen", sagt Dorothee Diehm. Die Geschäftsführer der Firma Bürkle waren für eine Stellungnahme am Dienstag nicht erreichbar.

Seite 2: Geschichte eines Traditionsunternehmens

Die Firma Robert Bürkle GmbH hat ihren Ursprung im Christophstal, wo sie von Robert Bürkle 1920 gegründet wurde. Es war seinerzeit eine rund 100 Quadratmeter große Werkstatt mit vier Mitarbeitern. Schon damals wurden Maschinen wie Spindelfurnierpressen oder Furnierböcke für die Möbelindustrie gebaut.

Das Unternehmen wuchs kontinuierlich, zählte 1953 bereits 247 Mitarbeiter und wuchs auf über 600. An der Stuttgarter Straße wurden in Abschnitten neue Produktionshallen und ein Verwaltungsgebäude errichtet, um die weltweite Nachfrage nach Spezialmaschinen für die Möbelindustrie aus Freudenstadt abdecken zu können.

Robert Bürkle starb 1984 im 87. Lebensjahr. Die positive Entwicklung des Unternehmens ging weiter. Das Produktportfolio wurde vergrößert. Auch Krisen konnte die Firma überstehen, zum Beispiel nach dem Einbruch der Nachfrage nach Solarmodulen in den Jahren 2010 und 2011.

Heute beschäftigt sich Bürkle nach wie vor mit der Entwicklung und Produktion von Maschinen, Anlagen und Systemen für die holzbearbeitende Industrie sowie für die Elektronik-, Photovoltaik-, Glas-, Bau-, Automobil- und die Plastikkartenindustrie. Eine Zweigniederlassung ist in Mastholte. Mehrheitsbeteiligungen und Tochtergesellschaften gibt es unter anderem in China und USA. Die Zahl der Mitarbeiter weltweit gibt das Unternehmen mit 487 an.