Mehrmals war ein 26-Jähriger beim Schwarzfahren erwischt worden. Unter anderem dafür wurde er jetzt verurteilt. (Symbolfoto) Foto: dpa

Anklage wegen Diebstahls vorläufig eingestellt. Richter sieht keine Möglichkeit für Bewährung.

Freudenstadt - Zwar wurde die ursprüngliche Hauptanklage wegen Diebstahls gegen einen 26-jährigen Mann vorläufig eingestellt, dennoch wurde er vom Freudenstädter Amtsgericht wegen der Erschleichung von Leistungen zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt.

Damit ging es für den Angeklagten nach der Urteilsverkündung auch gleich wieder in Handschellen dahin, wo er hergekommen war, nämlich in die Justizvollzugsanstalt Rottweil, wo er derzeit noch eine Haftstrafe aus einer vorangegangenen Verurteilung verbüßt.

Diese wurde ihm ebenfalls wegen der Erschleichung von Leistungen beziehungsweise wegen Schwarzfahrens vom Amtsgericht Calw auferlegt. Sie endet im Dezember, dazu kommen dann aber noch die drei Monate aus der Verhandlung in Freudenstadt.

Zu Prozessbeginn verlas Oberamtsanwalt Hengstler für die Staatsanwaltschaft Rottweil die Anklageschrift. Darin wurde dem Mann vorgeworfen, am 17. April dieses Jahres in Baiersbronn in einem Kellervorraum vier Fahrräder gestohlen zu haben. Zwei davon standen am Boden und zwei hingen laut Anklage an der Wand.

Gleich drei Mal in der Bahn erwischt

Drei der Räder, die zum Teil ohne Reifen und ohne Sattel waren, wurden dem Eigentümer wieder zurückgegeben. Der Schaden des Diebstahls wurde somit auf 100 Euro beziffert – den Wert des noch fehlenden Rads. Zudem wurde dem Angeklagten vorgeworfen, am 16. Februar sowie am 23. März insgesamt dreimal ohne gültigen Fahrschein mit der S-Bahn-Linie S8 gefahren zu sein.

Bei Kontrollen in Friedrichstal, Baiersbronn und Freudenstadt wurde der Mann beim Schwarzfahren erwischt, so dass dem Karlsruher Verkehrsverbund dadurch ein Schaden von 6,40 Euro entstanden ist. Amtsgerichtsdirektor Michael Gross fragte beim Angeklagten nach, ob die Tatvorwürfe stimmen. Die Schwarzfahrerei würde zutreffen, sagte er, der Rest jedoch nicht. Es sei zwar richtig, dass er die Fahrräder mitgenommen habe, jedoch in der Annahme, diese seien für den Sperrmüll bereitgestellt worden. Es seien drei Räderrahmen ohne Reifen und ohne Sattel gewesen und ein Fahrrad mit kaputtem Reifen, die er reparieren wollte.

Fahrräder für Sperrmüll gehalten

Richter Gross hakte nach: Der nächste Sperrmülltermin sei aber erst am 23. Mai gewesen. Ja, sagte der Angeklagte, aber bei manchen stehe der Sperrmüll schon wochenlang zuvor vor dem Haus.

Als Zeugin berichtete die Geschädigte, am Tattag abends ein Geräusch im Keller gehört zu haben. Sie sei später in den Keller gegangen und habe den Verlust der Fahrräder bemerkt. Zur Polizei seien sie und ihr Mann allerdings erst gegangen, nachdem sie ein Nachbar, den sie allerdings nur vom Sehen her kannten, darüber informiert habe, dass er wisse, wo ihre Fahrräder abgeblieben seien.

Als weiterer Zeuge machte ein Polizeibeamter vom Polizeiposten Baiersbronn eine Aussage. Tatsächlich seien drei der gestohlenen Räder im Keller des Angeklagten gefunden worden. Vom vierten Rad fehlte jede Spur.

Daraufhin beantragte der Staatsanwalt, die Anklage wegen Diebstahls im Hinblick auf die im Übrigen zu erwartende Strafe vorläufig einzustellen. Dem stimmte der Richter zu und verlas daraufhin die Eintragungen aus dem Bundeszentralregister.

Insgesamt neun, zum Teil einschlägige Vorstrafen wegen Diebstahlsdelikten, Computerbetrug, Körperverletzung und dem Erschleichen von Leistungen waren darin vermerkt. Der 26-Jährige hatte bereits zwei Haftstrafen vor der derzeitigen verbüßt.

Einschlägige Vorstrafen

Nach der Beweisaufnahme plädierte der Staatsanwalt für eine dreimonatige weitere Haftstrafe. Die Verteidigung hielt eine Bewährungsstrafe für angemessen. Michael Gross sah in seinem Urteil eine Haftstrafe ohne Bewährung für tat- und schuldangemessen. Bewährungsstrafen hätten den Angeklagten bisher nicht davon abgehalten, wieder in gleicher Weise straffällig zu werden, sagte er. Zudem sei dies aufgrund der einschlägigen Vorstrafen auch nicht möglich gewesen. "Wenn jeder so handeln würde und immer schwarzfahren würde, gäbe es irgendwann keinen Schienenverkehr mehr", gab Gross dem Angeklagten mit auf den Weg.