Edit und Ulrich Schanbacher (von links) und ihr Team behandeln Patienten nur noch auf private Rechnung. Foto: Adrian

Fachärzte müssen Kassenzulassung abgeben. Vergebliche Nachfolgersuche in der Lauterbadstraße. Reglementierungen schrecken Ärzte ab.

Freudenstadt - Seit 1984 behandeln die Dermatologen und Allergologen Edit und Ulrich Schanbacher ihre Patienten in der Praxis in der Lauterbadstraße. Weil sie keinen Nachfolger fanden, gaben die Ärzte ihre Kassenzulassung zurück. Seitdem ist die Praxis nur noch für Privatpatienten geöffnet.

Viele Kassenpatienten von Ulrich und Edit Schanbacher waren schockiert über diese Entscheidung, die vermutlich die Wartezeiten bei anderen Hautärzten weiter nach oben treibt. Was steckte hinter dem Beschluss der Fachärzte? Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärten Ulrich und Edit Schanbacher, dass sie bereits seit zwei Jahren auf der Suche nach geeigneten Praxisnachfolgern sind. Idealerweise wurden zwei Partner gesucht, da es sich um eine Doppelpraxis der beiden Eheleute handelt.

"Wir haben 52 Hautkliniken angeschrieben und nach Nachfolgern gesucht", berichtet Ulrich Schanbacher, zusätzlich seien in entsprechenden Fachzeitschriften Anzeigen veröffentlicht worden. Auch Oberbürgermeister Julian Osswald stand dem Arztehepaar zur Seite, führte Gespräche mit potenziellen Bewerbern und lobte die Infrastruktur der Stadt und die Lebensqualität.

Aber alles nutzte nichts, letztlich entschieden sich alle potenziellen Praxisnachfolger gegen eine Niederlassung in Freudenstadt. Doch dies nicht etwa, weil es ihnen in der Stadt nicht gefallen hätte, sondern weil sie den großen bürokratischen Aufwand scheuten, der von der kassenärztlichen Vereinigung gefordert wird. Zahlreiche Interessenten hätte es wohl gegeben, so Schanbacher, die sich dann aber für eine Niederlassung in England, in der Schweiz oder anderen europäischen Ländern, in denen es nicht so immense restriktive Bedingungen gibt, entschieden hätten.

Immer wieder höre man, erläutert Schanbacher weiter, dass junge deutsche Mediziner nicht mehr im eigenen Land arbeiten wollen, weil sie etwa die Arbeitsintensität scheuen oder nicht auf dem Land leben wollen. Gut nachvollziehbar sei jedoch die Furcht vor der ausufernden Bürokratie und den verschiedenen Reglementierungen und Einschränkungen. Groteskerweise unterliege der Kassenarzt einer sogenannten Fallzahlbudgetierung, was bedeute, dass nur die Versorgung einer begrenzten Anzahl von Kassenpatienten im Quartal von den Kassen bezahlt wird. Wer mehr Patienten behandle, was in der Regel der Fall sei, müsse auf ein Honorar für diese Behandlungen verzichten.

Zusätzlich gebe es unter anderem ein Arzneimittelbudget und ein Regelleistungsvolumen, Reglementierungen, die den Kassenarzt damit konfrontieren, in welchem Umfang Diagnostik und Therapie für den Kassenpatienten bezahlt werden, kritisiert Ulrich Schanbacher. So werde Hautärzten beispielsweise vorgeschrieben, dass sie im Quartal pro Patient rund 20 Euro an Medikamenten verordnen dürfen. Denke man an die Patienten, die an einer schwerwiegenden Krankheit mit hohem und teuren Medikamentenbedarf leiden, so könne sich auch jeder Nicht-Mediziner ausrechnen, wie unmöglich solch eine Vorgabe ist, bemerkt der Facharzt. Reglementierungen in allen Bereichen, von denen die Patienten meist gar nichts wüssten, erschwerten die ärztliche Tätigkeit ungemein.

Dass bei der Suche nach Nachfolgern immer wieder empfohlen wird, Ärzte aus ost- oder südeuropäischen Ländern wie Rumänien, Bulgarien und Griechenland anzuwerben, lehnt das Arztehepaar ab. Die Kollegen würden in ihren eigenen Ländern dringend benötigt und seien dafür ausgebildet worden, dort ihre Arbeit zu tun, lautet ihr Argument. So haben sich Edit und Ulrich Schanbacher, die bereits das Rentenalter erreicht haben, frustriert über die fruchtlosen Auseinandersetzungen mit der kassenärztlichen Vereinigung dafür entschieden, die Kassenzulassung zurückzugeben.

Etliche Hautärzte im Nordschwarzwald hätten diesen Schritt ebenfalls getan, wissen sie. Die Ärzte bieten den Patienten ihre Dienste aber weiterhin an versicherte das Ehepaar. Die Behandlungen rechnen sie mit einem reduzierten Honorar gemäß der Gebührenordnung für Ärzte privat ab.

Schanbacher hofft, dass die Kassen dann bereit sind, ihren Mitgliedern das Geld für die notwendigen Behandlungen zurückzuzahlen. "Wir üben unseren Beruf gerne aus", betonen Edit und Ulrich Schanbacher.