Voll besetzt war der Schweizer-Saal beim Informationsabend über die Belegung des Luz-Posthotels mit Flüchtlingen. Foto: Adrian

Asylbewerber: Erstmals werden auch viele Familien erwartet. Informationsabend findet große Resonanz.

Freudenstadt - Viele Menschen in Freudenstadt bewegt der Anfang Mai geplante Einzug von bis zu 130 Flüchtlingen ins zentrumsnahe Luz Posthotel. Das zeigte sich im voll besetzten Schweizer-Saal des Stadthauses.

Freudenstadt Rund 220 Bürger waren zu der von der Stadtverwaltung und dem Freundeskreis Asyl geplanten Informationsveranstaltung gekommen. Oberbürgermeister Julian Osswald sagte, dass der Eigentümer des renovierungsbedürftigen Hotels dieses an den Landkreis vermietet hat. Nach den notwendigen Sanierungsarbeiten stehe dem Einzug von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan nichts mehr im Weg.

Insgesamt seien in Freudenstadt 3100 Menschen aus 93 Nationen angesiedelt, die keinen deutschen Pass haben. Somit sei wohl auch Platz für die derzeit 473 Flüchtlinge – bei einer Gesamteinwohnerzahl von 23 000. Gemeinsam mit dem Landratsamt habe man Strategien entwickelt, den Menschen möglichst auch stadtnah eine Bleibe zu bieten. Großes Lob zollte Osswald all denen, die sich schon lange ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren – an erster Stelle den Mitgliedern des Freundeskreises Asyl, der sich seit 2013 gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen um die in der Region untergebrachten Flüchtlinge kümmert.

Osswald war zuversichtlich, dass die Integration auch in Freudenstadt gelingen werde. Bürgermeister Gerhard Link erläuterte die Baumaßnahmen für die Nutzungsänderung des Luz Posthotels, wie Brandschutz, Installation von Rauchmeldern und Sicherung von Fluchtwegen. Mit der baurechtlichen Genehmigung werde noch in dieser Woche gerechnet.

Landrat Klaus Michael Rückert zeigte sich überzeugt davon, dass der Kreis und seine Bewohner bereit seien für die Aufnahme von Menschen aus den verschiedensten Kulturen. Dies sei eine große Herausforderung für die Bewohner in Kreis und Stadt, die jedoch gemeinsam lösbar sei. Rückerts Dank galt neben den engagierten Mitarbeitern des Landratsamts auch der Stadt und besonders den vielen ehrenamtlich aktiven Bürgern. Im Hinblick auf das Luz Posthotel informierte Rückert, dass die Menschen nach einem vom Regierungspräsidium festgelegten Schlüssel von einem Sozialarbeiter und einer weiteren Hilfskraft betreut werden, zusätzlich würden ein Hausverwalter und ein Hausmeister eingesetzt.

Der Zuzug der neuen Bewohner erfolge schrittweise. "Wie viele es in den kommenden Wochen und Monate sein werden, wissen wir nicht genau", so der Landrat. Dass erstmals auch viele Familien erwartet werden, freute Rückert, der zudem betonte: "Integration funktioniert nur langsam, aber wir schaffen das!"

Werner Hoffmann vom Freundeskreis Asyl berichtete mit seinen Mitarbeitern über die Arbeit der verschiedenen Gruppen. Ausführlich wurden die Arbeitskreise und ihre Ansprechpartner vorgestellt. Der Freundeskreis vermittelt Deutschkurse, organisiert ein Willkommenscafé, bietet Patenschaften an. Flüchtlinge können auch Wohnungsvermittlung, Begleitung zu Behördenbesuchen wie auch eine Fahrradwerkstatt und die Möglichkeit zu gemeinsamem Sport nutzen. Besonders Kinder und Jugendliche profitieren nicht nur körperlich, sondern auch mit ihrer oft verletzten Seele vom gemeinsamen Spielen und Sport. Ein Asylant, ein seit 2014 in Freudenstadt lebender iranischer Arzt, berichtete in fließendem Deutsch darüber, wie gut er und seine Familie in Freudenstadt integriert worden seien.

Diakon Georg Lorleberg von der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen zeigte sich begeistert vom großen Engagement der Helfer. "Wir wollen, dass Integration gelingt", betonte er.

In der Diskussion beklagte eine Mutter, dass sie von jungen Flüchtlingen sexuell belästigt worden sei und nun fürchte, dass auch ihre Tochter und deren Freundinnen ähnlichen Aggressionen ausgesetzt sein könnten. Der OB und der Landrat beteuerten, dass dies ernst zu nehmende Einzelfälle seien. Alle hätten sich an deutsches Recht zu halten. Ein seit mehr als 20 Jahren in Deutschland lebender Iraker bot spontan seine ehrenamtliche Hilfe als Dolmetscher an. Eine Besucherin meinte, dass dem Problem der sexuellen Belästigung langfristig nur mit Aufklärung, nicht jedoch mit Aggression und Angst begegnet werden sollte. Zudem sei dies ohnehin kein flüchtlingsspezifisches, sondern allgemeines Problem unter Menschen, betonten Osswald und Rückert.

Auf Listen konnten sich neue Helfer eintragen. Die Verantwortlichen des Freundeskreises freuten sich, dass letztlich rund 40 Anmeldungen zu verzeichnen waren.