Vor dem Freudenstädter Amtsgericht musste sich ein 32-Jähriger verantworten, weil er unter anderem mehrfach gegenüber seiner Frau gewalttätig geworden war. (Symbolfoto) Foto: dpa

32-Jähriger rastet immer wieder aus. Wiedererholungstäter leidet an paranoider Schizophrenie.

Freudenstadt - Paranoide Schizophrenie gepaart mit Alkohol ist eine Mischung, der man nicht auf der Straße begegnen möchte. Welches Agressionspotenzial dabei entfesselt wird, zeigt der Fall eines 32-jährigen Mannes, der vom Amtsgericht zu einer Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde.

Der 32-Jährige aus einer Kreisgemeinde musste sich vor dem Amtsgericht in Freudenstadt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung in zwei Fällen und Widerstands gegen Staatsbedienstete verantworten. Genaueres erläuterte der Staatsanwalt: Im September 2012 warf der Angeklagte – er hatte getrunken – seiner Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung nach einem Streit eine gefüllte 1,5-Liter-Plastikflasche hinterher. Die Frau hatte Glück und konnte ausweichen, denn der Angeklagte hatte auf deren Kopf gezielt und mit solcher Wucht geworfen, dass die Flasche eine Fensterscheibe zerschmetterte. Im Januar 2013 randalierte er angetrunken am Freudenstädter Hauptbahnhof, pöbelte Passanten an und pinkelte gegen einen Zug und ein Auto.

Lebensgefährtin flüchtet verletzt zur Nachbarin

Die Polizei rückte an und nahm den Trunkenbold fest. Auf dem Polizeirevier kam es dann zu einer Rangelei, bei der der Angeklagte einen Polizeibeamten im Brustbereich verletzte. Knapp einen Monat später fielt der Mann wieder durch sein hohes Agressionspotenzial auf: Nach einem Streit schlug er auf seine Lebensgefährtin ein, die in der Folge im Gesicht- und Brustbereich starke Prellungen und Versetzungen erlitt und blutend zur Nachbarin flüchtete.

Warum der Mann immer wieder ausrastet? Er könne mit seiner Wut nicht umgehen, bekennt der Angeklagte. Wut, Eifersucht, Medikamente und Alkohol – eine explosive Mischung, die den Angeklagten immer wieder zum Ausrasten bringen.

An den Vorfall am Hauptbahnhof und an die Verletzung des Polizisten könne er sich nicht mehr erinnern, beteuerte er gegenüber Richter Axel Benz. Er habe einen kompletten Filmriss. Erst nach der Blutentnahme auf dem Revier sei er wieder zu sich gekommen.

Der Angeklagte wohnt derzeit in einem betreuten Wohnheim und hat Hausverbot bei seiner Lebensgefährtin, das er allerdings missachtet. Auch sie hat ein Alkoholproblem. Bei ihrer Zeugenaussage wollte oder konnte sie sich nicht mehr an die Vorgänge erinnern und versuchte, Fragen immer wieder abzuwiegeln. Erst als Richter Benz sie ermahnte, sagte die verängstigt und unsicher wirkende Kasachin mit deutschem Pass: "Wir sind ein Paar, da gibt es halt auch mal Streit" und bestätigte dann, geschlagen worden zu sein. Die Nachbarn sind da deutlicher. Sie berichteten von ständigen lautstarken, handfesten Streitereien, auch jetzt noch, obwohl dem 32-Jährigen ein Hausverbot erteilt wurde. Krach, Schreie und Schläge seien an der Tagesordnung.

Den letzten Vorfall bestätigte die Nachbarin, zu der die Freundin des Angeklagten ängstlich und blutverschmiert geflüchtet war. Während der Schilderungen wurde der Angeklagte im Gerichtssaal wütend und beschimpfte die Zeugin, sodass Richter Benz sicherheitshalber zwei Polizisten anforderte.

Das Thema Alkohol beschäftigt den Angeklagten seit seinem 13. Lebensjahr: Nach einer schwierigen Kindheit mit alkoholabhängigen Eltern kommt er heute selbst nicht vom Alkohol los. Hinzu kommen psychische Probleme. Ein medizinisches Gutachten lag vor und bescheinigte, dass der Angeklagte unter einer paranoiden Schizophrenie leidet. In Verbindung mit Alkohol sind die täglichen Beruhigungsmittel, Betablocker und Psychopharmaka eine explosive Mischung – ebenso deren Nichteinnahme. Aggressivität und Wutanfällen sind die Folge.

Zahlreiche Therapien – stationär und ambulant – und ein zweijähriger Gefängnisaufenthalt liegen hinter dem 32-Jährigen. Auch sein bisheriges Strafregister ist lang. Der Staatsanwalt forderte neun Monate Haft ohne Bewährung. Von verminderter Schuldfähigkeit sei jedoch auszugehen, da der Angeklagte wohl bei allen drei Anklagepunkten alkoholisiert war. Die Zukunftsprognose für den 32-Jährigen sieht Benz eher düster: "Wenn man alle Chancen verstreichen lässt, gibt es nur einen Weg: den ins Gefängnis."

Die Pflichtverteidigerin überließ das Strafmaß dem Ermessen des Gerichts. Richter Benz blieb mit acht Monaten nur knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. "Die einschlägigen Voreintragungen lassen uns keinen Spielraum, eine Bewährungsstrafe in Betracht zu ziehen", begründete der Richter abschließend sein Urteil.