Die Punkband "Tante Inge" sorgte für rockige Beiträge bei der Veranstaltung zum Welttag für seelische Gesundheit. Foto: Adrian Foto: Schwarzwälder-Bote

Gesundheit: Junge Menschen und die Hilfssysteme / Veranstaltung zum Welttag für seelische Gesundheit

Das Thema "Junge Wilde – Ich und die Gesellschaft – Wege und Chaos" beschäftigte die Vertreter des Arbeitskreises Psychiatrie, Kooperationspartner und zahlreiche interessierte Besucher am Welttag für seelische Gesundheit.

Freudenstadt. Der Begriff "Junge Wilde" taucht sowohl in der Politik als auch in der Kunst und auf anderen Gebieten auf. Bei der Veranstaltung zu diesem Thema waren allerdings ausschließlich junge Menschen gemeint, die der Betreuung durch verschiedene Hilfssysteme im Bereich der Jugendhilfe oder der psychiatrischen Medizin bedürfen.

So werden beispielsweise das Jobcenter, die psychologischen Beratungsstellen oder viele andere Institutionen mit Jugendlichen konfrontiert, die sich im Spannungsfeld zwischen Entwicklungsproblemen in der Adoleszenz und dem Druck der Gesellschaft befinden. "›Junge Wilde‹ fallen irgendwie durch den Rost", erläuterte Moderator Ulrich Giesekus.

Auf der Suche nach eigenen Wegen

Um dem entgegenzuwirken, hatten die Verantwortlichen das Thema ausgewählt. Diakoniepfarrer Markus Arnold stieg als Vertreter von Dekan Trick in seinem Grußwort gleich ins Thema ein, indem er das Schicksal des "Jungen Wilden", 22-jährigen Malte beschrieb. Die Dezernentin der Ämter für Soziales, Jugend, Integration und Gesundheit beim Landratsamt, Stefanie Simet, überbrachte die Grüße des Landrats und bestätigte aus eigener beruflicher Erfahrung, dass es um einen Themenkomplex gehe, der genauestens betrachtet werden müsse. Es handle sich um junge Menschen, die kein Kind mehr, aber auch noch keine Erwachsene seien, "die Jungen, die Wilden, die Rebellen" auf der Suche nach eigenen Wegen und überfordert mit unerfüllten Erwartungen.

Die vielen Einrichtungen im Landkreis Freudenstadt, die sich für diese Jugendlichen einsetzen, lobte Stefanie Simet ausdrücklich und dankte für das große Engagement aller Aktiven. Psychologe Ulrich Giesekus stellte einen mutigen jungen Mann vor, der im Interview seinen schwierigen Werdegang vom "Jungen Wilden", der während seiner Teenie- bis hin zur Erwachsenenzeit quasi eine "Achterbahnfahrt" zwischen Alkohol- und Drogenkonsum, abgebrochener Schule und vielen weiteren Katastrophen und Chaos durchlebt hatte, schilderte. Nun hat er den Hauptschulabschluss absolviert und ist auf der Suche nach einer Lehrstelle in einem handwerklichen Beruf. Sein neues Ziel ist, wie er selbst formulierte: "Jeden Tag so gut zu leben, wie es geht", ohne auf die Hilfe von Betreuern, Freunden und Therapeuten verzichten zu müssen. Bernd Möhrle, Diplom Pädagoge und Anti-Aggressionstrainer, berichtete aus seinem Alltag als Schulsozialarbeiter und über den manchmal langen, schwierigen Weg, den Betroffene zurücklegen müssen. Johannes aus der "Generation Maybe" diente als Beispiel. Die Aufgabe von Pädagogen liege in Beziehungsarbeit, Sinnfindung und der Inanspruchnahme vorhandener Hilfesysteme, betonte Möhrle.

Ständiger Austausch ist erforderlich

Psychiaterin Ute Spannagel-Metzner betrachtete die Problematik aus primär medizinischer Sicht und präsentierte ebenfalls in einem Fallbeispiel den langen mühsamen Weg von Oliver, der nach schwierigen Phasen mit einem Suizidversuch und ständigem Auf und Ab der Stimmungen trotz intensivem, medizinischen und persönlichen Einsatz letztlich spurlos untergetaucht ist.

Alle Referenten waren sich einig, dass sie ihre oft schwierige und aufreibende Arbeit nur durch ständigen kollegialen Austausch, eigene Stabilität, den Rückhalt der Freunde und Familien bewältigen können. Für rockige Beiträge sorgten die drei Gitarristen und Sänger sowie der Schlagzeuger der Punkband "Tante Inge".