Wegen unbezahlter Rechnungen muss sich ein Paar vor dem Amtsgericht verantworten. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Prozessauftakt: Paar aus Freudenstadt muss sich wegen Internetbetrugs vor dem Amtsgericht verantworten

"Schrei vor Glück" – mit diesem Slogan wirbt ein bekanntes Online-Versandhaus. In Rottweil steht nun ein Paar vor Gericht, dass 107 Pakete bestellt haben soll, ohne die Rechnungen zu bezahlen.

Von Nadine Klossek

Kreis Rottweil. Der Werbespot eines bekannten Schuh- und Modelieferanten flimmert beinahe täglich über die Mattscheibe: Der freundliche Postbote klingelt an der Tür eines Kunden und überbringt die bestellte Ware. Der in den meisten Fällen weibliche Empfänger gibt einen entzückten Freudenschrei von sich, in den der überrascht dreinblickende Postbote mit einstimmt. Vor dem Amtsgericht Rottweil müssen sich zwei "Kunden" des in Berlin ansässigen Unternehmens verantworten. Angeklagt sind eine 26-jährige Frau aus Bosnien-Herzegowina und ein 20-jähriger Kameruner. Beide wohnten zum Zeitpunkt der Taten in Freudenstadt.

Offene Rechnungen im Wert von 25 000 Euro

Der Vorwurf: Das Paar soll zusammen mit einer dritten Person 107 Pakete bei dem Onlineanbieter bestellt, die Rechnungen aber nicht bezahlt haben. Somit entstanden offene Rechnungsbeträge in einer Gesamthöhe von 25 000 Euro. Um ihre Taten zu verschleiern, benutzten die Angeklagten Namensabwandlungen und verschiedene E-Mail-Adressen. Als immer wieder Pakete an der Packstation der Post ankamen, wurden die Mitarbeiter stutzig und schalteten die Polizei ein.

Der erste Verhandlungstag gestaltete sich bereits zu Beginn schwierig: Da die beiden Angeklagten nur gebrochen Deutsch sprechen, mussten Dolmetscher zwischen Gericht und Betroffenen übersetzen. Anfangs versuchte der 20-Jährige, die ganze Schuld auf sich zu nehmen. Ein Araber habe ihm einige Geschäfte vorgeschlagen, darunter auch den Internetbetrug. Laut dem Angeklagten musste er Pakete auf seinen Namen bestellen, wofür man ihm im Gegenzug zeigen wollte, wie man im Netz Kleidung bestellen kann, ohne dafür zu bezahlen. Er sei sich dessen bewusst gewesen, dass er das Bestellte nicht bezahlen könne, und sei daher alleine verantwortlich. "Ich kaufte es für mich, meine Freundin und meine Prinzessin." Als allerdings seine Partnerin befragt wurde, widersprach sie seiner Aussage. Sie hätten die Pakete gemeinsam bestellt, und ihr Freund versuche lediglich, sie zu schützen.

Obwohl die Angeklagten von Anfang an geständig waren, gibt es für Staatsanwältin und Richter einige Details zu klären. Wer hat den beiden erklärt, wie man immer wieder Bestellungen tätigen kann, ohne zu zahlen? Wer hat welche Pakete bestellt? Wer hat sie bei der Post abgeholt?

Drei Stunden nach Verhandlungsbeginn meldete sich einer der Anwälte zu Wort: Wenn man herausfinden wolle, wer welches Paket bestellt habe, begebe man sich vom Hundertsten ins Tausendste. Die Schuldfrage sei nicht für jede einzelne Bestellung zu klären.

Die Sprachbarriere war nicht zuletzt während der Befragung der Angeklagten ein großes Problem.

Zwei weitere Verhandlungstage

Die Aussagen waren oft keine Antworten auf die eigentlichen Fragen. Vieles musste mehrere Male übersetzt werden, um eine präzise Antwort zu erhalten. Vor allem die Beteiligung einer ominösen dritten Person, die mal Franz, mal Francis genannt wird und mittlerweile verschwunden ist, konnte bisher nicht geklärt werden. Zwei weitere Verhandlungstermine sind angesetzt, der nächste am Dienstag, 17. November, um die acht Zeugen zu befragen. Das Urteil soll Anfang Dezember gefällt werden.