Eun kulturelles Ereignis für Familien zauberte das Ensemble des Musicals "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" auf die Bühne des Kurtheaters in Freudenstadt. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Das Musical "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" begeistert junges und älteres Publikum / Ensemble spielt und tanzt nach Herzenslust

Von Gerhard Keck

Freudenstadt. Was kann es über eine Reihe von Feiertagen für Familien Schöneres geben als mal eine gemeinsame Unternehmung außer Haus, die Spaß und gute Laune nicht nur verspricht, sondern auch umsetzt?

So geschehen im Kurtheater Freudenstadt, wo a.gon München mit dem Musical "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" nach dem gleichnamigen tschechisch-(DDR-)deutschen Märchenfilm aus dem Jahr 1973 ein buntes, fröhliches, bisweilen schrilles Stück auf die Bühne brachte.

Produzent a.gon, kurz vor Weihnachten noch in Freudenstadt gern gesehener Gast mit dem Drama "Veronika beschließt zu sterben", erhebt den Anspruch "Theater aus Leidenschaft" zu bieten. Einmal mehr erweist sich dieses Attribut als keineswegs zu hoch gegriffen: Das achtköpfige Ensemble, überwiegend in Doppelrollen zu erleben, singt, spielt und tanzt nach Herzenslust.

Auch die vierköpfige Band, am Rand der Bühne platziert, klinkt sich mitunter in den bunten Wirbel ein. 16 Lieder mit Texten von Edith Jeske und der Original-Filmmusik von Karel Svoboda begleiten den Plot. Für die musikalische Leitung zeichnen im Wechsel Christian Auer und Peter Wegele verantwortlich. Nach rund zwei Stunden Spielzeit einschließlich eines fulminanten Finales werden die Akteure mit anhaltendem Beifall und "Bravo!"-Rufen verabschiedet.

Julia Klemm (alternativ zu Julia Hiemer) gibt das zauberhafte Aschenbrödel, dessen Liebreiz weder Schmutz noch Schmähungen etwas anhaben können. In der Rolle des verwöhnt-verdrossenen Prinzen ist Thorin Kuhn zu sehen. Um dieses Paar herum gruppiert sich ein potentes Ensemble, das den handelnden Figuren wie König, Königin oder Stiefmutter, Stiefschwester musikalisch und darstellerisch Konturen verleiht. Stefan Zimmermanns Inszenierung ist auf möglichst authentische inhaltliche Darstellung der Vorlage ausgerichtet. Seine eigene Handschrift und die Buchvorlage von Katrin Lange vermitteln dem Musical jedoch eine Ursprünglichkeit, die dem allzu Gefühlsbetonten die Schärfe nimmt. So darf Aschenbrödel durchaus auch mal ganz bodenständig wettern: "Glotz nicht so und mach‘ den Mund zu…!" Mit unfreiwilligen Wortspielen der reichlich beschränkten Stiefschwester (Birgit Reutter), die sich insbesondere als Echo sprechender Personen gefällt, gewinnt das Musiktheater eine besonders humorvolle Komponente. Die lebendige Choreografie steuert Patrizia Klosowski bei. Bühnenbild und Kostüme von Claudia Weinhart zaubern die speziell märchenhafte Ausstattung auf die Bühne. Das trifft ebenso zu auf die plakativ abgestimmten Lichteffekte aus der Werkstatt von Ralph Schwarzenauer.

Mit den beschränkten dramaturgischen Möglichkeiten der Bühne gegenüber dem Film Vorstellungskraft zu produzieren, ist eine große Kunst, die den Verantwortlichen mit einer ordentlichen Prise Humor gelingt. Damit wird auch ihre Klasse dokumentiert. Der Prinz, der "lieber einen Troll aus dem Wald heiratet als eine Frau aus der Hand des Königs", erliegt dem Zauber von Aschenbrödel, das, entgegen landläufiger einfacher Bereitschaft zur Hingabe, dem Liebesaspiranten ein Rätsel auferlegt: "Die Wangen sind mit Asche beschmutzt, aber der Schornsteinfeger ist es nicht. Ein Hütchen mit Federn, die Armbrust über der Schulter, aber ein Jäger ist es nicht. Ein silbergewirktes Kleid mit Schleppe zum Ball, aber eine Prinzessin ist es nicht, mein holder Herr."

Gefragt will es sein, das Aschenbrödel, nach seinen Vorstellungen. Es ist kein bloßes Objekt der Begierde, wie es sich der Thronfolger vorstellt. Liebe will "erarbeitet", erworben sein, erst dann gibt es ein Anrecht auf ein Happy End, lautet, so man will, die Botschaft.