Hochzeitslader Klaus Dölker (ganz links) mit Petra und Paul vor der evangelischen Kirche in Dietersweiler (Bild links), begleitet wurde das Brautpaar von den Brautfräulein mit ihrer Begleitung (Bild rechts, oben). Die Blumenkinder verstreuten beim Umzug Blütenblätter. Fotos: Schwark Foto: Schwarzwälder-Bote

Historischer Hochzeitsumzug zieht mehrere hundert Zuschauer an / Gewänder erinnern an vergangene Tage

Von Lothar Schwark Freudenstadt-Dietersweiler. Einen Zeitsprung zurück in die 1950er- bis 60er-Jahre vollzogen hunderte von Zuschauern beim historischen Hochzeitsumzug, veranstaltet vom Dorfmuseum Dietersweiler.Insgesamt 30 Paare, acht Brautfräulein mit Partnern nebst acht Blumenkindern schufen beim Umzug eine Atmosphäre wie in alten Tagen. Von der evangelischen Kirche über die Raiffeisenstraße und die Pfluggasse bis zum Dorfmuseum zog sich der Umzug. Angeführt wurde er von Siegfried Steidel mit dem Akkordeon. Ehrwürdig folgte dahinter Klaus Dölker als Hochzeitslader mit Frack und Zylinder. Er hatte einen mit bunten Bändern geschmückten Stab dabei: Blau stand für Treue, Rot für Liebe, Grün für Hoffnung, Weiß für die Jungfräulichkeit. Fröhliche Blumenkinder warfen gleichzeitig bunte Blüten in die Luft.

Petra und Paul spielten als Hochzeitspaar die Hauptrolle im Festumzug. Im echten Leben sind beide seit einem Jahr verheiratet. Hochzeitstrachten (Gwand) waren immer sichtbarer Ausdruck des Glaubens. In evangelischen Landesteilen heirateten Frauen in Schwarz. Ein weißer Schleier oder ein weißer Schal galt als Zeichen der Jungfräulichkeit. Schwangere Frauen oder Frauen, die schon Kinder hatten, trugen eine schwarze glitzernde Schürze und eine schwarze glitzernde Haube.

Die Männer präsentierten sich im Festumzug mit schwarzem Frack und schwarzer Hose sowie einem prächtigen Zylinder auf dem Kopf.

In katholischen Gegenden trugen Frauen ein schwarzes glitzerndes Gewand, cremefarbenes Schälchen, Blumensträußle, sowie eine weiße Schürze und einen Myrtenkranz (Zeichen der Jungfräulichkeit und Weiß als Farbe der Reinheit). In der Kirche erhielt die Braut dann eine Haube, die vom Bräutigam oder der Verwandtschaft kam. Daher rührt auch der Ausdruck "Jemanden unter die Haube bringen".

Im Dorfmuseum angekommen, nahm die Hochzeitsgesellschaft an festlich gerichteten Tischen Platz. Hochzeitslader Dölker erläuterte den Gästen den Ablauf einer Hochzeit in alten Tagen und erzählte Anekdoten diverser Hochzeiten, deren Termin sich nach den Arbeiten in der Landwirtschaft richtete. Beliebte Termine waren nach dem Öhmden oder nach der Ernte. Die Aufgabe des Hochzeitsladers endete mit dem Eröffnungstanz des Brautpaars. Ein Brauch in Dietersweiler war, dass die Jugend ein Seil vor den Hochzeitsumzug spannte. Erst nachdem Münzen auf die Straße geworfen worden waren, wurde der Weg freigegeben.

Im Dorfmuseum war eine interessante Bilderausstellung mit alten Hochzeitsfotos zu sehen. Zur musikalischen Untermalung trug die Alphorngruppe Dietersweiler bei. Ziegen-Willi war mit seinem Streichelzoo gekommen. Besenbinder Kaupp zeigte alte Handwerkskunst. Strahlende Kinderaugen gab es beim Kasperletheater, das Sabine Fritz und Regina Paulus vor ausverkauftem Haus präsentierten. Über die starke Resonanz beim Hochzeitsumzug und beim Museumsfest freute sich Museumsleiterin Maria Frick. Mehrere Wochen hatte sie Bilder und Kostüme für diese Veranstaltung zusammengesucht.