Die Ausstattung, wie hier in einem Operationssaal des Krankenhauses Freudenstadt, ist modern. Sanierungsbedarf gibt es in vielen anderen Bereichen. Foto: Archiv

Kosten-Dilemma beim Krankenhaus-Standort Freudenstadt. "Diskussion über Privatisierung muss unbedingt geführt werden".

Freudenstadt - Der Schock über die Zahlen für die KLF-Sanierung des Standorts Freudenstadt sitzt offenbar tief. Einige befürchten eine Kostenspirale für die Gemeinden.

Zwar bestreitet Landkreissprecherin Sabine Eisele die vom Schwarzwälder Boten genannten Zahlen aus der nichtöffentlichen Sitzung des Kreistags: "Da es sich um eine nichtöffentliche Sitzung handelte, können wir selbstverständlich keine Auskunft dazu erteilen." Eisele weiter: "Die Zeitplanung hinsichtlich der Sanierung ist so, dass weitere Gespräche und Planungen erforderlich sind, nach deren Abschluss der Aufsichtsrat eine Empfehlung an den Kreistag beschließen wird, die wir dann – voraussichtlich nach der Sommerpause – in öffentlicher Sitzung und mit einer Informationsveranstaltung für die Bevölkerung veröffentlichen werden."

Inzwischen haben den Schwarzwälder Boten genauere Zahlen erreicht. Demnach soll das Gutachterbüro teamplan vier Szenarien für ein "Grobflächenprogramm" vorgelegt haben. Der Eigenanteil des Landkreises soll bei einer reinen Sanierung des Standorts Freudenstadt bei 67 Millionen Euro liegen. Am Teuersten wäre die Sanierung, der Teilneubau der Psychiatrie und Küche sowie der Abriss des Schwesternhochhauses mit 97 Millionen Euro Eigenanteil. Ein Neubau auf der Grünen Wiese soll danach gut 90 Millionen Euro kosten. Wenn das alte Krankenhausgebäude nicht mehr genutzt wird und ein Teilneubau erfolgt, seien gut 75 Millionen Euro fällig.

Doch wie sollen die vielen Millionen Euro bezahlt werden? Macht es überhaupt Sinn, weiter in die KLF zu investieren? Der Schwarzwälder Bote fragte Kreistags-Mitglieder. Reiner Ullrich, Fraktionschef der Kreistags-SPD: "Wir werden um eine Behebung des Investitions und Sanierungsstaus nicht herumkommen, wenn wir den Standort Freudenstadt nicht gefährden wollen. Hier holen uns zum widerholten Male die Versäumnisse der Vergangenheit ein." Für die SPD-Fraktion seien weiterhin "zwei Punkte festgemeißelt", so Ullrich: "Der Standort Freudenstadt ist unbedingt notwendig – wegen der zentralen Versorgungslage. Nach wie vor stehen wir zur Trägerschaft in öffentlicher Hand."

Durch die anstehende KLF-Sanierung sieht er, dass er "strukturelle Konsolidierungsdruck auf die Kreisverwaltung steigt. Ein erhöhter Finanzbedarf ist nicht eins zu eins über eine erhöhte Kreisumlage zu realisieren."

CDU-Fraktionschef Heinz Hornberger will genauso wie sein Parteikollege Julian Osswald (OB von Freudenstadt) das noch nicht beantworten. Hornberger: "Ich kann Ihnen diese Fragen leider heute nicht beantworten, da wir in der Fraktion logischerweise darüber noch nicht reden konnten. Im übrigen möchte ich persönlich die endgültigen Fakten sehen und nicht über ›Spekulationen" auch spekulieren." Osswald: "Ich werde Fragen zum Inhalt von nichtöffentlichen Sitzungen nicht beantworten. Dafür bitte ich um Verständnis."

Kreisrat Michael Laschinger: "Wenn man das Gesamtszenario der KLF und des Landkreises mit dem ähnlich großen Landkreis Calw vergleicht, fällt auf, dass dieser über 100 Millionen Euro in den zweiten Krankenhausstandort Calw investieren will. Da Calw seine Kommunen nicht mit der kompletten Summe belasten kann, darf auch der Landkreis Freudenstadt von Seiten des Landes nicht alleine gelassen werden." Laschinger sieht das Land als Geber von Investitionszuschüssen und den Bund als Gesetzgeber in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die medizinische Grund- und Regelversorgung in ländlichen Bereichen kostendeckend betrieben werden kann. Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger hat auf Anfrage des Schwarzwälder Boten mal ausgerechnet, was eine Erhöhung der Kreisumlage jährlich bedeuten würde. "Horb leistet zirka 20 bis 25 Prozent der Kreisumlage. Bei einer Erhöhung der Umlage von insgesamt fünf Millionen Euro würde dies Horb mit mindestens einer Million Euro belasten."

FDP-Kreistagsfraktionschef Daniel Wochner: "Unabhängig von den Gerüchten über die Investitionshöhe kann ich aus meiner Kenntnis der Haushaltslage des Landkreises folgendes feststellen: Den erheblichen Investitionsbedarf wird der Landkreis mangels anderer eigener Einnahmen über die Kreisumlage finanzieren. Festzustellen bleibt weiter: Der Kreis ist bereits heute überdurchschnittlich verschuldet, die Einwohnerzahlen sind deutlich rückläufig, die Kreisumlage über den Landesdurchschnitt und vor allem deutlich über dem Durchschnitt der angrenzenden Landkreise. Wir haben bereits ohne den Investitionsbedarf des Krankenhauses ein erhebliches Problem. Eine Investition von zig Millionen Euro in das Krankenhaus in Freudenstadt wird diese Situation nochmal drastisch verschärfen und zu einer massiven Erhöhung der Kreisumlage führen."

Wochner weiter: "Eine deutliche Erhöhung der Kreisumlage ist aber für keine der Gemeinden im Landkreis Freudenstadt finanzierbar. Sollten tatsächlich Eigenanteile von bis zu 100 Millionen Euro zu bezahlen sein, wären diese über die Defizitübernahme des Landkreises für die Krankenhäuser zu refinanzieren. Ich könnte mir aber aufgrund meines Erfahrungsschatzes von mehr als zehn Jahren im Kreistag durchaus vorstellen, dass eine Erhöhung des Defizite um rund fünf Millionen im Jahr nicht unrealistisch ist. "

Wochner befürchtet, dass in der Konsequenz "eine Schließungswelle von Kindergärten, Schulen, Hallen und anderen Einrichtungen der Gemeinden droht, weil die Kommunen des Landkreises eine weitere Erhöhung der Kreisumlage nicht finanzieren können". Er ist sich mit Horbs OB Rosenberger einig, dass "eine Diskussion über Privatisierung bei diesen Größenordnungen unbedingt geführt werden muss".

Wochner sieht noch einen anderen Weg: Der Landkreis Freudenstadt könnte sich von seiner EnBW-Beteiligung trennen: "Die wenigsten Bürger wissen, dass der Landkreis Freudenstadt über den Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke rund 2,5 Prozent der Aktien der EnBW hält. Bei einem angeblichen Marktwert der EnBW von gut drei bis vier Milliarden Euro ergäben sich hier zu realisierende Werte, die sämtliche Schulden des Landkreises, der KLF und auch des Neubaus eines Krankenhauses abdecken würden."