Sie haben sich dem Kampf gegen Armut verschrieben (von links): Marion Schmid, Erwin Reck, Axel Buchthal und Renate Braun-Schmid. Foto: Keck

Landesweite Aktionswoche mit drei Veranstaltungen im Kreis Freudenstadt. Armutsgefährdungsquote bei knapp 15 Prozent.

Freudenstadt - "Armut macht krank – Krankheit macht arm." Diese Überzeugung taugt nicht nur als griffige Formel im Kampf gegen prekäre Verhältnisse. Vielmehr bildet sie auch das Fundament für Hilfen für Mitglieder der Gesellschaft, die aus dem Rahmen zu kippen drohen.

Dennoch: Soziale Einrichtungen müssen sich häufig so fühlen, als ob sie wie die Danaiden in der giechischen Mythologie Wasser in ein durchlöchertes Fass schöpfen müssen.

Anfang kommender Woche startet die landesweite Aktionswoche gegen Armut, getragen von der Liga der freien Wohlfahrtsverbände. Die Kampagne steht heuer unter dem Motto "Armut bedroht alle". Die Freudenstädter Sektion, unterstützt vom Bündnis für soziale Gerechtigkeit, richtet dazu drei Veranstaltungen aus: Am Montag, 12. Oktober, spricht Medizinprofessor Gerhard Trabert ab 19 Uhr im Stadthaus in Freudenstadt über "Armut und Gesundheit". Am Donnerstag, 15. Oktober, richtet die Erlacher Höhe in Horb vor dem Jobcenter in der Lindenstraße 2 ab 11.30 Uhr ein Solidaritätsessen aus. Im Familien-Zentrum Freudenstadt wird am Freitag, 16. Oktober, von 9.30 Uhr bis 12 Uhr ein Solidaritätsfrühstück angeboten.

Im Pressegespräch in der Diakonischen Bezirksstelle erläuterten deren Geschäftsführerin Renate Braun-Schmid, Kreissozialleiterin Marion Schmid vom DRK-Kreisverband, Sozialarbeiter Erwin Reck als Leiter der Caritas Horb und Axel Buchthal, Kreisvorsitzender des Verbands "Der Paritätische" Baden-Württemberg Inhalte und Ziele der Aktionswoche.

Solidarität mit den Armen oder von Armut Bedrohten haben sich alle genannten beteiligten Einrichtungen ans Panier geheftet. Auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) sind mit im Boot. Häufig genug verrichten sie, wie aus den Erläuterungen zu entnehmen war, regelrecht Kärrnerarbeit im Kampf gegen die Armut. Und da gilt es schon mal, die Anliegen von Bedürftigen auch bei den zuständigen Ämtern nachdrücklich zu vertreten.

Eines möchten die Wohlfahrtseinrichtungen auf keinen Fall, nämlich dass die Armut vor Ort gegen die Flüchtlingsproblematik ausgespielt wird. Beide Gruppen sind mit dem gleichen Problem behaftet, das es zu bewältigen gilt. Allerdings wollen die Wohlfahrtsverbände vermeiden, dass angesichts der notwendigen gewaltigen Anstrengungen zu Gunsten von Asylbewerbern der Blick für die Armut vor der Haustüre getrübt wird. Die Gesamtsituation werde sich ohnehin weiter verschärfen, gab man sich überzeugt.

Im Kreisgebiet sind derzeit knapp über 1800 Bedarfsgemeinschaften ausgewiesen. 1000 Kinder müssen im Hartz-4-Segment leben. Sie sind auf soziale Transferleistungen angewiesen. Die Armutsgefährdungsquote liegt bei knapp 15 Prozent. Betroffen sind davon häufig alleinerziehende Eltern. Als arm gilt, wer derzeit nicht mehr als 979 Euro im Monat an Einkommen erzielt.

Die Hilfen beziehen sich auf politische Aktionen einerseits und konkrete Unterstützung andererseits. Dies äußert sich beispielsweise im Insistieren bei den Entscheidungsträgern auf Erhöhung der Bedarfssätze beziehungsweise in Waren- und Tauschbörsen sowie anderen Aktionen in den Städten Freudenstadt und Horb sowie im Landkreis.

Ein Problem besonderer Art stellt die Verschuldung durch steigende Energiekosten im Zusammenhang mit dem Wohnen dar. Bedürftige seien häufig nicht in der Lage, sie abzutragen. Dadurch bewegten sie sich in einem Teufelskreis aus Armut und Ausgrenzung. Dass im ländlichen Raum Armut seltener vorkomme, verwiesen die Fachleute in den Bereich der Fabel. Das gemeinsame Eintreten gegen die Verarmung wird von dem hehren Gedanken getragen, wonach es allen Menschen möglich sein müsse, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.