Ein solcher 100-Milliarden-Mark-Gutschein war während der Inflation keine Seltenheit. Foto: privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Wintergerst schrieb über die Inflation

Von Alexandra Alt Freudenstadt. Rund 90 Jahre ist es her, da gingen 100-Milliarden-Scheine made in Freudenstadt und Baiersbronn über die Theken wie geschnitten Brot. Tilo Wintergast fand die Kopie eines solchen Scheins im Nachlass seines Vaters. Wie klein die Welt doch ist, und wie verworren manchmal deren Pfade lässt sich an der Kopie eines Geldscheins über 100 Milliarden Mark festmachen, die ihren Weg zurück nach Freudenstadt gefunden hat. Das Original wird im Freudenstädter Stadtarchiv gehütet, mit dessen Kopie befasste sich einst Journalist Ernst Wintergerst. Sein Sohn Tilo fand das gute Stück im Nachlass des Vaters.

Warum sich Wintergerst, der in den 60er-Jahren Redakteur des Schwarzwälder Boten in Balingen war, mit Freudestadt und Baiersbronn und deden Milliarden während der Inflation befasst hat, ist eigentlich recht humorig. In dieser von großer Unsicherheit geprägten Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wusste der Bürger nicht, was das Geld in seiner Büchse am nächsten Tag noch wert war. Ob das Brot beim Bäcker um die Ecke 1000 oder 100 000 Mark kosten würde. Mit Galgenhumor nahmen es die Bürger auf. So sind auf den Geldscheinen auch recht bissig Sprüche zu finden.

Wintergerst hält in seinem Artikel über das Inflationsgeld in den Jahren 1920 bis 1923 fest, dass "die waldreichen Gemeinden Baiersbronn und Freudenstadt sich (...) auf einem Gutschein vom 22. September 1923 über 100 Milliarden zu trösten" wussten. Dort steht unter einer Waldansicht mit stattlichen Nadelbäumen: "Papier ist Schein der Schein Papier, man kriegt bald keinen Knopf dafür / Doch unserer Stämme Hochgestalt, sind ein realer Hinterhalt / Gott schütze allzeit unsern Wald!"

In seinem Artikel berichtet Wintergerst von Unmengen Papiergeld, das im Umlauf war. Jede Stadt und jedes Städtchen ließ ihr eigenes Geld drucken. Jeder war sozusagen Milliardär – wenngleich er sich dafür kaum etwas leisten konnte. Ein Gutschein der Gemeinden Freudenstadt und Baiersbronn über 100 Milliarden Mark erklärt zudem, dass die Gemeindekassen dem "Einlieferer" des Gutscheins 100 Milliarden zahlen. Wer einen solchen Gutschein noch in Familienbesitz hat, wird allerdings enttäuscht. Der Gutschein lief vor rund 90 Jahren aus. Er war nur bis zum 29. Februar 1924 gültig.