Interessant und alarmierend: die neueste Studie der DAK, die Jörg Gericke (links) an Klaus-Ulrich Röber überreichte. Foto: Brandt Foto: Schwarzwälder-Bote

"Rushhour-Generation" fehlt aber seltener im Job / DAK veröffentlicht Gesundheitsreport

Von Jonathan Brandt

Kreis Freudenstadt. Dauerhafte Erreichbarkeit, Erfolgsdruck und zu hoch gesteckte Erwartungen sorgen dafür, dass Arbeitnehmer vermehrt unter Dauerstress stehen. Dieser führt im Kreis Freudenstadt zu einem erhöhten Krankheitsstand, zeigt eine Studie der DAK (Deutsche Angestellten Krankenkasse).

Mit durchschnittlich 3,5 Prozent krankheitsbedingten Ausfällen pro Tag liegt die Region Freudenstadt über dem Landesdurchschnitt von 3,3 Prozent. Besonders die Krankschreibungen aufgrund psychischer Probleme haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Wie Jörg Gericke von der DAK-Gesundheit berichtet, seien die Fehltage durch psychische Erkrankungen seit dem Jahr 2000 um etwa 80 Prozent gestiegen. Gerade diese Krankheiten, die meist langfristiger Natur sind, stellen auch den Arbeitgeber vor Probleme, weil er den Arbeitnehmer im Krankheitsfall finanziell unterstützen und ersetzen muss.

Auch die Zahl der durch Muskel-Skelett-Erkankungen bedingten Ausfalltage ist im vergangenen Jahr um 29 Prozent gestiegen. Dazu gehören vor allem Rückenprobleme. Büroarbeitsplätze und Bewegungsmangel in Kombination mit Stress können laut Gericke auch zu chronischen Krankheiten führen.

Vor allem auch die "Rushhour-Generation", zu der 25- bis 39-Jährige zählen, sei gefährdet, da sich in diesem Alter schon Ansätze für chronische Krankheiten bilden können. Auch mit Blick auf die Arbeitsleistung im höheren Alter sei diese gesundheitliche Entwicklung alarmierend für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Umso überraschender zeigt der Report der DAK, dass diese "Rushhour-Generation", seltener krankheitsbedingt im Job fehlt als Arbeitnehmer aus anderen Altersgruppen. Gerade im Alter ab 25 Jahren kommen zahlreiche familiäre und berufliche Anforderungen auf Erwerbstätige zu. Erstaunlicherweise leiden erwerbstätige Eltern nicht häufiger unter chronischem Stress als Berufstätige ohne Kinder.

Ein Grund hierfür könnte sein, dass eine Familie nicht nur Stress erzeugt, sondern zugleich für einen Ausgleich zum Job-Alltag sorgen kann, meint Klaus-Ulrich Röber, erster Landesbeamter des Kreises, dem Jörg Gericke den Gesundheits-Report der DAK jetzt vorstellte. Die Statistik zeigt aber auch, dass erwerbstätige Eltern weniger Sport treiben, weniger schlafen und außerdem weniger Zeit für sich selbst haben. Die Zahl der Alkohol- und Tabakkonsumenten unterscheidet sich zwischen den berufstätigen Eltern und den kinderlosen Erwerbstätigen kaum.

Wie Jörg Gericke weiter erläutert, schieben immer mehr Frauen ihren Kinderwunsch auf. Sie befürchten, durch die Gründung einer Familie ihre Karrierelaufbahn zu beeinträchtigen und stehen dann am Ende der "Rushhour" oftmals ungewollt kinderlos da. Die Zahl der künstlichen Befruchtungen sei deshalb in den vergangenen Jahren gestiegen. In den meisten deutschen Bundesländern wird die künstliche Befruchtung von den Krankenkassen finanziell übernommen. Nur in Baden-Württemberg sei die Zahl der Befruchtungsversuche, die die Krankenkasse übernimmt noch begrenzt, so Gericke.

Die Koordination von Familie und Beruf stellt vor allem die "Rushhour-Generation" vor immer neue Probleme. Gerade im Bereich Familienfreundlichkeit hätten laut Gericke noch viele Arbeitgeber in Baden-Württemberg Nachholbedarf.