Uwe Zellmer (links) und Bernhard Hurm ließen Humoristen wie Thaddäus Troll wieder aufleben. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur am Dobel: Schwäbischer Sex und Pragmatismus

Freudenstadt. Im Herbst 1997 gaben die Humoristen Uwe Zellmer und Bernhard Hurm vom Theater Lindenhof in Melchingen den Startschuss für die Erfolgsgeschichte des Vereins Kultur am Dobel. Zum 20. Geburtstag der Kulturinitiative kehrten sie wieder mit einer Retrospektive auf ihr Programm "Kenner trinken Württemberger", erweitert durch "Heidenei! Kenner Zwei!", nach Freudenstadt zurück.

Vereinsvorsitzender Bernd Waldenberger stellte das quirlige Duo dem zahlreichen Publikum im Schweizer-Saal vor – mit dem Hinweis, dass das Theater Lindenhof seit 30 Jahren den Leuten landauf landab erfolgreich erkläre, was das Schwäbische eigentlich bedeute. Zellmer und Hurm tragen noch immer den Geist urschwäbischen Seins in sich. Über allem schwebt die unverbrüchliche Überzeugung von der – keineswegs unwidersprochenen – Überlegenheit schwäbischer Geistestätigkeit, wie sie in den Versen des Eduard Paulus zutage tritt: "Der Schelling und der Hegel, der Schiller und der Hauff, das ist bei uns die Regel, das fällt hier gar nicht auf."

Hurm tobt sich genüsslich aus

Uwe Zellmer und Bernhard Hurm sind das Sprachrohr unvergesslicher Interpreten schwäbischen Bewusstseins – von Thaddäus Troll und Sebastian Blau oder auch Uli Keuler. Deren Verse und Sprüche liefern hauptsächlich den Stoff für Sketche, Rezitationen und Komödiantisches. Und das in deftiger schwäbischer Mundart, verstärkt durch den älblerischen Duktus, der "Reingschmeckte" mitunter in schiere Verzweiflung treibt.

Dabei tobt sich insbesondere Hurm genüsslich aus, und Zellmer gibt den Übersetzer, sodass die Pointen meistens gerettet sind. Wenn’s dann mal doch nicht gleich hinhaut, greift der ehemalige Oberstudienrat Bernhard Hurm zu der Methode, die das beste Mittel zur Erkenntnis ist – Wiederholung mit Ergebnissicherung:. "So, henner’s jetzt verstanda?"

Die Schwaben gehören zu jenen Volksstämmen, deren Macken und scheinbare Widersprüchlichkeiten besonders genüsslich ausgewalzt werden. Letztlich sind sie doch obenauf, und das liegt daran, dass sie "hälenga (heimlich) gscheit" sind.

Wenn über Trägheit und Faulheit und deren praktische Folgen philosophiert wird, ergibt sich die Überzeugung, wonach "Faulheit der Humus des Geistes" sei. "Kenner trinken Württemberger" ist nicht nur Programm, sondern darüber hinaus Werbeträger. Weit mehr als 1000 gemeinsame Auftritte sollen die beiden "Mundartisten" gemeinsam absolviert haben. Wie viel Württemberger dabei "geschlotzt" worden ist, lässt sich nur erahnen – viel Stimulanz jedenfalls für die Humoresken zu den unerschöpflichen Themen "schwäbischer Sex", "schwäbische Gläubigkeit" oder "schwäbischer Pragmatismus".

Die Rollenverteilung zwischen Uwe Zellmer und Bernhard Hurm ist eindeutig: Zellmer ist der Spiritus Rector mit dem Hang zum Schöngeistigen. Hurm gibt den Hans Dampf mit unverhohlener Extrovertiertheit. Das schließt ein, dass so manches aus dem Bauch kommt und demnach wenig strukturiert erscheint. Auch nur ein dramaturgischer Kniff? Jedenfalls erwies sich das Theater Lindenhof mit seinen Protagonisten Zellmer und Hurm für Kultur am Dobel wieder einmal als echtes Zugpferd.