Tempo 30 auf der Ludwig-Jahn-Straße beim Schulzentrum in der Nordstadt: Bisher fehlen laut Stadtverwaltung dafür die rechtlichen Voraussetzungen. Foto: Breitenreuter / sp4764 / Fotolia.com / Montage: Krauß

Gemeinderat ringt um Geschwindigkeitsreduzierung an Schulen und Kindergärten.

Freudenstadt - Alle wollten im Prinzip dasselbe: die Kinder vor Gefahren des Straßenverkehrs schützen. Doch es kam zu einem heftigen Tauziehen zwischen Verwaltung und Gemeinderat um die Einrichtung von Tempo-30-Bereichen an Kindergärten und Schulen.

Bereits 2014 hatte die Fraktion der Freien Wählervereinigung (FWV) im Gemeinderat eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer an allen Straßenabschnitten, an denen ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für Schüler und Kindergartenkinder besteht, gefordert. Der "Erfolg" war seinerzeit die Einrichtung einer Geschwindigkeitsbeschränkung an der Hartranftschule in der Bahnhofstraße.

In diesem Jahr hatte die SPD-Fraktion einen ähnlich lautenden Antrag gestellt, den sie auch in der jüngsten Gemeinderatssitzung aufrecht erhielt, wie Stadtrat Eberhard Haug betonte. Christoph Gerber, Leiter des Baurechts- und Ordnungsamts der Stadt Freudenstadt, erläuerte, dass die Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (STVO) es nicht hergebe, generell Tempo 30 anzuordnen. Es werde aber eine Änderung der STVO von der Bundesregierung erwartet. Wenn diese in Kraft sei, entscheide die untere Verkehrsbehörde – die Stadt Freudenstadt – über die Einrichtung solcher Bereiche.

Falls der Antrag nicht durchgeht, wollte Stadtrat Friedrich Volpp (Freie Wähler) die Verantwortung als Kommunalpolitiker nicht übernehmen, wenn vor einer Schule oder einem Kindergarten ein Unfall passiert. Er forderte daher eine namentliche Abstimmung. Christoph Gerber stellte fest, dass der Gemeinderat die Geschindigkeitsbegrenzung gar nicht beschließen könne. Das sei Sache der Verkehrsbehörde, die dann auch die Verantwortung tragen müsse.

In der Sache wollen alle dasselbe

Stadtrat Andreas Bombel (CDU) riet, jetzt nicht mit der Brechstange vorzugehen und abzuwarten, bis im Januar oder Februar eine Novelle der STVO in Kraft sei. Er schlug aber vor, die Sache bei der Verwaltung zu beschleunigen. "Es wird sich nicht wahnsinnig beschleunigen lassen", anwortete Christoph Gerber. "In der Sache wollen wir doch alle dasselbe", warf Bürgermeisterin Stephanie Hentschel ein.

Es gebe im Land über 20 Städte und Gemeinden, die die Temporeduzierung in den besagten Bereichen angeordnet hätten, sagte Stadtrat Karl Müller (SPD). Die Bürgermeisterin verdeutlichte, dass die Stadt aber nach der STVO handeln müsse. Eventuell hätten die anderen Kommunen rechtswidrig gehandelt. Das müsse man prüfen. Wenn die Stadt einen Tempo-30-Bereich ohne Rechtsgrundlage einrichte, könne jeder Autofahrer, der dann geblitzt werde, dagegen vorgehen.

Stadtrat Stefan Langrehr (CDU) bemängelte, dass die Stadt den Eindruck mache, dass sie diese Tempo-30-Bereiche nicht wolle. Es sei aber sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen. Seine Fraktionskollegin Carola Broermann meinte, die Stadt solle einfach kreativ sein und die Tempolimits mit der Erforschung der Verkehrsströme begründen.

Stadträtin Anita Zirz (SPD) fragte sich, warum Tempo 30 in der Bahnhofstraße an der Hartranft-Grundschule möglich ist und an der Ludwig-Jahn-Straße am Schulzentrum nicht möglich sein soll. Dazu erläuterte die Bürgermeisterin, dass es in der Bahnhofstraße nur möglich gewesen sei, weil der Ausgang der Schule direkt an der Straße liegt.

Beschluss dürfte nicht umgesetzt werden

"Was müsste die Verwaltung machen, wenn wir den Antrag beschließen?", wollte Stadträtin Bärbel Altendorf-Jehle (Bürgeraktion) wissen. Sie dürfte den Beschluss nicht umsetzen, meinte dazu Bürgermeisterin Stephanie Hentschel. "Wenn ich es doch tue, sind wir die Dummen", ergänzte sie. "Wir wollen es doch machen, die Verwaltung ist nicht bockig", beteuerte sie sichtlich genervt.

Stadtrat Michael Kaltenbach (Freie Wähler) machte den Vorschlag, mit nicht-offiziellen Schildern wie "Vorsicht Kinder" die Autofahrer auf die Gefahrenstellen aufmerksam zu machen, was bei etlichen Stadträten auf Zustimmung stieß. Dann gab es einige Vorschläge den Beschlussvorschlag der Verwaltung umzuformulieren. Dabei ging es darum, den Ausdruck zu vermeiden, dass die Stadt nach Änderung der STVO prüft, ob die Tempo-30-Begrenzung angeordnet werden kann.

Man einigte sich darauf, dass die Stadt die Geschwindigkeitsbegrenzung anordnet, soweit dies rechtlich zulässig ist. Dass diese Aussage im Prinzip genau die selbe ist wie im ursprünglichen Beschlussvorschlag, merkte Christoph Gerber an. Hinzugefügt wurde zudem, dass vorübergehend Schilder zur freiwilligen Geschwinddigkeitsbegrenzung aufgestellt werden. Stadtrat Volpp zog seinen Antrag auf namentliche Abstimmung zurück. Der Beschluss erfolgte einstimmig.