Das Gericht hat auf Freispruch entscheiden. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Freispruch nach umfangreicher Zeugenvernehmung / Eine Geburtstagsfeier nimmt verhängnisvollen Verlauf

Von Doris Sannert

Freudenstadt. Mit Fußfesseln betrat der Angeklagte am Morgen das Freudenstädter Amtsgericht, als freier Mann verließ er es am Abend. Obwohl das Schöffengericht dem Opfer glaubte, endete ein Vergewaltigungsprozess mit einem Freispruch.

Doch der 25-jährige Mann aus einer Gemeinde im Kreis Freudenstadt musste sich nicht nur wegen der Vergewaltigung einer 15-Jährigen vor Gericht verantworten. Unerlaubtes Fahren unter Alkoholeinfluss mit Unfallfolge und anschließender Fahrerflucht wurden ihm ebenfalls vorgeworfen und gleich mitverhandelt.

Das Urteil in diesem Fall war eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 25 Euro. Auf seine Fahrerlaubnis muss der Angeklagte für ein Jahr und zwei Monate verzichten. Was war geschehen? Am 27. November vergangenen Jahres wollten Jugendliche in einem Vereinsraum Geburtstag feiern. Das spätere Opfer kam erst spät dazu. Nach Mitternacht sollen Ältere zur Feier dazu gestoßen sein. Sie waren nicht eingeladen und hatten Alkohol dabei. Der Angeklagte forderte die 15-Jährige, die Schwester seines Freundes, mehrfach zum Tanzen auf. Zeugen gaben an, der 25-Jährige habe das Mädchen unentwegt angemacht. Als die 15-Jährige an die frische Luft wollte, begleitete sie der Mann nach draußen.

Bis zu dieser Stelle deckten sich die Angaben der Zeugen weitgehend. Was dann geschah, davon bekam das Gericht zwei unterschiedliche Versionen zu hören. Während der Angeklagte von einvernehmlichen sexuellen Handlungen sprach und beteuerte, nicht gewusst zu haben, dass das Mädchen erst 15 Jahre alt und noch Jungfrau war, hatte das Mädchen zu Protokoll gegeben, sie sei zweimal zum Oralverkehr gezwungen, und mehrfach auch im Genitalbereich angefasst worden. Mit ein paar Küssen, die dem Ganzen vorausgegangen waren, sei sie allerdings einverstanden gewesen, räumte sie ein. Diese Angaben hatte die heute 16-Jährige hinter verschlossenen Türen gemacht.

26 Zeugen waren geladen. Neben der Mutter und der Schwester des vermeintlichen Opfers mussten auch Geburtstagsgäste, nächtliche Besucher der Feier, die Kriminalpolizei, ein Arzt und eine Sachverständige in den Zeugenstand. Am Ende stand Aussage gegen Aussage.

Dass der Angeklagte nach den sexuellen Handlungen mit einem geliehenen Auto geflüchtet war und sich nach dem Unfall für mehrere Monate in die Türkei abgesetzt hatte, konnte das Gericht nicht als Schuldeingeständnis werten. Er habe Angst gehabt, wegen des Fahrens unter Alkoholeinfluss und der Fahrerflucht ins Gefängnis zu kommen, hatte der Angeklagte angegeben.

Staatsanwalt Achim Ruetz blieb nichts anderes übrig, als einen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung zu fordern. Für die beiden anderen Anklagepunkte wollte er eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 35 Euro verhängen.

"Das Mädchen wurde von dem Angeklagten zum Oralverkehr gezwungen. Davon ist das Gericht überzeugt", machte Richter Benz in seiner Urteilsbegründung deutlich. Dem Angeklagten könne jedoch nicht nachgewiesen werden, dass ihm bewusst war, die sexuellen Handlungen gegen den Willen des Mädchens vorgenommen zu haben. Das Mädchen habe weder laut um Hilfe geschrien, noch auf die Rufe ihrer Freunde geantwortet, die sie gesucht haben. Das Gericht hatte deshalb Zweifel, ob der Widerstand des Mädchens für den alkoholisierten Angeklagten auch angesichts der einvernehmlichen Küsse erkennbar war.