Mit Fußfesseln verbrachte ein Angeklagter seinen 28. Geburtstag im Gerichtssaal. Foto: Anspach

Geld für Autokauf oder Drogenhandel? Beweisaufnahme am Landgericht gestaltet sich kompliziert.

Kreis Freudenstadt/Rottweil - Die Beweisaufnahme am Landgericht Rottweil, vor dem sich ein Mann unter anderem wegen Handels mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Waffenbesitzes verantworten muss, wurde am Montag abgeschlossen.

Eigentlich hätte es für den Mann aus dem Kreis Freudenstadt ein schöner 28. Geburtstag sein können. Der Opa kam zu Besuch, die Ex-Freundin saß sechs Stunden dicht neben ihm und er wurde von vier jungen Frauen geherzt und gedrückt. Was das harmonische Bild jedoch erheblich störte, waren die Fußfesseln des Mannes und der Ort, an dem die "Geburtstagsfeier" stattfand. Es war der Schwurgerichtssaal am Landgericht Rottweil.

Der Mann wird beschuldigt, in größerem Umfang mit Betäubungsmitteln gedealt zu haben. Auch wurde ihm vorgeworfen, dass er unerlaubte Waffen besaß, die er jedoch nur hobbymäßig sammelte, wie er bereits zu Anfang des Verfahrens betonte. Seine frühere Freundin ist der Beihilfe zum Rauschgifthandel angeklagt und musste deshalb mit auf der Anklagebank ausharren, zumal es an diesem dritten Verhandlungstag allein darum ging, ihre Mitschuld zu verifizieren oder aber, auf Antrag ihres Verteidigers, klar zu stellen, dass ihre Tatbeteiligung wesentlich geringer ist, als ihr von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird.

Im Kern der jüngsten Verhandlung ging es darum, ob die Mitangeklagte durch diverse Überweisungen auf das Konto eines Bekannten aus dem Darmstädter Raum die Drogenankäufe bezahlt hatte, oder ob sie, wie sie vorgab, tatsächlich von dem Mann ein Auto für insgesamt 7700 Euro kaufen wollte. Als erste Zeugin trat deshalb die Filialleiterin der Kreissparkasse Freudenstadt in den Zeugenstand. Es ging im Wesentlichen darum, welche Summen die Frau 2014 bei der entsprechenden Filiale einbezahlt hatte. Es handelte sich um Einzel-Summen, die sich auf knapp 10.000 Euro saldierten.

Zu diesem Ergebnis kam man durch Nachermittlungen, die ein Freudenstädter Kripobeamter auf Anweisung des Gerichts veranlasst hatte. Genau diese Summe wurde als hochgerechneter Verkaufserlös aus den Rauschgiftgeschäften zugrunde gelegt. Nachermittlungen wurden auch im Raum Groß-Gerau angestellt. Dort hatte das Pärchen Bekannte, unter anderem den "Autoverkäufer", die als weitere Zeugen gehört wurden.

Zeuge will Überweisung nicht bemerkt haben

Recht skurill war die Aussage eines selbstständigen Informatik-Studenten aus Pakistan. Auf dessen Konto gingen insgesamt vier Zahlungen über die Mitangeklagte ein. Darunter auch die 3450 Euro für das Auto, an die sich die Bankangestellte noch sehr gut erinnern konnte. Diese Überweisung erfolgte am 21. Oktober 2014. Bemerkt haben will der Zeuge, ein gelernter Bankkaufmann, diese Kontobewegung jedoch erst am 18. Mai diesen Jahres. Gemeinsam mit dem Bruder, der als nächster Zeuge dran war, habe er ein Konto gehabt, das als Geschäftskonto für gemeinsame Verbindlichkeiten genutzt wurde, erläuterte Informatik-Student. Es stimme, dass der Bruder ein Auto hatte und es könne daher sein, dass er den Wagen an die Angeklagten verkauft habe, sagte er weiter. Zu diesem Sachverhalt gab es kritische Nachfragen des Vorsitzenden, der Staatsanwaltschaft, sowie der Schöffen und der Verteidigung.

Der Bruder sagte aus, dass er die beiden Angeklagten seit rund drei Jahren kennt. Man habe sich über seine jetzige Lebensgefährtin kennengelernt und irgendwann habe man sich über den Kauf/Ankauf eines VW-Passat für 7700 Euro geeinigt. Mehre Überweisungen wurden angeblich getätigt, der Kauf bei 7000 Euro jedoch abgebrochen und das bereits bezahlte Geld zurückgegeben. Natürlich ohne Belege.

Der Vorsitzende wollte durch intensive Nachfrage feststellen, ob es wirklich um einen Autokauf oder um Drogengelder ging. Ein mühsames Unterfangen, da scheinbare große Erinnerungslücken den Informationsfluss behinderten. Nachprüfbar war kaum etwas, da man eingehende Gelder "zuhause unter dem Kopfkissen" aufbewahrte, weil sowohl der Autoverkäufer als auch dessen Lebensgefährtin noch ordentlich Schulden hatten und man ihnen Kontoeingänge sofort weggepfändet hätte. "Ich habe seit 2010 kein eigenes Konto, da eine Privatinsolvenz gegen mich noch ansteht" erklärte der Autoverkäufer.

Kein Durchbruch in Richtung Wahrheit

Insgesamt war es eine Beweisaufnahme, bei der um Kleinigkeiten, Nuancen und Wahrheitsfetzen gerungen wurde, ohne dass ein grundlegender Durchbruch in Richtung Wahrheit erkennbar war. Zu viele "ich habe gemeint", "ich habe angenommen" und noch mehr "weiß ich nicht" waren in den sieben Zeugenaussagen zu hören. Die Beweisaufnahme ist jetzt abgeschlossen. Die Staatsanwältin wird ihr Plädoyer am 8. Juni ab 13 Uhr halten, danach ist der Verteidiger des Angeklagten dran. Aus verfahrensrechtlichen Gründen wird dann die Verhandlung wieder vertagt.

Am 27. Juni wird dann der Anwalt der Angeklagten sprechen und beide Beschuldigte haben das letzte Wort. Danach will sich die Kammer zur Urteilsfindung zurückziehen. Der Vorsitzende Richter, Daniel Scholze, bedauerte, vor allem in Hinblick auf die Verweildauer des Angeklagten in Untersuchungshaft, in der er jetzt seit November 2015 sitzt, die Terminverschiebung, begründetet dies jedoch mit großen Lücken im internen Ablauf. Ein Ende ist nun wohl in Sicht.