Werden die Teilnehmerfelder bei den Volks- und Straßenläufen, etwa beim Adventslauf in Dornstetten (unser Bild), nach der Einführung des "Finisher-Euro" 2016 schrumpfen? Diese bange Frage stellen sich viele Veranstalter vor allem aus kleineren Vereinen. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

LeichtathletikVerbände planen für 2016 Einführung einer neuen bundesweiten Gebühr bei Volks- und Straßenläufen

Von Arno Schade

Eine Neuerung kommt ab 2016 auf die Veranstalter und Teilnehmer von Volks- und Straßenläufen zu, wenn nach dem Willen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ein "Finisher-Euro" als Gebühr erhoben wird. Im Bereich des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes wird das eine Verdoppelung der bisherigen Abgabe bedeuten und ist daher nicht unumstritten und teilweise sogar noch unbekannt.

"Wir wollten diese Angelegenheit erst mit den direkt Betroffenen besprechen und werden die Veränderungen daher erst demnächst in unserem Verbandsorgan breit publik machen", begründete der WLV-Geschäftsführer Gerhard Müller die bisherige Zurückhaltung bei der Kommunizierung der bereits bei der Verbandsratssitzung des DLV Ende Juli beschlossenen Veränderungen. Am Rande der Deutschen Meisterschaften in Ulm hatte das Gremium, in dem neben den DLV-Präsidiumsmitgliedern auch die Präsidenten der 20 Landesverbände vertreten sind, die Einführung einer bundeseinheitlichen Abgabe von einem Euro pro Teilnehmer auf der Basis der Finisher auf der Ergebnisliste beschlossen; ob einstimmig, oder nach mehrheitlichem Beschluss, ist nicht ganz klar. "Ich war zwar nicht dabei, aber nach meinem Kenntnisstand ist der Beschluss einstimmig gefallen", so Gerhard Müller dazu. Weniger einmütig sind dann die Reaktionen beim Treffen der Volkslauf-Veranstalter Württembergs im September ausgefallen, bei dem neben der Festlegung des Kalenders für 2015 auch der "Finisher-Euro" angesprochen wurde. Müller: "Es hat eine große Bandbreite von Verständnis bis Ablehnung gegeben; einige Aussagen waren aber auch schon heftig".

Dabei lässt der Geschäftsführer keinen Zweifel daran, dass der Württembergische Leichtathletikverband trotz einiger kritischer Stimmen hinter der jetzt angekündigten Verdoppelung der bisherigen Verbandsabgabe steht, über deren Höhe (bis zu 55 Cent) die einzelnen Landesverbände bisher selbst bestimmen können. Schon seit vielen Jahren beträgt in Württemberg die Volkslauf-Abgabe 50 Cent. Aufgeteilt wird der neue "Finisher-Euro" im Verhältnis 60 zu 40, so dass zukünftig 60 Cent beim WLV bleiben.

Der gibt auf seiner Homepage an, dass in Württemberg im Jahr 2013 bei insgesamt 343 Volkslaufveranstaltungen 215129 Teilnehmer an den Start gegangen sind, womit immerhin nicht unerhebliche Summen im Raum stehen. Die entstehenden Überschüsse sollen satzungsgebunden zur Förderung der Leichtathletik verwendet werden.

Der DLV sei um eine bundeseinheitliche Gebühr bemüht, erläutert Gerhard Müller die Hintergründe, und wolle mit der neuen Regelung zukünftig auch nicht-kommerzielle Anbieter von Läufen zur Kasse bitten. Die profitierten zwar schon bisher vom System, etwa beim Einsatz von Kampfrichtern, der Aus- und Weiterbildung oder der Erstellung von Bestenlisten, würden aber im Gegensatz zu den gemeinnützigen Vereinen nichts zu dessen Finanzierung beitragen. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Vorjahr aus dem Bereich Triathlon habe man den Schlüssel in der Hand, Teilnehmergebühren auch von Veranstaltern zu erheben, deren Lauf nicht angemeldet worden ist.

Von Seiten der Verbände wird den Veranstaltern von Volks- und Straßenläufen jetzt empfohlen, ihr Startgeld ab 2016 um jeweils einen Euro für Teilnehmer ab der U20-Kategorie zu erhöhen und dann als "durchlaufende Position" weiter zu reichen. Auswirkungen auf die Teilnehmerzahlen befürchtet man bei den Verbänden nicht. Eine Sicht der Dinge, die von den Veranstaltern örtlicher Läufe nicht geteilt wird, wie Gottfried Schrempp vom Skiclub Loßburg, jährlicher Organisator des Loßburger Waldlaufs und der Waldlauf-Kreismeisterschaften, deutlich macht: "Wir haben gerade in diesem Jahr die Startgebühr erhöhen müssen. Da kommt eine baldige weitere Steigerung mit Sicherheit bei unseren Läuferinnen und Läufern nicht so gut an."

Gerade kleinere Vereine als Veranstalter würden zunehmend Probleme bei der Durchführung bekommen, befürchtet Gottfried Schrempp, zumal die Volks- und Straßenläufe ohnehin viele Zusatzkosten erfordern. "Bei uns kommen da schon einmal 500 Euro zusammen, die im Vorfeld aufgebracht werden müssen", zählt er zusammen, "wir zahlen Gebühren für die Wald- und Straßenbenutzung sowie die Hallennutzung, und das Rote Kreuz muss ja auch dabei sein. Ohne Sponsoren könnten wir das Ganze nicht mehr stemmen." Und wenn der Verband weiter an der finanziellen Schraube drehe, könnten bald auch die letzten im Kreis noch angebotenen Laufwettbewerbe auf der Strecke bleiben, nachdem die über Jahre gut nachgefragten Veranstaltungen in Alpirsbach und Tumlingen schon längere Zeit nicht mehr angeboten werden.

Aus dem in früheren Zeiten deutlich umfangreicheren Laufkalender übrig geblieben ist auch der am 21. Dezember zum 19. Mal ausgetragene Adventslauf des TV Dornstetten um den farbtex-Cup. "Die Startgelder spielen bei uns keine all zu große Rolle und sind ohnehin ziemlich niedrig", so der bisher über die Verbandspläne nicht unterrichtete Trainer und Organisator Jörg Müller zu den möglichen Auswirkungen des "Finisher-Euro", "wir finanzieren die Veranstaltung in erster Linie über Anzeigen in unserem Programmheft." Gleichzeitig stellt Müller in Richtung der Verbände aber fest, "dass es sich der DLV einmal mehr ziemlich einfach macht" und auch in diesem Fall Problemlösungen nach unten an die Basis delegiere.

Seiner Vermutung nach steckt hinter den jetzt bekannt gewordenen Plänen in erster Linie die Sorge um die zukünftige Finanzierung der Arbeit des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Durch die Verlagerung der Arbeit von den Honorar-Trainern auf fest angestellte, und dementsprechend höher zu bezahlende Cheftrainer sei der finanzielle Aufwand deutlich größer geworden. Zudem sei man stark vom Hauptsponsor, einem amerikanischen Sportartikelhersteller abhängig, "und wenn der demnächst ausläuft und nicht verlängert wird, sieht es für den Verband finanziell ganz düster aus."