Bis zu einem Jahr kann es dauern, bis man in Freudenstadt einen Termin beim Hautarzt bekommt. Foto: dpa

Patienten müssen sich bei einigen Fachärzten gedulden. Versorgung in Notfällen nicht betroffen.

Freudenstadt - Wartezeiten von bis zu acht Monaten für einen regulären Termin beim Frauenarzt, vier Monate beim Augenarzt und ein Jahr beim Hautarzt. Wer zum Arzt will, muss Geduld mitbringen. Doch woran liegt das?

"Die Facharztabdeckung ist zu gering", sagt Beate Feulner. Die medizinische Fachangestellte arbeitet in der Praxis der Augenärztin Anita Lis-Kowalczyk. Die Wartezeiten für einen regulären Termin liegen bei fast vier Monaten, Notfälle würden natürlich sofort behandelt. Es gebe nur zwei Augenärzte in der Stadt, und im weiteren Umkreis seien es auch zu wenige. Patienten kämen bereits auch aus Wolfach und Horb.

Noch länger sind die Wartezeiten bei den Frauenärzten: Sieben bis acht Monate können bis zu einem regulären Termin ins Land gehen, sagt der Gynäkologe Adolf Megnin. Und die Wartezeiten würden weiter steigen. Notfälle hätten natürlich absoluten Vorrang, betont Megnin.

Es seien zu wenige Ärzte für zu viele Patientinnen, sagt Megnin. Er fange morgens um 6 Uhr an und arbeite bis abends um 20 Uhr. Dringende Fälle, die keinen Verzug dulden, würden notfalls noch vor 6 Uhr morgens oder spätabends behandelt.

Dazu komme, dass das derzeitige System die Ärzte bestrafe, die mehr Patienten behandeln. Sobald ein Arzt mehr als das Doppelte des Durchschnitts habe, gibt es pro Patient die Hälfte weniger an Bezahlung. Dies und die viele Arbeit schrecke viele potenzielle Nachfolger ab. Und der Altersdurchschnitt der Ärzte sei hoch. Mit einer Verschärfung des Problems sei zu rechnen, sobald weitere in den Ruhestand gehen, warnt Megnin.

Wegen der schlechten Bezahlung hat Megnin nun Konsequenzen gezogen: Seine Praxis ist nurmehr an vier, statt an fünf Tagen geöffnet. Damit dürften sich die Wartezeiten noch einmal bei allen Frauenärzten in Freudenstadt erhöhen, sagt Megnin.

Für einen regulären Termin beim Hautarzt liegen die Wartezeiten bei gut einem Jahr. Das liege daran, dass es in der Umgebung keine weiteren Hautärzte gibt, sagt die medizinische Fachangestellte Jessica Ziefle, die bei der Praxis von Ulrich Schneider und Stephan Krüger arbeitet.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung keine Unterversorgung

Bei den Terminen handle es sich um reguläre Termine, bei denen kein dringender Handlungsbedarf bestehe, und schon gar nicht um Notfälle, betont Renate Matenaer, Referentin bei der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Bei Notfällen würden die Ärzte eh sofort handeln. Bei dringlicheren Fällen gebe es die Terminservicestellen. Patienten, die zu einem Facharzt müssen, können sich von ihrem Hausarzt eine Überweisung mit einem besonderen Code geben lassen. Diesen können sie bei einem Anruf bei den Terminservicestellen angeben und innerhalb der nächsten vier Wochen einen Termin bekommen.

In den ersten 100 Tagen des Programms – bis Anfang Mai – sind so laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung 19 000 Facharzttermine bundesweit zustande gekommen. Sollten Patienten keinen Termin innerhalb von vier Wochen bekommen, werden sie an Krankenhäuser verwiesen, so Renate Matenaer. Ende Februar erschien der aktuelle Bedarfsplan der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Bei den Hausärzten in Freudenstadt und Umgebung lag der Versorgungsgrad bei 100,4 Prozent (Horb: 77,9). Bei den Frauenärzten lag sie allerdings schon bei 79,6, und bei den Hautärzten bei 70,1 Prozent – und gerade dort sind die Wartezeiten in der Stadt auch besonders lang. Eine Unterversorgung oder eine drohende Unterversorgung schließen die Verfasser des Plans aber aus.

Der Versorgungsgrad mit anderen Fachärzten liegt allerdings wesentlich höher: Bei den Hals-Nasen-Ohren-Ärzten liegt er bei 110,8 Prozent, bei Kinderärzten bei 117,6 Prozent und bei den Urologen gar bei 125,7 Prozent.