Man kennt sich, schätzt sich, mag sich, feiert gemeinsam Erfolge: Grund zur Freude haben derzeit Eva-Maria Lühr und die Hannoveraner Stute Concrue. Foto: Stock Foto: Schwarzwälder-Bote

ReitenPferdewirtmeisterin erwischt sehr erfolgreiches Saisonjahr

Von Michael Stock

Sie liegt ein wenig abseits, leicht versetzt am Rande der Gemeinde, die Anlage des Reit- und Fahrvereins Pfalzgrafenweiler. Der Weg führt direkt in Richtung Reitstube. Alles scheint ruhig an diesem schönen Spätsommertag über dem idyllischen Anwesen – doch der Schein trügt. Beim RFV hat man alle Hände voll zu tun.

Spätestens als Eva-Maria Lühr anfängt zu erzählen, sprudelt es nur so aus ihr heraus. Kein Wunder, blickt die erfahrene Reiterin doch auf ein außergewöhnliches Jahr zurück, eine außergewöhnlich erfolgreiche Saison. Und nun werfen bereits weitere wichtige Ereignisse ihre Schatten voraus. "Ja nun, wo soll ich anfangen?", fragt sie. Am besten am Anfang.

Gut, wie Lühr zu den Pferden kam, ist schnell erzählt. Bereits ihr Vater Heinz Hauke, selbst seinerzeit Reiter und auch Reitwart und Pächter beim RFV, brachte seine Tochter in Verbindung mit den Tieren und schließlich auch mit dem Sport. Und das ist es, worum es eigentlich geht dieser Tage. Die gelernte Pferdewirtmeisterin springt, man muss es so sagen, derzeit von einem Erfolg zum nächsten.

"Concrue ist mit zwölf Jahren im besten Alter"

Das beginnt 2014, da wird Lühr Vizemeisterin bei den baden-württembergischen Meisterschaften im Springen in Schutterwald. Es folgen zig weitere Platzierungen in schweren Klassen, gleich viermal gewinnt sie 2015 alle ihre S-Springen, zweimal in Heimsheim, zudem in Nordstetten und Forst. Immer dabei die zwölfjährige Hannoveraner Stute Concrue. "Sie ist mit Zwölf im besten Alter, es ist überwältigend zu sehen, über was für Konstanz sie verfügt", schwärmt die Reiterin.

Und lenkt damit von sich selbst ab. Denn dass Lühr auf so einem Niveau angelangt ist, ist nicht selbstverständlich. Jahrelange Arbeit und ein ausgetüfteltes Konzept stecken dahinter, um zu solchen Höchsteistungen vorzudringen. Dazu gehört unter anderem die Nachwuchsarbeit auch der jungen Pferde. Die Erfolge sprechen abermals für sich: Sieg des Landeschampionats Baden-Württemberg der sechsjährigen Springpferde in Tübingen, süddeutsche Championesse-Siegerin bei Sechsjährigen in Nördlingen, am 1. September nun die Qualifikation zum Bundeschampionat der Sechsjährigen in Warendorf, immer getragen von Stute Quinja H. So breit aufgestellt war Lühr noch nie. Und das hat einen Grund.

"Ich gehe nicht stur nach Schema F vor", erklärt Lühr, "im Fokus steht für mich eigentlich das Einreiten. Über Jahre hinweg hat sich dann mit tollen und leistungsbereiten Pferden ein Team geformt. Das bedingt aber regelmäßige Zuwendung für alle gleichermaßen", ergänzt Lühr. Ein Fulltime-Job. Sich Zeit nehmen, alle Möglichkeiten ausschöpfen, "da kommt man schon auf 14 Stunden am Tag". Derzeit hat sie in den Ställen des Vereins 29 Pferde untergebracht. Der RFV Pfalzgrafenweiler ist Eigentümer der Reitanlage und nach wie vor auch maßgeblich an deren Unterhalt beteiligt. Familie Hauke ist Pächter und für den laufenden Betrieb zuständig.

Jugendförderung steht bei Lühr klar im Fokus

Die Früchte ihrer Arbeit erntet sie nun. Aber von Stillstand nicht die Spur. "Wie auch?", fragt Lühr. Schließlich habe sie ja neben dem Turniersport noch das zweite, ihr so immens wichtige Standbein. "Ganz klar Jugendförderung, Nachwuchsarbeit", bringt es Lühr auf den Punkt. Die gestalte sich im Vergleich gerade im Schwarzwald schwieriger als beispielsweise im Kreis Böblingen.

"Zum Teil müssen die Eltern ihr Kind von Baiersbronn hierher fahren. Und wer wirklich Gefallen daran findet, etwa in Richtung Turnier- oder Profisport einsteigen zu wollen, da reicht natürlich nicht ein Mal die Woche Training. Und zu dem zeitlichen gesellt sich der finanzielle Aufwand", sagt Lühr. Noch sei der Verein gut aufgestellt, "aber was ist, wenn erst mal die Ganztagsschulen kommen? Da haben es Leichtathleten oder andere Sportarten einfacher, die können mit irhen Sportarten in Form vin AGs in die Schule hinein, wir nicht". Wie es um den aktuellen Nachwuchs bestellt ist, wird Lühr im Oktober sehen. Dann finden die Vergleichskämpfe der Pferdesportkreise für die Jugend statt, "da bekommt man die Leistungsstände dann schwarz auf weiß präsentiert".

Auch bis dahin wird sich Lühr nicht zurücklehnen. Seit gestern läuft das Reitturnier in Heiligenbronn, quasi ein Pflichttermin, so in Schlagdistanz aus Pfalzgrafenweiler. Kaum ist diese Veranstaltung über die Bühne, geht es kommenden Dienstag schon hoch nach Warendorf. Kein unwichtiger Termin, weiß Lühr, "denn die besten Fünf, so weit ich weiß, dürfen dann bei der WM teilnehmen".

Großes Ziel sind die Germans Masters

Und wenn auch das Bundeschampionat absolviert ist, steht Lührs ganz großes Ziel an, wie sie sagt. Erstmals nimmt sie an den German Masters in Stuttgart teil. "Allein auf das Einreiten in die Halle freue ich mich riesig. Bisher stand ich ja immer nur am Rande", sagt sie. Und dabei interessiert Lühr nicht, dass die Quali-Prüfungen und -Leistungen angehoben werden. Dabei sein ist eben alles, und bei dieser Saison stehen die Chancen nicht schlecht, zum Rundenabschluss etwas Zählbares mitzunehmen.

Dann hält schon rasch der Winter Einzug, und wenn wieder alles ruhig scheint, wenn eine dünne Schneedecke den Reitplatz bedeckt, wenn kein Rasenmäher lärmt und keine Vögel zwitschern, im Reitstall gibt es immer etwas zu tun – nach der Saison ist bekanntlich vor der Saison.