Spieler des TagesEmpfingens Frank Schaible startet mit 35 Jahren nochmal voll durch

Von Michael Stock

Getreu dem Motto der Schlager-Ikone Udo Jürgens "Mit 66 ist noch lange nicht Schluss" hat Frank Schaible mit seinen 35 Jahren auch jenseits des besten Fußballalters noch einiges vor. Aber gibt es überhaupt das perfekte Fußballalter? Wer am Sonntag dem Empfingenspiel beiwohnte, musste andere Schlüsse ziehen – auch wenn Schaible nicht ganz wohl dabei ist.

"Wenn es einer verdient hätte mehr erwähnt zu werden, dann wäre es mein Mitspieler Matze Mock", sagt Schaible nicht nur so dahin, sondern meint das bitterernst. Und sicher, Mock hatte mit seinen drei Treffern und nach seinem Verrücken vom linken Verteidiger auf die Zehn allen Grund dazu. Aber erstens hatte Schaible schon ein Mal abgelehnt, Spieler des Tages werden zu wollen, und zweitens benötigen die offensiven Spieler jemanden, der sie bedient. Schaible ist so einer und mit seinem überragenden Spiel gestern vor allem was Übersicht und Struktur im Spiel angeht, kam der Ur-Empfinger nicht mehr an der Rubrik vorbei.

Und das ist eigentümlich. "Ordnung und Übersicht waren früher nie meine Aushängeschilder. Ich habe ja seit meiner Jugend sowieso sämtliche Positionen durchlaufen. Mal war ich Libero, mal offensiv im Mittelfeld eingesetzt, mal defensiv", sagt der gelernte Industriemechaniker. Im Empfinger Meisterjahr 2001/2002 – übrigens sein wie er sagt schönstes Jahr in seiner langen Fußballkarriere – habe man ihn gar zum Stürmer umfunktioniert, "witzigerweise fühlte ich mich dort richtig wohl. Heute ist es eben die Sechs. Mit Kapitän Dani Trick stabilisieren wir das Mittelfeld". Aber zwischen 2002 und 2014 liegen zwölf Jahre.

Nach der Meisterschaft folgte der obligatorische Aufstieg in die Landesliga, Schaible schien in bester Verfassung, mit Empfingen läuft es. Der Fußballverrückte hat sein Herz an Empfingen verloren, von klein auf kickt er für den Verein, auch heute noch wohnt er in der Gemeinde. "Schauen Sie sich doch an, was der Verein zu bieten hat, die Trainingsmöglichkeiten, die Infrastruktur. Ich war meinem Heimatverein immer verbunden", lässt der aktuelle Co-Trainer von Klaus Glöckle die Vergangenheit Revue passieren. Aber dann gesteht er doch: "Ein Mal liebäugelte ich mit einem Wechsel, in die Verbandsliga. Ich habe an einigen Probetrainings teilgenommen, habe es aber nicht geschafft. Erst dachte ich ›leider‹, aber irgendwie freute es mich auch. Wahrscheinlich wäre es, wenn es darauf angekommen wäre, aber auch nie so weit gekommen", verrät er.

Also weiter mit Empfingen, erstmal, bis Schaible 2007 die niederschmetternde Diagnose erhält: Krebserkrankung. "Es war ein bösartiger Tumor am Becken, man musste mir ein Stück Knochen herausschneiden, da ging die ersten zwei Jahre gar nichts", erzählt Schaible. Nicht mal joggen habe er können, ganz bitter für den Sportfanatiker.

Aber der Linksfuß kämpft und gibt nicht auf. Von Monat zu Monat wurden die Schmerzen weniger, aber die Muskeln haben sich zurückgebildet, alles muss von vorn antrainiert werden.

"Irgendwann kam dann der Verein auf mich zu und bat mich, die Zweite Mannschaft zu übernehmen. Das machte ich, auch wenn ich selber noch nicht spielen konnte", sagt Schaible. Doch die Zeit heilt Wunden und seit 2011/2012 spielt der 35-Jährige wieder aktiv: "Mir fehlen ja nun ein paar Jahre, die möchte ich natürlich aufholen, auch wenn ich jetzt mit Abstand der Älteste bin. Nach mir kommen zwei mit 25 Jahren, der Rest aus der A-Jugend", ergänzt er. Aber das muss nicht schlecht sein. Damit haben die Jüngeren einen, der sie an der Hand nimmt, "und wenn die richtig eingespielt sind, brauchen sie mich irgendwann nicht mehr". Abwarten.