Das Duo Sakramo führte "Alte Hasen kehren besser" auf. Rund 120 Zuschauer verfolgten das Stück. Foto: Keck Foto: Schwarzwälder-Bote

Gesundheit: Fachpublikum diskutiert über Sucht im Alter / Es gibt Wege aus der Misere

Alter schützt vor Sucht nicht. Wie schleichend und schnell das Leben auf die schiefe Bahn geraten kann, zeigte das Theaterduo Sakramo bei seinem Auftritt in Freudenstadt.

Freudenstadt. Es fängt scheinbar harmlos an. Man fühlt sich nicht wohl, greift zum Stimmungsaufheller – hier ein Schlückchen, dort eine bunte Pille, und schon erscheint die Welt in helleren Farben. Weil das so gut geklappt hat, geht man diesen Weg einfach weiter. Suchtverhalten ist damit programmiert. Dass insbesondere Menschen im Alter gefährdet sind, hat sich inzwischen herumgesprochen. Auf Einladung des Kommunalen Suchthilfenetzwerks Freudenstadt und der Kreisvolkshochschule griff im Stadthaus "Sakramo" mit seinem Präventionsstück "Alte Hasen kehren besser" dieses Problem auf.

Das großes Interesse überwältigt Initiatoren

Supervisorin Maria Flaig-Maier von der örtlichen Diakonischen Bezirksstelle zeigte sich in ihrer Einführung "überwältigt von der Resonanz" auf das Bildungsangebot. An die 120 Besucher, größtenteils Fachleute, Betroffene und deren Angehörige, ließen sich von dem "Thema mit Tiefgang" zur Reflexion über Automatismen und Folgen des Suchtverhaltens anregen. Dabei blieb es nicht allein bei der reinen Darstellung. Im anschließenden Gespräch wurden auch Ausstiegsstrategien erörtert.

Das eine oder andere offen ausgesprochene Bekenntnis von Betroffenen führte plastisch eine dunkle Seite des Lebens vor Augen. Die Theaterpädagogin Monika Wieder in der Rolle der 62-jährigen Geli und die Schauspielerin Sarah Gros, die die 63-jährige Gerda verkörperte, demonstrierten mit großem Einsatz die Fallstricke im Dasein älterer Menschen. Die Kunst des Duos äußerte sich auch darin, dass sie flugs in weitere Figuren aus dem Umfeld der Protagonistinnen schlüpften.

Zum Inhalt: Vereinsamung macht sich im Leben von Gerda und Geli breit. Ihren Ruhestand hat sich Gerda anders vorgestellt: Reisen und andere Anregungen statt Betreuung des pflegebedürftigen Ehemannes. Der dröge Alltag verursacht körperliche Pein, und diese bekämpft sie mit Medikamenten. Geli hat als Jugendliche schon "gesoffen", in der Schwangerschaft damit zwar aufgehört, aber aus Liebeskummer später wieder zu "harten Sachen" gegriffen. Auf Vorhaltungen reagiert sie mit dem Rausschmiss der Tochter. So leben Gerda und Geli 30 Jahre nebeneinander her und wissen im Grunde nichts voneinander. Zum Glück für die beiden bleibt es nicht beim Verharren vor den Scherben ihres Daseins. Künftig wollen sie das Problem anpacken und etwa in eine Selbsthilfegruppe eintreten.

Das Präventionsstück bot Anlass, das Problem der Sucht im Alter näher zu beleuchten. Beiträge des Publikums zirkulierten beispielsweise um unerfüllte Träume im Ruhestand. Körperliche Symptome schränkten die Lebensqualität ein. Auch der Ausstieg aus dem geregelten Erwerbsleben stelle viele vor das Problem sinnvoller Betätigung. Vereinsamung werde ausgelöst durch die "Abwanderung" der Kinder, die ihre eigenen Wege gingen, oder den Verlust des Lebenspartners. Wichtig sei es, sich nicht auf die Familie zu fixieren, sondern frühzeitig Betätigungsfelder für die Zeit nach der Berufstätigkeit auszuloten. Vereine und Initiativen hielten viele Möglichkeiten bereit, der Einsamkeitsfalle zu entrinnen. Auch der Glaube biete ein "festes Fundament", um der Sucht zu entgehen. Wenn jemand allerdings bereits "im Loch" sitze, sei es höchste Zeit, Beratung und professionelle Hilfe, auch für Angehörigen, in Anspruch zu nehmen.

Übrigens: Monika Wieder und Sarah Gros haben ihr Stück nicht nur aus der Theorie hergeleitet, sondern es ist auch aus persönlicher Betroffenheit heraus entstanden.