Mit gleich den beiden Reutlinger Torjägern Antonio Tunjic und Abdulsamed Akin (links) musste es Pascal Fahrner aufnehmen. Foto: Burkhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

LandesligaEx-Profi Benjamin Kern drückt Reutlinger Spiel seinen Stempel auf

Von Arno Schade

Um ein weiteres Spiel verlängert wurde am Sonntag die Liste der über weite Strecken durchaus ansehnlichen Landesliga-Auftritte der SpVgg Freudenstadt. Allerdings blieb der Ertrag bei der 2:4-Niederlage gegen die Young Boys Reutlingen einmal mehr aus. Und weil auch die unmittelbare Konkurrenz in Gestalt des FV 08 Rottweil und der SpVgg Mössingen überraschende Siege landeten, hat sich die Tabellensituation sogar weiter verschärft.

Auf dem zweitletzten Platz ist der Aufsteiger unmittelbar vor dem ultimativen Kellerduell am Sonntag beim Schlusslicht TB Kirchentellinsfurt gelandet, was Jens Bertiller zu der leicht resignierten Feststellung veranlasste: "Wir bekommen das Rad einfach nicht in die richtige Richtung gedreht." Dabei kann man der Mannschaft sicher nicht den Vorwurf machen, sie habe nicht alles versucht. Die ersten 45 Minuten sahen dabei durchaus ähnlich aus wie vor Wochenfrist in Metzingen. Die schnellen Angreifer Karl Kling und Matthias Weimer mischten die Reutlinger Abwehr immer wieder auf und erarbeiteten sich mehrere hochkarätige Chancen. Sie nutzten letztlich aber nur eine aus der Kategorie "weniger hochkarätig" durch den gedankenschnell in einen Freistoß spritzenden Weimer, hinter dem auf der rechten Abwehrseite wieder Dario Schmidt von Anfang an solide spielte.

Auffälliger in der ersten Halbzeit aber die linke Freudenstädter Seite mit Robert Ruoff und Daniel Ruoff, die mehrfach schnelles Umschaltspiel nach vorne praktizierten und die Young Boys-Defensive damit aufreißen konnten. Im gegnerischen Strafraum aber agierte vor allem der offensivere Daniel Ruoff zu hektisch, was beim Torabschluss auch für seine Nebenspieler galt. Anstatt 2:0 wie in Metzingen stand es auch deshalb zur Pause nur 1:1, weil auf der anderen Seite Torschütze Abdulsamed Akin zeigte, was Effektivität bedeutet. Nicht von ungefähr wurde der Treffer eingeleitet von Benjamin Kern, Dreh- und Angelpunkt seiner Mannschaft und als Vorbereiter von drei Toren inklusive eines Kopfballs an den Pfosten klar bester Spieler auf dem Platz. Und das, obwohl der in 156 Zweitligaspielen beim MSV Duisburg einst zum Publikumsliebling aufgestiegene 30-Jährige "nach drei Bandscheibenvorfällen eigentlich Sportinvalide ist", wie Reutlingens Trainer Steven Schanz betonte.

Der hatte als Zeichen seiner Unzufriedenheit mit dem Auftritt seiner Mannschaft schon nach 30 Minuten alle seine vier Ersatzspieler zum Warm machen geschickt und war dann trotz des Sieges auch nur mit den starken 20 Minuten seiner Mannschaft nach der Pause zufrieden. In der fielen auch die entscheidenden drei Treffer, darunter ein höchst umstrittener per Handelfmeter, und es zeigte sich die andere Seite der Freudenstädter Mannschaft. Hektisch und kopflos wurden in dieser Phase, in der Benjamin Kern seine Position mit Ercan Acar tauschte und im Mittelfeld um eine Position nach vorne rückte, die Bälle von Einheimischen planlos nach vorne geschlagen, die dann natürlich wie ein Bumerang zurück kamen und Verwirrung stifteten.

Dass die Mannschaft in der Schlussphase nach den Einwechslungen von Fabio Weimer, Nico Hauer und Ümit Dagistan gegen die Mannschaft des an der Seitenlinie wegen der Fahrlässigkeit seiner Spieler tobenden und mit drastischen Ausdrücken auffallenden Steven Schanz noch einmal beinahe zurückgekommen wäre, sollte man als Mutmacher mit nach Kirchentellinsfurt nehmen. Interessant wäre die Partie vielleicht noch einmal geworden, hätte nicht ausgerechnet Matthias Weimer durch sein unnötiges und aus Sicht seines Trainers "naives" Eingreifen aus Abseitsposition das sichere 2:4 durch Simon Spissingers Kopfball verhindert. Eine Viertelstunde wäre noch Zeit gewesen weitere Treffer nachzulegen, zumal die Gästeabwehr jetzt bedenklich wackelte und die Young Boys ihre Konter nur noch halbherzig fuhren. "An der Kondition liegt es nicht, das hat das Spiel heute wieder gezeigt", betonte Jens Bertiller, der wegen eines beruflichen Termins die Trainingsleitung in dieser Woche vor einer Partie mit absolutem Siegeszwang teilweise an Sergej Steblau abgeben wird.

Für die Gäste geht es dagegen nach ihrer Verbesserung auf Tabellenplatz drei und nur noch einem Punkt Rückstand auf den neuen Spitzenreiter FC Rottenburg in den kommenden Wochen darum, Konstanz zu bewahren, "denn ich erwarte, dass weiterhin sieben Mannschaften oben mitmischen", so Steven Schanz. Er wird nach eigener Aussage jetzt zumindest bis zur Winterpause die Doppelfunktion als sportlicher Leiter und Trainer bei den Young Boys Reutlingen wahrnehmen und macht auch keinen Hehl aus dem Saisonziel: "Natürlich wollen wir in die Verbandsliga aufsteigen, keine Frage."