Justitia ragt als Personifikation für Gerechtigkeit über dem Eingang des Freudenstädter Amtsgerichts. Im Fall der 31-Jährigen Angeklagten wurde noch kein Urteil gesprochen. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

31-Jährige wegen Betrugs und Urkundenfälschung angeklagt

Von Ursula Blaich

Freudenstadt. Nicht mit einem Urteil, aber mit einer angeordneten Hausdurchsuchung endete der erste Verhandlungstag gegen eine 31-jährige Angeklagte beim Freudenstädter Amtsgericht. Ihr werden Betrugsdelikte und Urkundenfälschung vorgeworfen.

Es nahm einige Zeit in Anspruch, bis Staatsanwalt Paul Trick die umfangreiche Anklageschrift vorgelesen hatte. Acht Fälle von Betrug, Vorspiegelung falscher Tatsachen und eine Urkundenfälschung werden der jungen Deutsch-Russin mit doppelter Staatsbürgerschaft zur Last gelegt. Die Frau ist geschieden, Mutter von zwei Kindern und Hartz- IV-Empfängerin.

Ganz oben auf der Anklageliste steht eine offene Rechnung aus dem Jahr 2011 über Gardinen in Höhe von 1981 Euro, welche die Angeklagte bei einem Freudenstädter Fachgeschäft bestellt, gekauft aber bis heute offenbar nicht bezahlt hat. Im Jahr 2013 kaufte sie im gleichen Geschäft unter dem Namen und der Anschrift ihrer Cousine für 495 Euro nochmals Gardinen und Stoffe, ohne die Rechnung zu begleichen. Weiter wird der 31-Jährigen vorgeworfen, im Jahr 2012 zu Unrecht Sozialleistungen in Höhe von 1202 Euro bezogen zu haben. So beantragte sie einen Vorschuss für eine angebliche Krankenhausbehandlung ihrer behinderten neunjährigen Tochter in Tübingen, den sie auch bekam. Statt ins Krankenhaus zu fahren, ist die Frau laut Anklage aber zu einem zweimonatigen Aufenthalt nach Russland geflogen und hat mit dem Geld die Reisekasse aufgebessert. Beim Job-Center hat sie sich nicht abgemeldet.

Die Gründung einer eigenen Internet-Modeversandfirma mit russischer Mode und eines Ladens in Freudenstadt teilte die Angeklagte dem Job-Center ebenfalls nicht mit und bezog so weiterhin die Sozialleistungen in vollem Umfang. Eine nicht bezahlte Rechtsanwaltsrechnung, zwei offene Reisebürorechnungen für Flüge nach Moskau, der Betrug einer Internetkundin, die Fälschung der Unterschrift ihrer Geschäftspartnerin bei der gemeinsamen zweimonatigen Selbstständigkeit und ein 3-D-Designerkurs, der nicht bezahlt wurde, vervollständigen die Anklagepunkte. Die meisten dieser Vorwürfe bestritt die Deutsch-Russin und hatte fast immer eine Antwort parat, weshalb Richter Axel Benz als Vorsitzender des Schöffengerichts irgendwann wütend bemerkte: "Sie haben schneller eine Ausrede als eine Maus ein Loch." Den Gardinenkauf im ersten Fall leugnete sie irgendwann nicht mehr. Ihr damaliger Lebenspartner habe die Rechnung bezahlen wollen, sich aber kurz nach dem Kauf nach Russland abgesetzt, sagte die Angeklagte. Sie selbst habe die 1981 Euro nicht aufbringen können.

Andere Anschuldigungen wies sie jedoch zurück. So sei sie nicht längere Zeit in Russland gewesen, und das Mode-Geschäft habe nicht ihr, sondern ihrer Mutter und einer Geschäftspartnerin gehört. Sie sei nur auf geringfügiger Basis angestellt gewesen.

Bei der Verhandlung stellte sich heraus, das der zweite Gardinenkauf unmittelbar nach einem Umzug der Angeklagten in eine andere Wohnung stattgefunden hat, was dem Schöffengericht seltsam vorkam. Die Frau bestritt, den Kauf getätigt zu haben, ebenso ihre Cousine, auf deren Namen die Rechnung lautete. Den 3-D-Kurs über ein halbes Jahr zu monatlich 133 Euro wollte die 31-Jährige nach eigenen Angaben über das Arbeitsamt laufen lassen.

Zeugenaussagen sollten Licht ins Dunkel bringen. Eine Verkäuferin und eine Buchhalterin des geschädigten Geschäfts bestätigten, dass die Angeklagte beide Gardinen- und Stoffkäufe vorgenommen habe; die Forderungen seien mittlerweile bei einem Inkassobüro. Die Verkäuferin sprach außerdem von Drohungen der Angeklagten: "Ich weiß, wo du wohnst und was du für ein Auto fährst", habe diese im Geschäft zu ihr gesagt.

Die ehemalige Geschäftspartnerin, derzeit Aushilfe in einer Tankstelle, gab an, die Angeklagte habe nur ihren Namen benutzt, um ein Geschäft zu eröffnen und um weiterhin Sozialleistungen beziehen zu können. Sie habe vom Geschäft keine Ahnung gehabt, zahle aber bis heute noch Schulden ab aus der kurzen Selbstständigkeit. Sie sei nur benutzt worden.

Nach den Beweisaufnahmen zog sich das Gericht mit Staatsanwalt und Verteidiger zu einem Rechtsgespräch zurück. Der Beschluss lautete, dass umgehend eine polizeiliche Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten vorgenommen wird – eventuell auch der Wohnung vor dem Umzug, um festzustellen, ob Gardinen und Stoffe aus den beiden Käufen zu finden sind. Ein neuer Verhandlungstermin wurde festgesetzt.