Sergej W. wird vorgeworfen, einen Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verübt zu haben. Foto: dpa

Anklage gegen Sergej W. zur Hauptverhandlung zugelassen. 18 Termine am Landgericht Dortmund.

Freudenstadt/Dortmund - Der Bombenanschlag auf den Mannschaftbus von Borussia Dortmund geht vor Gericht, und das noch in diesem Jahr. Das Schwurgericht des Landgerichts Dortmund hat die Anklage zugelassen.

Das teilte das Landgericht Dortmund am Freitagnachmittag mit. Auf der Anklagebank sitzt Sergej W. (28) aus Freudenstadt. Die Anklage lautet unter anderem auf versuchten 28-fachen Mord sowie gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen.

Der Prozess am Landgericht Dortmund beginnt am Donnerstag, 21. Dezember. Insgesamt 18 Verhandlungstage bis zum 28. März sind bislang angesetzt. Weitere Einzelheiten, etwa welche Zeugen des Attentats vernommen werden, nennt die Behörde vorerst nicht. Thomas Jungkamp, Pressedezernent des Gerichts, verweist auf die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 1. September.

Demnach soll der Elektrotechniker die Bomben gebaut und gezündet haben, die den BVB-Bus am 11. April auf dem Weg zum Stadion schwer beschädigten. Wie berichtet, war die Mannschaft unterwegs vom Hotel L’ Arrivee zum Spiel in der Champions League im Dortmunder Westfalenstadion gegen den AS Monaco. Bei der Detonation der drei Sprengsätze, die in einer Hecke versteckt waren, wurde der Spieler Marc Bartra durch Splitter schwer verletzt. Außerdem erlitt ein Polizist der Motorad-Eskorte ein Knalltrauma. Splitter der Bomben durchschlugen die Busscheiben und staken teils in einer Kopfstütze. Glück für die Insassen des Busses – neben dem Fahrer 18 Spieler sowie ein achtköpfiger Trainer- und Betreuerstab: Eine Bombe war offenbar zu tief platziert und konnte ihre Wirkung »nicht voll entfalten«.

Laut Ermittler waren die Bomben mit einer Wasserstoffperoxid-Brennstoff-Mischung sowie sechs Millimeter dicken und mehr als sieben Zentimenter langen Metallbolzen bestückt gewesen, eingegossen in Epoxidharz. Durch die Explosion wurden drei weitere Autos sowie ein Haus an der Straße beschädigt. Der Sachschaden wird mit mehreren zehntausend Euro beziffert.

Hintergrund sollen dubiose Börsengeschäfte gewesen sein: Laut Ermittler kaufte Sergej W. über Kredite hochspekulative Optionsscheine, wettete insgesamt mit 44 300 Euro auf fallende Kurse der BVB-Aktie. Laut Staatsanwaltschaft hätte er damit im Höchstfall mehr als eine halbe Million Euro Gewinn machen können. Der tatsächliche Gewinn betrug 5872,05 Euro. Wenige Tage nach dem Anschlag nahm ein Sondereinsatzkommando der Polizei den Mann in Rottenburg fest.

Die Staatsanwaltschaft wirft Sergej W. als Motive Habgier und Heimtücke vor. Der Angeklagte bestritt die Tat bislang und gab an, Urlaub in Dortmund gemacht zu haben. Die Ermittler haben allerdings jede Menge belastendes Material zusammengetragen. Die Prozessunterlagen füllen rund 70 Aktenordner. Für das Verfahren zuständig ist die 39. Große Strafkammer des Landgerichts Dortmund. W. sitzt seit seiner Verhaftung in Untersuchungshaft, zunächst in Stammheim, seit einigen Wochen in Nordrhein-Westfalen.

In Freudenstadt, wo die Familie des 28-Jährigen im deutschem Pass wohnt, hatten der Anschlag und die Tatsache, dass der Verdächtige aus dem Schwarzwald-Städtchen stammt, teils ungläubiges Entsetzen ausgelöst.

Nach dem Anschlag im April 2017 sprachen wir mit den Bürgern in Freudenstadt: