LeichtathletikEntthronter Timo Benitz traut Dornstetter Adventslaufsieger Benedikt Karus sogar Sprung in europäische Spitze zu

Von Arno Schade

Spätestens mit dem Blick auf die große Zieluhr des 19. Dornstetter Adventslaufes war Benedikt Karus klar, was er an diesem 21. Dezember geleistet hatte. Und nicht wenige Beobachter vermuten, dass seine Siegeszeit von 18:32 Minuten sogar einen Rekord für die Ewigkeit darstellen könnte.

"Du hast doch abgekürzt", nahm ihn sein Vereinskamerad Tobias Giering bei seinen Gratulationen etwas auf den Arm, Diskussionen sind nach der Fabelzeit des Läufers der LG farbtex Nordschwarzwald aber doch kurz aufgekommen. Weil im Bereich des Brunnens eine Absperrung fehlte, könnte sich Benedikt Karus ebenso wie alle letztlich 168 ins Ziel gekommene Teilnehmer einige Meter gegenüber der Strecke der Vorjahre gespart haben. "Dafür musste er in den letzten Runden aber auch Zick-Zack zwischen all den vielen langsameren Konkurrenten laufen", beendete Trainer und Organisator Jörg Müller jedoch ganz schnell alle Debatten, "die Zeit bleibt jetzt bestehen."

Bereits vor dem Startschuss hatte Müller angesichts des neuen Melderekords von 185 Läuferinnen und Läufern Grund zur Freude gehabt. "Wäre es noch etwas wärmer gewesen, hätten es noch 50 mehr sein können", meinte er, doch die Kapazitätsgrenze der Strecke ist mit der neuen Marke ohnehin schon erreicht. "Mehr geht nicht", sah auch Jörg Müller ein, der von etwa 1000 Zuschauern an der Strecke und einem der am besten besetzten Läufe in weitem Umkreis sprechen durfte.

Dazu zählt auch der nach verhalten gelaufenen ersten Runden am Ende noch aufdrehende, und nach 20:54 min auf Platz zehn landende Rico Loy. Der Wildbader hatte nach seiner Rückkehr vom Studium in den USA wegen einer hartnäckigen Schambeinentzündung ein Jahr lang kein Rennen bestreiten können. "Drei- bis vier Mal wöchentlich gehe ich jetzt schon wieder zum Laufen", so der 28-Jährige, der seinen Schwerpunkt derzeit aber mehr bei seinem Beruf sieht. Als Maschinenbautechniker in Nürtingen ist er stark gefordert, schließt aber eine Rückkehr in den Wettkampfsport nicht gänzlich aus, "einmal sehen, wie sich das alles entwickelt."

Ebenfalls als Rekonvaleszentin in Dornstetten dabei war die in San Francisco studierende Elena Burkard, die nach einem bei einem Crosslauf in den USA erlittenen Wadenbeinbruch langsam wieder in ernsthaftes Training einsteigt. "Mir ist eine Wurzel zum Verhängnis geworden, auf die ich unglücklich getreten bin", blickte sie auf das Missgeschick Ende September zurück, die ihr die Herbstsaison kostete, "obwohl ich doch so gerne Crossläufe bestreite".

Ihr Fokus liegt jetzt auf der kommenden Bahnsaison in den USA, wo sie auch die beiden nächsten Jahre verbringen wird, "und zwar nur in San Francisco, und nur bei meiner dortigen Trainerin."

In Berlin, und damit ebenfalls in einer Weltstadt, lebt mit Timo Benitz der erfolgreichste LG farbtex-Läufer. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge quittierte er den Verlust seines Streckenrekords aus dem Vorjahr (19:05 min) an seinen Kumpel Benedikt Karus, der für ihn nicht unerwartet kam: "Dass er gut drauf ist, hat er mit seinem starken Auftritt bei der Cross-Europameisterschaft gezeigt". Ohnehin habe Karus ganz offensichtlich gut getan, dass er nicht mehr in einem DLV-Kader geführt werde, meinte der ebenfalls voll auf die Trainingspläne von Jörg Müller setzende deutsche 1500 m-Meister: "Er hat jetzt den Kopf meiner Meinung nach freier. Wenn er die Chance für einen Neuanfang nutzt, kann er auch auf europäischer Ebene bei den Hindernisläufern durchaus mithalten."

Timo Benitz selbst ist gerade vom DLV-Trainingslager in Südafrika zurück gekehrt, wo er unter den David Storl & Co als einziger Läufer die warmen Temperaturen genießen durfte. Nach dem Vereins-Trainingslager in Vittel geht es Mitte Januar zusammen mit den anderen DLV-Spitzenläufern an die Algarve. "Dort werde ich nach meiner Achillessehnenverletzung noch ein individuelles Programm absolvieren", kündigte Benitz an, der die Crosslaufsaison 2014/15 dagegen wegen der Verletzungsgefahr abgeschrieben hat, "ich denke, ich werde erst im April wieder in das Wettkampfgeschehen eingreifen."

Zuvor aber wird bei seinen Eltern in Volkertshausen am Bodensee Weihnachten und zudem sein Geburtstag am 24. Dezember gefeiert, "und zwar mit einer Schwarzwälder Kirschtorte, da freue ich mich immer ganz besonders drauf."