Trendsportart U Run erobert Freudenstadt / Gewagte Sprünge werden in Halle geübt / Philosophie im Vordergrund

Von Nadja Pfaff

Freudenstadt. Eine ungewöhnliche Leidenschaft haben 15 Jugendliche und junge Erwachsene aus Freudenstadt gemeinsam. Regelmäßig treffen sie sich in der David-Fahrner-Halle und trainieren für "U Run".

Ruhig und konzentriert atmet der sonst so quirlige Daniel Knutas noch einige Sekunden ein und aus, bevor er mit einer Anlaufstrecke von fünf Metern zum so genannten "Doppel-Kong" abspringt. Mit Hilfe seiner Hände stößt er sich am ersten Barren ab, um sich dann am 1,5 Meter entfernten zweiten Barren mit den Händen zurück auf den Boden zu schleudern. Danach klatscht er die restlichen Mitglieder der "U Run"-Gruppe mit der gewohnten Coolness ab. Schon eine halbe Stunde vor dem offiziellem Beginn stürmen die 15 Jungs zwischen zwölf und 25 Jahren in die David-Fahrner-Halle. Mit lässigem Handschlag begrüßen sie ihren Trainer und Kumpel Thorsten Krause.

Nach ausgiebigem Aufwärmen werden die Grundtechniken in der Halle geübt. Thorsten Krause: "Wir wollen im Training das Bewegen im Freien auf asphaltiertem Untergrund vorbereiten. Um sich bei schweren Sprüngen nicht selbst zu verletzen, steht die Beherrschung der Grundtechniken an erster Stelle."

Zu dritt haben Thorsten Krause, Daniel Knutas und Giuliano Gioia das von Andy Haug gegründete Training "U Run" vor etwa drei Jahren übernommen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus den Trendsportarten Parkour und Freerunning. Ersteres wurde von dem französischen Soldaten Raymond Belle im Vietnam-Krieg erlernt und beruht auf der effektiven Einbindung der Natur, um so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Zehn Jahre später wurde diese Technik von seinem Sohn David auf urbane Verhältnisse übertragen. Ergänzend dazu steht das frei gestaltete Freerunning. Im Gegensatz zu einem einfachen Streckenlauf wird dabei die Umgebung zum kreativen, individuellen Ausleben genutzt.

Das Besondere an dieser Sportart ist, dass nicht die Leistung im Vordergrund steht, sondern die Philosophie. Daniel Knutas erzählt, dass immer wieder Mitglieder auf ihn zukommen, bei denen sich das im Training Erlernte positiv im täglichen Leben widerspiegelt: "Vor allem wird den Leuten bewusst, dass man durch hartes Training auch andere Hindernisse überwinden kann. Viele geben dadurch in der Schule nicht mehr so schnell auf." Krause meint dazu: "Man entwickelt auf alle Fälle Selbstbewusstsein. Wenn ich zum Beispiel einen Rückwärtssalto aus dem Stand hinbekomme, bin ich drei Wochen später noch stolz auf mich." Als dritten Punkt nennen die beiden das kennenlernen der eigenen Grenzen: "Man setzt sich selbst seine eigenen Ziele und lernt so auch das Neinsagen." Krause weiter: "Hier gibt es kein Leistungsmaß. Jeder geht so weit wie er will, und den Neueinsteigern wird von jedem gerne geholfen."

Über das wöchentliche Training hinaus treffen sich die so genannten Traceure, sobald das Wetter es zulässt, regelmäßig im Freien. Dabei werden der Freudenstädter Marktplatz oder aber die Schulhöfe in Baiersbronn als Kulissen genutzt. Immer wieder zeigen Passanten jeden Alters Interesse an dem akrobatischen Sport. Wichtig ist den Sportlern zu erwähnen, dass die Gegenstände, die sie benutzen, nicht beschädigt werden. "Wenn wir es kaputt machen würden, könnten wir es nicht mehr benutzen", sagt Krause.

Mitmachen kann Jeder, der sich einfach frei bewegen möchte. Auch Frauen sind willkommen, da sich die Frauenquote bisher in Grenzen hält. Krause betont: "Abstammung, Musikgeschmack oder Kleidungsstil spielen bei uns, wie auch bei den Sportarten, keine Rolle. Nur ein gewisses Körpergefühl gehört dazu." Wer Lust hat, mitzumachen, ist jeden Freitag ab 18 Uhr in die David-Fahrner-Halle eingeladen.