IC, TGV und eine Dampflok begeistern Kinder / Auf Turm des Stuttgarter Hauptbahnhofs

Von Lothar Schwark

Die große Welt der Eisenbahnen zu erkunden, das wünschten sich Simon und Matthias Blumenstock aus Loßburg, Henry und Emma Bodtländer aus Freudenstadt sowie Jahn Kempf aus Bad Liebenzell. Ganz oben stand das Anliegen, einmal in einer Lok mitzufahren. Dies konnte die Bahn den Kindern aus betrieblichen und sicherheitstechnischen Gründen leider nicht erfüllen. "Dann wollen wir zumindest eine spannende Bahnfahrt erleben", sagten die Kinder.

Und so standen Emma, Henry, Simon, Matthias und Jahn in Begleitung ihrer Väter gegen 9.10 Uhr noch etwas aufgeregt an Gleis 2 des Freudenstädter Hauptbahnhofs. Schließlich begann um 9.19 Uhr eine Rundreise zu den Hauptbahnhöfen in Stuttgart und Karlsruhe und zurück nach Freudenstadt. Der Schwarzwälder Bote hat, unterstützt von der Sparkasse Pforzheim Calw, die Bahnfahrt im Rahmen seiner "Wünsch dir was"-Aktion ermöglicht. Begleitet wurde die Gruppe von einem erfahrenen früheren Eisenbahner.

Die erste Überraschung kam, als statt des sonst durchgehenden Zugs ein Dieseltriebwagen der Baureihe 650 bereitstand. Umsteigen in Eutingen war also angesagt, was der Freude der Kinder jedoch keinen Abbruch tat. Hinter dem Lokführer ist der beste Platz zum Schauen, war man sich schnell einig. Das Signal schwenkte auf Grün und pünktlich, wie alle anderen Verbindungen an diesem Tag auch, rollte der Dieseltriebwagen los. Begeistert sahen die kleinen Bahnfans durch die Fenster. Besonders beeindruckt waren sie, als der Zug über die Wittlensweiler Brücke rollte. "Oh, die ist aber hoch", waren sich die Kinder einig, als der Grüntaler Viadukt befahren wurde.

"Da unten sind wir schon gefahren", sagten sie, als der VT 650 ratternd über die Aacher Brücke hoch über der Bundesstraße 28 fuhr. "Schau mal, da ist Loßburg", riefen Simon und Matthias ihrem Vater zu. "Und da hinten ist Freudenstadt", sagte Emma zu ihrem Bruder Henry, der derweil genüsslich sein erstes Frühstücksbrötchen verspeiste. Durch die Scheibe des Führerstands konnte man den Streckenverlauf nach vorne gut erkennen. "Na, ist ja doch fast wie auf einer Lokomotive" waren sich die Kinder einig, als sie hinter der Scheibe einem Lokführer gespannt über die Schultern schauten. Bald schlängelte sich die Doppeleinheit des Triebwagens in den Bahnhof in Eutingen im Gäu, wo die "Wünsch dir was"-Kinder umstiegen. Pünktlich rollte der RE 19220 ein. Der Zug war rappelvoll. Bis Stuttgart blieb den Kindern deshalb nur ein Stehplatz. Dennoch war die Stimmung im Zug entspannt. Geduldig hielten die jungen Bahngäste durch. "Da ist der Fernsehturm", rief Matthias seinen Begleitern zu. Und flugs wandten sich alle Augenpaare zur rechten Seite. Im Stuttgarter Hauptbahnhof verließ die Gruppe zusammen mit einer großen Menschenmenge den Zug. Ein erstes Erinnerungsfoto wurde gemacht. Dann ging es zu den Fernzügen. Mit ihrer Vätern erlebten die Kinder die quirlige Atmosphäre des Kopfbahnhofs. Staunend sahen sie, wie der ICE aus München mit Ziel Berlin-Ostbahnhof sich um 10.51 Uhr über das weite Weichenlabyrinth aus dem Bahnhof schlängelte.

Wie eine Orgelpfeife hörte sich der Triebkopf an, als er den ICE mit seinem Elektromotor zügig beschleunigte. Dann wurde IC 2312 nach Hamburg bereitgestellt. Bis zur Abfahrt verblieb eine halbe Stunde. Zeit genug, den IC in aller Ruhe zu entern. "Tolle Wagen", waren sich auch die Väter einig, um gleich mit den Kindern Probe zu sitzen. Vorne im Steuerwagen traf man einen Lokführer aus Saarbrücken, der bereits seit 5.20 Uhr unterwegs war. "Jetzt ist erst mal Pause", erklärte er den Besuchern. "Später geht es nach Frankfurt weiter." Am Nachbargleis wurde der Lokführer eines ICE auf die Gruppe aufmerksam. Gerne präsentierte er sich im schnittigen Führerstand für ein Erinnerungsfoto mit den Freudenstädtern. Einige Gleise weiter rollte ein TGV zur Abstellgruppe. "Der fährt nach Paris", erläuterte der Leiter der Bahnrundfahrt.

Dann folgte eine Überraschung: Nachdem die Kinder und ihre Väter anfangs schon den Dieseltriebwagen "Roter Heuler" erblickt hatten, rollte nun ein weiterer Sonderzug mit der Oldtimer-E-Lok E  940 88 ("Krokodil") vorbei, geschoben von einer Dampflok der Baureihe 52. Schauen macht hungrig, da schmeckten die Happy-Meal-Tüten und Burger bestens. So gestärkt, erklommen die Ausflügler den Turm des Stuttgarter Hauptbahnhofs im Eilschritt. Der Blick war bombastisch, und die Kinder konnten sich nicht sattsehen.

Doch die Uhr mahnte zum Aufbruch. Der Inter Regio Express 4906 stand zur Fahrt nach Karlsruhe bereit. In den roten Doppelstockwagen boten sich gute Ausblicke. Von oben schaute sich die Reisegruppe Land und Leute an. In Windeseile war Karlsruhe erreicht. Ein kurzer Blick vor dem Bahnhof in Richtung Zoo, dann rollte bereits die S 31 nach Freudenstadt ein. Genau verfolgten die Kinder dann den Verlauf der Murgtal-Gebirgsbahn und zählten die Tunnel. Sie einigten sich schließlich darauf, dass es insgesamt zehn sind. Ein langes "Oh" war zu hören, als der Triebfahrzeugführer in einem Tunnel kurz das Licht löschte.

Pünktlich um 15.37 Uhr war die Reise beendet, der Freudenstädter Hauptbahnhof erreicht. Besonders hatten es der Gruppe die Dampflok und der TGV angetan, ebenso das bunte Leben im weihnachtlich geschmückten Stuttgarter Hauptbahnhof. Und ein Wunsch war den Kindern aus den leuchtenden Augen abzulesen: "Können wir nächstes Jahr wieder fahren?"