Besucher der Vesperkirche lassen sich das Essen schmecken. Foto: Breitenreuter Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Vesperkirche zieht nach elf Tagen eine positive Bilanz / Begegnung in freundlicher Atmosphäre

Täglich zwischen 170 und 200 Essen ausgeben und servieren, mit den Gästen reden und ihnen ein Gefühl der Geborgenheit geben: Am Ende der Vesperkirche in Freudenstadt hat das Helferteam ganze Arbeit geleistet.

Freudenstadt. Der letzte der elf Vesperkirchen-Tage war am Freitag, und für die ehrenamtlichen Helfer der sieben Kirchen und Organisationen, die die Verantwortung tragen, hieß es nochmals Vollgas geben, denn alle Tische waren besetzt. Am letzten Tag gab es Putensteak im Schinkenmantel mit Käse überbacken, dazu Romaneso-Gemüse und Spaghetti mit Tomaten-Salbeisauce. Als fleischfreies Gericht wurde ein Linsencurry mit Ziegenkäse und einem gemischten Salat serviert. Die vegetarischen Gerichte wurden im "Windrad" der Erlacher Höhe gekocht. Die übrigen Speisen kamen aus der Küche der Klinik Hohenfreudenstadt. Marlene Trick und Martina Grebe, Mitglieder des Steuerungsteams, waren jeden Tag dabei. Viele Besucher kennen sie inzwischen persönlich, weil sie mehrmals an den elf Tagen gekommen sind. Nach vier Jahren sei die Vesperkirche in Freudenstadt angekommen. Man verzeichne steigende Besucherzahlen, so Marlene Trick. Die Vesperkirche im Gemeindesaal der Taborkirche in Freudenstadt unterscheidet sich von anderen. "Wir legen einen Schwerpunkt auf Service", sagt Martina Grebe. Es solle keine Kantinenatmosphäre herrschen. Deshalb gibt es auf jedem Tisch eine Decke, eine Kerze und ein Pflänzchen. Die Essen werden serviert und müssen nicht selbst abgeholt werden. Das Geschirr wird abgeräumt. Das ist laut Marlene Trick auch ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Besuchern.

Wichtig ist es für die Organisatoren, dass die Menschen miteinander in Kontakt kommen können – egal ob arm oder reich. Und das funktioniert. Täglich kamen laut Martina Grebe an den vergangenen elf Tagen 60 bis 70 bedürftige Personen oder Menschen, die einsam sind und sich nie selbst etwas kochen. Der Rest sind die "Solidaritätsesser", die kommen und dann auch einen Obolus in die Spendenkassen zahlen. Auf sie ist das Vesperkirchen-Team angewiesen, um die elf Tage zu finanzieren. "Wir werden vermutlich null auf null rauskommen", gibt sich Marlene Trick zuversichtlich. Rund 10 000 Euro werden für die Vesperkirche benötigt. Etwa die Hälfte davon wird durch Spenden finanziert. Rund 100 Helfer waren notwendig, um die Vesperkirche heuer über die Bühne zu bringen. Täglich waren für den reibungslosen Ablauf rund 18 Personen notwendig. Jeden Tag wurden zudem rund 20 Kuchen von Freiwilligen gebacken. Manche Helfer tragen sich vier bis fünf Mal in die Listen ein.

"Wenn einer das erste Mal geholfen hat, ist es wie eine Droge", schildert Martina Grebe die gute Stimmung unter den Helfern. Nach vier Jahren ist die Organisation etwas einfacher geworden. Viele, die bereits mehrmals dabei waren, kennen die Abläufe. "Wir werden jedes Jahr besser und routinierter", so Michael Paulus, Pastoralreferent bei der katholischen Taborgemeinde und ebenfalls Mitglied des Steuerungsteams.

Man merkt, dass die Bedürftigkeit zunimmt, hat Marlene Trick am Ende der Vesperkirche festgestellt. "Die Armut kommt langsam unten an und wird bemerkbar". Viele Menschen seien dankbar, dass sie wenigstens an den elf Tagen essen können. Man habe auch vereinzelt Hilfe in besonderen Lebenssituationen vermitteln können.

In diesem Jahr kamen weniger Flüchtlinge und Asylbewerber als 2016. Das liegt laut Marlene Trick vermutlich daran, dass sich viele schon selbst versorgen. Michael Paulus legt Wert darauf, dass sich bei der Vesperkirche alle Menschen begegnen können. Für die Taborgemeinde bedeute die Belegung des Gemeindesaals an den elf Tagen zwar eine gewisse Einschränkung, die man aber gerne in Kauf nehme. Bei Schneefall müsse man auch die Flächen vor dem Gemeindesaal räumen. Da stehe das gesamte Personal der Kirche dahinter.

"Man sollte sie nicht brauchen müssen, aber wir brauchen sie", zitiert Martina Grebe eine Pfarrerin aus der Stuttgarter Vesperkirche und beschriebt damit treffend die gesellschaftliche Situation. Auch im nächsten Jahr wird es wieder eine Vesperkirche in Freudenstadt geben. Noch vor den Sommerferien trifft sich die Steuerungsgruppe, um die ersten Vorbereitungen zu treffen.