Präsident Harald Herrmann und Hauptgeschäftsführer Joachim Eisert. Foto: Bouß Foto: Schwarzwälder-Bote

Handwerk: Rechtslage bevorzugt oft Großbetriebe / Eisert: Riesensauerei

Region. Unverständnis und Ärger bei der Kammer: Handwerkliche Bäcker müssen mehr für Energie bezahlen als industrielle Großbäcker. Hauptgeschäftsführer Joachim Eisert sprach in der Vollversammlung in Reutlingen von einer "Riesensauerei".

Dabei ging es um die EEG-Umlage. Großbäcker seien davon befreit und könnten als Konkurrent ihre Backwaren billiger anbieten. Dieses Beispiel mache die "Absurdität" und die ungerechte Verteilung der Belastungen klar.

Ein weiteres Beispiel verdeutliche ebenfalls die Macht von Industrie und Großhandel bei politischen Entscheidungen so Eisert: Es gehe um die Frage, wer im Gewährleistungsfalle die Kosten trage für den Ausbau eines bereits defekt an den Handwerker gelieferten und den Wiedereinbau eines funktionstüchtigen Teiles beim Kunden – der Handwerker oder der Hersteller? Bei Gebäuden mit einer komplexen Leittechnik oder Heizanlage könne die Fehlersuche Stunden bis Tage dauern. Ähnlich gestalte sich das Problem bei Farben mit Qualitätsmängeln, die sich löse, oder Fliesen, die von der Wand fallen, weil der Kleber aus einer defekten Charge stamme. Das parlamentarische Verfahren, mit dem dieser "Missstand" beseitigt werden solle, sei nun mit einem Schlingerkurs auf die Zielgerade eingebogen. Das entscheidende Problem sei das AGB-Gesetz, das die Gewährleistung regelt. Die Frage sei, ob sich die neue, für den Handwerker günstige Rechtslage aushebeln lasse. Die Kammer fordert, Handwerksbetriebe auch unter den Schutz des üblicherweise nur für Verbraucher geltenden AGB-Rechts zu stellen. Allerdings stünden die Chancen schlecht, sich gegen die Lobby von Industrie und Großhandel zu behaupten.

Ein weiteres Problem belaste seit einiger Zeit insbesondere die Betriebe am Bau: Die Entsorgung von schwer entflammbaren Dämmstoffen wie Styroporplatten, die das Flammschutzmittel HBCD enthalten. Dieses Material wird mittlerweile als "gefährlicher Abfall" klassifiziert, der auf Baustellen getrennt gesammelt und entsorgt werden muss. Es gebe allerdings zu wenige geeignete Müllverbrennungsanlagen.

Das Umweltministerium habe auf Drängen des Handwerks eine Zwischenlösung geschaffen, auf deren Grundlage Müllverbrennungsanlagen auch weiterhin HBCD-haltige Dämmstoffe verbrennen dürften. Während bei der Entsorgung gemischter Bauabfälle die Zwischenlösung akzeptabel sei, gebe es bei der Entsorgung von Fassadensanierungen und Flachdächern offensichtlich noch kein Licht am Ende des Tunnels.

Denn der im Erlass zulässige Grenzwert von 0,5 Kubikmeter pro Tonne werde bei diesen Abfällen überschritten. Hier drohten also höhere Entsorgungskosten und längere Transportwege. Wie praxistauglich diese Lösung sei, werde zurzeit von den Umweltberatern der Handwerkskammern untersucht.