Vorfahrt für die Zukunft: Der Uni-Campus auf dem EnBW-Areal ist politisch gewollt, auch wenn das denkmalgeschützte Haus dort weichen müsste. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

Stadt nimmt für die Uni-Außenstelle Opfer in Kauf. Kosten für drei Studentenwohnheime.

Freudenstadt - Unistadt FDS ab 2017 – die Aussicht elektrisiert den Gemeinderat. Für das Projekt ist er sogar bereit, viel Geld zu bezahlen und ein denkmalgeschütztes Stück Alt-Freudenstadt zu opfern.

Als OB Julian Osswald am Dienstag den Tagesordnungspunkt "Hochschulcampus Nordschwarzwald" aufrief, verstiegen sich Räte und Verwaltung förmlich in Superlativen. Das ausgelagerte Master-Institut für Maschinenbauer in Freudenstadt sei ein Novum, so der OB, es sei die erste Außenstelle der Uni Stuttgart überhaupt, eine "Riesenchance" für die Stadt. Für ihn sei dies "ähnlich richtungsweisend" wie damals die Entscheidung "unserer Vorgänger, das Kurwesen einzuführen".

Als "einmalige Chance für Generationen" wertete auch Daniela Sabjan (SPD) das Projekt. Es bringe junges Leben in die Stadt. Wolfgang Tschupke (FWV) gab "mit ein bisschen Stolz" zu Protokoll, dass es seine Fraktion gewesen sei, die 300 000 Euro im Haushalt dafür beantragt habe. Carola Broermann (CDU) jubelte, der Stadt fielen "reife Trauben förmlich in den Schoß".

Aber Erntezeit ist noch nicht. Die Stadt muss Gas geben, um gleichzeitig mit den Investoren zu Potte zu kommen, Verträge auszuhandeln und den notwendigen Bebauungsplan "Hohenried/Untere Herzog-Eberhard-Straße" auf die Reihe zu bekommen, damit im Herbst 2017 die ersten Studenten kommen können. Die "Vorväter" hätten 1969 weitsichtig gehandelt und Vorarbeiten für eine Wohnbebauung auf dem EnBW-Areal geleistet, so der OB.

Außerdem hat der Campus seinen Preis, wenngleich einer der beiden potenziellen Investor den auf sechs Millionen Euro veranschlagten Bau des Campus’ stemmen würde. Dazu kommen die Kosten für die drei Studentenwohnheime mit 48 Wohnungen; dafür gebe es laut Osswald "einen ernsthaften Interessenten". Allerdings wollen die Investoren Geld verdienen. Im Augenblick gehen Stadt und Kreis Freudenstadt davon aus, dass sie jedes Jahr jeweils 175 000 Euro an den Investor überweisen müssen. Das Personal stellt die Uni, um eine Honorar-Professur will sich der Verein "Hochschulcampus Nordschwarzwald" mit finanzkräftigen Firmen unter seinen Mitgliedern kümmern.

Außerdem wäre die Stadt bereit, das EnBW-Areal für 1,3 Millionen Euro als Treuhänderin zwischenzukaufen, wenn der Investor bis Mitte November noch nicht so weit sei. Für manchen schmerzhaft ist auch die Tatsache, dass das denkmalgeschützte Gebäude auf dem Areal abgerissen werden muss. Laut OB "gibt es keine Alternative". Es lasse es sich nicht in den Campus integrieren und stehe dessen im Weg: der Labor- und Kongresshalle. Osswald berichtete von Vorgesprächen mit dem Landesdenkmalamt, ließ aber durchblicken, dass der Abriss nicht ausgeschlossen ist. "Das wird in der Güterabwägung im Bebauungsplanverfahren abgearbeitet", so der OB. Natürlich reiße die Stadt alte Bausubstanz nicht einfach ab.

Auch andere bedauerten den Verlust, würden ihn aber in Kauf nehmen. Mehr Skrupel hat offenbar Bärbel Altendorf-Jehle (BA): "Da geht wieder mal viel Baugeschichte verloren". Auch Bärbel Zirz (SPD) dämpfte die Euphorie. Der Rat wisse "viel zu wenig" über die finanziellen Verpflichtungen, auf die sich die Stadt einlasse. Dennoch erhielt die Verwaltung den Auftrag, das Projekt voranzutreiben. Der Sachstandsbericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen, das Bebauungsplanverfahren bei zwei Enthaltungen eingeleitet.