Kritischer Blick: Ob sich die Spieler (im Bild der Ergenzinger Dominik Sanfilippo) mit dem neuen Ball anfreunden werden, ist höchst ungewiss. Montage: von Gottschalck Foto: Schwarzwälder-Bote

TischtennisVereine aus dem Kreis sehen geplante Einführung des Plastikballs skeptisch / Kritik an Kosten und Qualität wird laut

Von Tim Geideck

Plastik oder Zelluloid? Für die Tischtennis-Vereine im Raum Horb ist das nicht nur eine Glaubens-, sondern vor allem eine Geldfrage. Kaum jemand will sich mit dem neuen Ball anfreunden, der ab dieser Saison eingesetzt werden darf.

Der Ball ist rund – und besteht aus Zelluloid. Diese Erkenntnis wird wohl schon bald von gestern sein. Schon während der Tischtennis-WM im März 2012 kündigte der Weltverband ITTF an, dass man auf den Plastikball umsteigen werde. Nachdem sich der Deutsche Tischtennis-Bund hinter die ITTF-Entscheidung stellte, verkündigte nun auch der Tischtennis-Verband Württemberg-Hohenzollern (TTVWH): "Ab der kommenden Saison kann sowohl der bisher verwendete Zelluloidball als auch der neue Plastikball eingesetzt werden", sagt TTVWH-Geschäftsführer Thomas Walter in einer jüngst veröffentlichten Pressemitteilung.

Hintergrund: Zelluloidbälle sind zwar seit 1891 das offizielle ITTF-Spielgerät, wegen Gesundheitsrisiken ist die Produktion von Bällen, die aus der Kunststoffverbindung bestehen, aber inzwischen in mehreren Staaten verboten. Weitere sollen folgen.

Das Problem: Die neuen Plastikbälle sind bislang kaum erhältlich, vor allem aber sind sie im Vergleich zum Zelluloidball deutlich teurer – und, so die Befürchtung vieler Vereine, noch nicht richtig ausgereift. Laut Michael Stark, Vorsitzender des TTVWH-Bezirks Schwarzwald, werde daher keine einzige Mannschaft in der Hinrunde der neuen Saison mit dem Plastikball spielen. "Zur Rückrunde kann sich das aber auch schnell ändern", mutmaßt Stark.

Hört man sich bei den Vereinen im Raum Horb um, klingt diese Aussage etwas zu optimistisch. "Das ist ja verrückt. Der Umstieg auf die Plastikbälle ist überhaupt nicht finanzierbar", meint etwa Hellmuth Kehrer von der Tischtennis-Abteilung des FC Untertalheim und schiebt hinterher: "Für uns stellt sich diese Frage im Moment überhaupt nicht. Wir warten auf jeden Fall, bis die Bälle billiger und richtig getestet sind." Das werde aus seiner Sicht frühestens in ein bis zwei Jahren der Fall sein.

Ähnlich sieht es beim TTC Lützenhardt aus. Dessen Vorsitzender Heinz-Josef Paffrath kritisiert: "Ich kann diese Entscheidung überhaupt nicht nachvollziehen. Für mich ist das nur ein neuer Wirtschaftszweig, der da auf Kosten der Vereine erschlossen wird." Und auch Roland Diehm, Leiter der Tischtennis-Abteilung des VfB Cresbach, sagt: "Das ist reine Geldmacherei. Wir werden uns weigern, auf den neuen Plastikball umzusteigen. Wir müssen um jeden Euro kämpfen." Hinzu komme: "Ob die neuen Bälle richtig getestet sind, stelle ich infrage." Diehm gehe nicht davon aus, dass sich der Plastikball in den unteren Spielklassen auf absehbare Zeit durchsetzen werde.

Eine Frage des Geldes ist der neue Ball auch für Harald Schneider vom TTC Mühlen. Der Verein habe noch 300 bis 400 Zelluloidbälle auf Lager – "und die werden auf jeden Fall erst einmal abgespielt." Den TTC Mühlen schrecke aber nicht nur der hohe Preis, sondern auch die mutmaßlich niedrigere Qualität ab. "Ich halte die ganze Sache für noch nicht ausgereift", sagt Schneider und betont: "Wir werden das so lange wie möglich hinauszögern."

Nicht anders sieht es Viktor Schmalz von der Tischtennis-Abteilung der SG Empfingen: "So lange die alten Bälle akzeptiert werden, ist das alles für uns kein Thema." Innerhalb der Mannschaft habe man über den Plastikball diskutiert, doch kein einziger Spiele habe sich für ihn ausgesprochen – vor allem aus finanziellen Gründen. Schmalz: "Bei der SG Empfingen ist die Tischtennis-Abteilung ein Tropfen auf dem heißen Stein und entsprechend niedrig ist unser Budget."

"Unser Sport muss bezahlbar bleiben", meint nicht zuletzt auch Daniel Kreidler von der Tischtennis-Abteilung der Sportfreunde Salzstetten und unterstreicht: "Technische Neuerungen sind an und für sich ja in Ordnung – wenn sie Hand und Fuß haben. Aber das ist in diesem Fall nicht so. Der neue Ball macht keinen Sinn – außer für die Hersteller." Den Plastikball erachtet Kreidler als "sehr bruchanfällig, nach drei Ballwechseln ist der doch schon kaputt". Für ihn ist klar: "Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen."

Die Kritik der Vereine kann der Bezirksvorsitzende Stark nachvollziehen und gibt zu bedenken, dass dem TTVWH die Hände gebunden seien: "Die Einführung des Plastikballs wurde vom Weltverband beschlossen. Der Bezirk Schwarzwald hatte da kein Stimmrecht. Wir haben die Vorgaben umzusetzen." Für ihn steht daher fest: "Der neue Ball kommt – aber für fast alle ist er noch eine Art Phantom. Das bringt eine Menge Unruhe. Wenn endlich klar ist, dass der neue Ball verfügbar ist, jeder damit gespielt hat und auch der Preis stimmt, wird die Kritik schnell vergessen sein."

Der neue Plastikball hat einen Durchmesser von exakt 40 Millimetern und ist damit 0,2 Millimeter größer als der Zelluloidball. Anders als sein Vorgänger besteht er aus einem Guss und nicht mehr aus zwei Hälften. Da sich das Material schneller abreibt, wird eine Abnahme des Spins befürchtet. Diese Erfahrung haben die Spieler in den 80er-Jahren gemacht, als erste Versuche mit der Einführung des Plastikballs unternommen wurden – die scheiterten. Ebenfalls ergab eine Analyse der ESN GmbH aus dem unterfränkischen Hofheim: Der Plastikball fühle sich etwas langsamer an und erreiche nicht die absolute Geschwindigkeit eines Zelluloidballs. Der ehemalige Nationaltrainer Richard Prause sagt zudem, dass der Plastikball höher abspringe und durch die niedrigere Rotation beim Schlagen ein höherer Kraftaufwand notwendig sei.