Prozess: Mann wird wegen unerlaubtem Anbau zu Geldstrafe verurteilt / Droge zur Schmerzlinderung

Mit einer Geldstrafe in Höhe von 500 Euro endete für einen 58-Jährigen der Prozess vor dem Freudenstädter Amtsgericht. Ihm wurde vorsätzlicher unerlaubter Anbau sowie der Erwerb von Betäubungsmitteln vorgeworfen. Die Anklageschrift klang unglaublich – und kurios.

Freudenstadt. Im August vergangenen Jahres fanden zwei Polizeibeamte bei der Wohnungsdurchsuchung des Mannes eine zweieinhalb Meter große Cannabispflanze sowie einen Beutel mit 102 Gramm Marihuanaverschnitt und einen weiteren Beutel mit 3,5 Gramm Marihuana. Die Pflanze in der Dachwohnung des Angeklagten war Polizeibeamten von der Straße aus aufgefallen, weil diese eindeutig als Cannabispflanze zu erkennen war und am Dachfenster des Angeklagten wucherte. Deshalb hatten die Beamten dem Angeklagten einen Besuch abgestattet.

Auf Nachfrage von Amtsgerichtsdirektor Michael Gross schwieg der Angeklagte zunächst und ließ eine Erklärung von seinem Anwalt verlesen. Sein Mandant sei geständig, habe nur eine kleine Korrektur zu dem Polizeibericht hinzuzufügen, sagte dieser. Die Cannabispflanze habe er aus einem medizinischen Grund angepflanzt. Sein Mandant habe das Cannabis zur Schmerzlinderung für sich verwendet. Er habe seinerzeit Probleme mit den Bandscheiben gehabt und unter einer Spiralkanalstenose gelitten. Alternative Schmerztherapien und andere Schmerzmittel hätten ihm keine Linderung verschafft.

Der Anwalt legte dem Gericht zwei Atteste vom Medizinischen Versorgungszentrum und vom Krankenhaus Freudenstadt vom Dezember 2016 vor. Nach eingehenden Untersuchungen hatte man dem Angeklagten eine Operation empfohlen, die mittlerweile durchgeführt wurde. Seither ginge es seinem Mandanten besser, er brauche keine Drogen mehr und beginne nächste Woche mit einer Reha, informierte der Rechtsbeistand.

Doch dann redete der Angeklagte doch noch selbst und berichtete vom "hohem Leidensdruck" und den starken Schmerzen in der Zeit vor der Operation. Er habe gehört, dass Cannabis Linderung verschaffen könne und sei nach Stuttgart gefahren, um Marihuana zu kaufen.

Dann informierte der Mann auch über seine Pflanzerfolge, oder über seinen "Grünen Daumen", wie es der Richter nach der Urteilsverkündung nannte. So etwa Anfang vergangenen Jahres habe er beim Aufräumen der Wohnung alten Cannabissamen gefunden und diesen recht unbedarft in einen Topf gepflanzt. "Ich habe mir dabei nichts gedacht", sagte er weiter.

"Es war faszinierend, wie das Ding wuchs – ich habe so etwas noch nie gesehen", so der Angeklagte. Am hellen Fenster in der Dachgeschosswohnung seien wohl die idealen Bedingungen gewesen, damit die Pflanze gedeiht. Im Nachhinein verstehe er, dass es wohl eine riesengroße Dummheit gewesen sei, gestand er. Nach der Beweisaufnahme schaute der Richter noch kurz ins Bundeszentralregister, wo jedoch keine Eintragungen über den Angeklagten ersichtlich waren.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 25 Euro. Der Rechtsbeistand informierte über einen finanziellen Engpass, da sein Mandant derzeit noch krankgeschrieben sei und eine Reha bevorstehe. Außerdem bestehe keine Wiederholungsgefahr. Amtsgerichtsdirektor Michael Gross ging in seinem Urteil auf das Strafmaß der Staatsanwaltschaft ein und verhängte dem Angeklagten zusätzlich die Prozesskosten. Dem Angeklagten sei zugute gekommen, dass er "schonungslos die Karten auf den Tisch gelegt" habe und die Drogen gelegentlich zur Schmerzlinderung verwendet habe. Zudem sei Cannabis nach der erfolgreich verlaufenen Operation wohl kein Thema mehr.