Industrie 4.0: Unternehmen in der Region beschäftigen sich schon lange mit Digitalisierung

Industrie 4.0 ist ein relativ junger Trend, doch viele Unternehmen in der Region feilen schon deutlich länger an der Intelligenz ihrer Maschinen und der digitalen Optimierung ihrer Produktion.

K reis Freudenstadt. Vier Unternehmen aus dem Landkreis berichten, wo Industrie 4.0 bei ihnen sichtbar wird.

  Arburg Die Firma Arburg aus Loßburg, Maschinenherstellerin für die Kunststoffverarbeitung, berichtet von 30 Jahren Erfahrung mit vernetzter Produktion. Wie die durch Industrie 4.0 möglich gewordene individualisierte Massenproduktion funktioniert, zeigt Arburg auf Messen mit einem Beispielprodukt – dem smarten Kofferanhänger, der die Kontaktdaten des Besitzers eingespeichert hat. An einem Eingabeterminal hinterlässt der Kunde seine Daten und sucht sich ein Design aus, daraufhin wird der individualisierte Kofferanhänger produziert. Man spricht von Losgröße 1, wenn kein Produkt dem anderen gleicht.

Nach Ansicht des Unternehmens liegt die Zukunft moderner Geschäftsmodelle genau darin, Kundenwünsche zu erfüllen und Großserienteile zu individualisieren. Gesteuert werden die vernetzten Arburg-Maschinen vom firmeneigenen Leitrechnersystem ALS.

Die Bemühungen zahlen sich aus: Arburg wurde im Frühjahr beim Wettbewerb "100 Orte für Industrie 4.0 in Baden-Württemberg" ausgezeichnet. Auch in der eigenen Produktion nutzt Arburg 4.0-Technologien. Zum Beispiel seien Lager, Rüstplätze und Bearbeitungsmaschinen miteinander vernetzt.   Homag Individuelle Möbel können bis zu einem gewissen Grad nicht nur beim kleinen Schreinerbetrieb, sondern auch in einer Fabrik hergestellt werden – diese Erkenntnis ist in der Möbelbranche nicht neu. Der Schopflocher Maschinenbauer für die holzverarbeitende Industrie und das Handwerk, Homag, kann seine Maschinen schon lange vernetzen, teilt Unternehmenssprecherin Julia Weber mit. IT-Sicherheit wurde dadurch wichtiger. Homag engagiere sich deshalb im "Nationalen Referenzprojekt zur IT-Sicherheit in der Industrie 4.0".

Eine Neuerung der Homag, die erst 2017 auf den Markt kam, ist das Programm Tapio. Es spielt Informationen von vernetzten Maschinenstraßen auf die Smartwatch am Handgelenk des Produktionsplaners, Maschinenbedieners oder Instandhalters. Auf der Smartwatch – auch möglich auf dem Handy oder Tablet – sieht der Mitarbeiter zum Beispiel die Auslastung der Maschinen, ihre Restlaufzeit bis zur Beendigung eines Auftrags und Fehlermeldungen. Und das, egal wo die Maschine auf der Welt steht. Laut Homag soll das unter anderem bei der Selbstorganisation der Mitarbeiter helfen und ihnen zeitliche Freiräume eröffnen.

Seit 2016 bildet Homag ein neues Berufsbild aus, das durch die Digitalisierung entstanden ist: sogenannte Produktionstechnologen. Sie planen industrielle Produktionsprozesse, richten Produktionsanlagen ein, nehmen sie in Betrieb und betreuen Prozessabläufe, wie es in einer Beschreibung der Arbeitsagentur heißt.

  Fischer Durch die Entwicklung zur Industrie 4.0 sind von der Waldachtaler Unternehmensgruppe besonders die Fischertechnik-Konstruktionsbaukästen gefragt. Firmen haben sie für sich entdeckt, um komplexe Maschinenstraßen im Modell nachzubauen und damit komplizierte Vorgänge in der Fabrik der Zukunft vorab begreifbar zu machen. Die Modelle können auch mit dem Computer gesteuert werden. Schon seit längerer Zeit biete die Fischer-Unternehmensgruppe zu diesem Zweck vorgefertigte Industrie-Trainingsmodelle an, zum Beispiel ein automatisches Hochregallager oder eine Sortierstrecke mit Farberkennung, teilt der Vorsitzende der Geschäftsführung, Dirk Schallock, mit.

In der eigenen Produktion setzt Fischer erste Digitalisierungsprojekte im Wareneingang, in der Disposition und im Logistikzentrum um.

  Schmalz Die Firma Schmalz, Spezialist für Vakuumtechnik aus Glatten, stattet die hergestellten Vakuum-Komponenten für Greifsysteme seit 2008 mit Technik aus, durch die sie mit Maschinen kommunizieren können. "Damals musste man noch erklären, wofür das gebraucht werden wird", erinnert sich der Leiter der Bereiche Marketing und E-Commerce, Hendrik Bittenbinder.

Inzwischen sind beispielsweise die Vakuum-Komponenten so intelligent, dass sie technische Probleme voraussehen können und sie melden. Mitarbeiter können dann mit dem Smartphone aufgrund berührungsloser Datenübertragung die Informationen der Vakuum-Komponente auslesen. Insgesamt können Probleme durch die neue Technik laut Bittenbinder früh behoben und Stillstand der Anlage vermieden werden. Das erspare einer Firma nach Schmalz-Berechnungen im Schnitt 300 000 Euro pro Jahr an Stillstandskosten.

Schmalz braucht aufgrund von Industrie 4.0 unter anderem mehr Softwareentwickler und Experten mit Erfahrung in der Steuerungstechnik. Bittenbinder sagt: "Generell ist es eine Herausforderung, gut qualifizierte Leute am Standort zu finden oder Spezialisten zu gewinnen und in die Region zu holen."

In der eigenen Produktion hat Schmalz nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2000 mehr als 30 Projekte mit Bezug zur Digitalisierung umgesetzt. Geräte, die nicht immer laufen müssen, schaltet eine intelligente Steuerung zum Beispiel erst dann zu, wenn es in der firmeneigenen Energieproduktion durch Windräder und Hackschnitzelanlage Stromspitzen gibt. Damit ermögliche die neue Technik eine energieeffizientere Arbeit.