"Die Bürger wollten diese Konstellation": Landtagsabgeordneter Beck. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Landespolitik: Gespräch mit dem CDU-Landtagsabgeordneten über Lust und Last einer Koalition mit den Grünen

Kreis Freudenstadt. Eine Traumhochzeit ist die grün-schwarze Landesregierung für den CDU-Landtagsabgeordneten Norbert Beck nicht, aber er kann einer Zweckhochzeit offenbar auch was abgewinnen. Wir sprachen mit ihm darüber, wie er mit der Konstellation klarkommt.

Herr Beck, Sie sind 2007 Landtagsmitglied geworden. Wenn ihnen damals jemand prophezeit hätte, dass sie dort mal für Grün-Schwarz sitzen, was hätten sie gesagt?

Dass ich damit keine Probleme hätte. Ich war 22 Jahre lang Bürgermeister von Baiersbronn und 20 Jahre im Kreistag und hatte in beiden Gremien viel mit den Grünen zu tun. Da gab es bei manchen Themen durchaus auch Übereinstimmungen. Als Kommunaler war es für mich immer selbstverständlich, mit anderen Parteien konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Ihre persönliche Wunschkonstellation ist Grün-Schwarz aber nicht…

Nein, das war natürlich keine Liebesheirat. Ich persönlich hätte mir auch eine Deutschland-Koalition, also schwarz, rot, gelb mit schwarzem Ministerpräsidenten, vorstellen können. Aber dem haben sich die anderen Parteien ja sehr schnell verweigert. Natürlich haben mir dann auch CDU-Mitglieder aus dem Kreis vorgeworfen, dass sich die CDU den Grünen nicht verweigert hat, aber das hätte den Christdemokraten als Volkspartei nicht gut getan. Die Bürger wollten diese Konstellation, das hat das Wahlergebnis gezeigt, und deshalb müssen wir zusammen an guten Ergebnissen arbeiten. Das ist auch nicht sehr schwer, denn die Chemie mit vielen grünen Landtagskollegen stimmt, und es passt auch bei den meisten Inhalten.

Das hört sich mehr nach "weiter so" als nach "schwarzer Handschrift" an. Ist es zwischenzeitlich egal, wer mit den Grünen regiert?

Nein, nehmen sie zum Beispiel den Bildungsbereich. Da hat jeder seine Schwerpunkte gesetzt…

…aber die CDU konnte sich bei der von ihr geforderten Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjährigem Gymnasium nicht durchsetzen.

Da s ist richtig. Es gefällt mir auch nicht, aber das müssen wir als Kompromiss abhaken. Immerhin konnten wir eine Bestandsgarantie für die 44 G9-Gymnasien im Land aushandeln, also auch für das Kepler-Gymnasium in Freudenstadt. Außerdem haben wir uns bei der Stärkung der Realschulen mit zusätzlichen Poolstunden durchgesetzt. Es war mir wichtig, dass es da eine Angleichung an die besser ausgestatteten Gemeinschaftsschulen gibt und die Eltern Vergleichsmöglichkeiten haben. Unsere drei Gemeinschaftsschulen im Kreis leisten gute Arbeit, aber wir haben gegenüber unseren sieben Realschulen auch eine Verpflichtung. Viele wählen hier trotz Gymnasialempfehlung den Realschulweg, weil wir hervorragende berufliche Gymnasien haben, auf die sie danach wechseln können. Das ist ja auch so etwas wie G9.

Bei welchem Thema, das auch für den Kreis Freudenstadt wichtig ist, konnte die CDU in den Koalitionsverhandlungen punkten?

Ganz klar beim Thema Innere Sicherheit. Die Koalition hat sich darauf geeinigt, dass man die von Innenminister Reinhold Gall seinerzeit durchgepeitschte Polizeireform evaluiert und gegebenenfalls nachbessert. Das ist eindeutig mit schwarzer Tinte geschrieben. Ich habe in der Fraktion in diesem Zusammenhang sofort klar gemacht, dass die Zahl von derzeit zwölf Polizeipräsidien in Baden-Württemberg für mich nicht in Stein gemeißelt ist. Sprich: Wenn die Evaluation ergibt, dass ein weiteres Präsidium gut wäre, werde ich laut einfordern, dass dieses in Pforzheim entsteht und dann für den Nordschwarzwald zuständig ist. Unsere derzeitige Zugehörigkeit zum Polizeipräsidium Tuttlingen finde ich nicht so vorteilhaft. Wir sind in dessen Zuständigkeitsbereich der nördlichste Zipfel und zudem in einem anderen Regierungsbezirk.

Ein Projekt, mit dem Sie sich nie recht anfreunden konnten, ist der Nationalpark Schwarzwald. Der wird jetzt aber mit grüner Tinte eifrig fortgeschrieben.

Ja, da haben sich die Grünen klar durchgesetzt. Und sie haben es auch geschickt geregelt, dass der Park jetzt beim grünen Umweltministerium angesiedelt ist. Aber auch ich habe inzwischen meinen Frieden mit dem Nationalpark gefunden. Das heißt aber nicht, dass ich nicht einzelne Themen weiter kritisch begleite. Beispielsweise die Baukosten für das geplante Besucherzentrum am Ruhestein. Die liegen nach anfänglich 24 Millionen Euro jetzt bei 37 Millionen Euro, weil immer wieder etwas hinzugerechnet werden musste. Ungeschickter hätte das nicht laufen können, damit treibt man Kritiker auf die Palme. Über das Besucherzentrum und andere Dinge, wie den Personaleinsatz im Park und Möglichkeiten, die heimischen Handwerker mehr einzubeziehen, werde ich aber bei einem Treffen der Baiersbronner CDU mit den Parkdirektoren sprechen.

Wäre die CDU beim Nationalpark hart geblieben und hätte die auch von Ihnen immer wieder geforderte Änderung der Kulisse eingefordert, würde es diese Koalition dann überhaupt geben?

Vielleicht nicht. Mein Eindruck ist, dass der Nationalpark dem Ministerpräsidenten so wichtig war, dass er die Formulierungen dazu im Koalitionsvertrag ganz genau gelesen hat. Außerdem hat Winfried Kretschmann sehr deutlich gemacht, dass es keine Änderung der Nationalparkkulisse geben darf. Ich finde es nach wie vor nicht gut, dass der Park zweigeteilt ist. Ein zusammenhängendes und dafür kleineres Gebiet wäre mir lieber gewesen. Aber jetzt haben wir den Park und müssen touristisch und verkehrstechnisch das Beste daraus machen.

Zumindest der Tourismus ist ja jetzt bei Justizminister Guido Wolf wieder in schwarzer Hand. Wo sehen Sie da Gestaltungsspielraum?

Für den Nationalpark muss jetzt zügig ein schlüssiges Tourismuskonzept her. Aber es gibt in diesem Bereich auch genügend andere Aufgaben, die für die Region wichtig sind. Beispielsweise macht die Kombination von Mindestlohn- und Arbeitszeitgesetz unserer heimischen Hotellerie und Gastronomie zu schaffen. Manche Gastronomen haben mir gesagt, dass sie wegen der strengen Arbeitszeitbeschränkung keinen Mittagstisch oder keine Großveranstaltungen mehr anbieten können. Dieses Gesetz ist einfach nicht mehr zeitgemäß, da wäre eine wöchentliche oder monatliche Arbeitszeitenregelung sicher besser.

Sie haben trotz starker Einbußen für die CDU bei der Wahl noch relativ gut abgeschnitten. Was empfehlen Sie ihrer Partei, damit sie aus dem Tief rauskommt?

Wir müssen die Querelen zwischen CDU und CSU beilegen und wieder für Einigkeit in der Union sorgen. Und wir müssen beim Flüchtlingsthema Antworten finden. Dazu gehört für mich vor allem auch die Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer, um den Zustrom zu verringern. Ich beobachte es auch bei uns im Kreis: Die vielen Mitarbeiter und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe leisten hervorragende Arbeit, aber sie stoßen nun oft an ihre Grenzen. Auch auf die Kommunen kommen jetzt bei der Anschlussunterbringung anerkannter Asylbewerber Probleme zu. Glücklicherweise arbeiten hier im Kreis Landratsamt und Gemeinden bei der Wohnungssuche eng zusammen.

 Die Fragen stellte Sylvia Wiegert