BehindertensportSpannender Zweikampf versöhnt Andrea Rothfuss mit dem verpassten zweiten Sieg bei Paralympics in Sotschi

Von Arno Schade

Aufregende Tage liegen hinter der Behinderten Skifahrerin Andrea Rothfuss, die sich mit dem Gewinn der Goldmedaille im Slalom bei den Paralympics in Sotschi ihren sportlichen Traum erfüllt hat. Mit leichter Verspätung ist der Sonderflug mit der deutschen Mannschaft am Montag in Frankfurt eingetroffen, demnächst steht die offizielle Ehrung durch ihre Heimatgemeinde Loßburg an.

Noch etwas müde nach den Reisestrapazen wirkte die 24-Jährige, als sie dem Schwarzwälder Bote gestern nach der Ankunft in ihrem derzeitigen Studienort Innsbruck zu einem Interview zur Verfügung stand.

Zunächst einmal Glückwunsch zum Gewinn der Goldmedaille. Wie hat es sich danach angefühlt, so wie erwartet?

Es war danach alles so cool, aber man kann alles noch gar nicht richtig fassen: die Goldmedaille um den Hals, die deutsche Hymne auf dem Siegerpodest. Es hat sich angefühlt wie im Traum, man muss es erst einmal sacken lassen. Man wird das erst mit einem bestimmten Abstand richtig realisieren können.

Vor dem ersten Sieg bei Paralympics hat es aber zunächst Rückschläge gegeben. Waren daran auch die Verhältnisse schuld?

Die Piste war schon nicht einfach zu fahren. Es war eine problematische Mischung aus hartem Untergrund und weicher Auflage; alles ziemlich schmierig vor allem abseits der Ideallinie.

Einmal der Reihe nach rückblickend, wie ist es in der Abfahrt gelaufen?

Ich bin ja gleich beim ersten Training gestürzt und habe mir eine leichte Nackenverletzung zugezogen. Das zweite Training konnte ich dann aber schon wieder fahren und auch im Rennen habe ich keine Folgen gespürt. Das dritte Training ist wegen des schlechten Wetters ohnehin ausgefallen. Im Rennen war es dann klar ei Fahrfehler von mir. Nach dem Übergang vom ersten Steilhang ins Flache mit einigen Wellen habe ich mich verschätzt, und das war's dann.

Den zweiten Ausfall im Super-G konnte man dann wohl nicht mehr so leicht wegstecken?

Das stimmt. Nach der Abfahrt habe ich eher nach vorne geschaut, aber im Super-G bin ich nicht konsequent genug gefahren und habe mich verunsichern lassen. Es waren dann zwar noch noch drei Rennen zu fahren, der Druck aber wird doch deutlich größer.

Und auch der Bundestrainer hat in dieser Situation deutliche Worte gefunden?

Justus Wolf hat mir vor Augen geführt, dass ich selbst an den ausfällen schuld bin. Er hat mich noch einmal darauf hingewiesen, auf meine eigenen stärken zu vertrauen, konzentriert und konsequent zu fahren.

Was hat dann konkret zum Umschwung geführt?

Ich denke, es war schon sehr wichtig, dass ich auf einer anderen Strecke den Kombinations-Slalom so gut herunter gebracht habe. Der Kopf war danach einfach freier. Eigentlich bin ich kein wirklich großer Fan des Slaloms, aber als Führende vor dem zweiten Durchgang wollte ich einfach alles ausblenden und auf mich selbst konzentrieren. Und dann hat es geklappt.

Wie war die Einstellung vor den letzten beiden Rennen?

Ganz ehrlich, im Riesenslalom hatte ich schon mit einer zweiten Goldmedaille geliebäugelt. Nach dem nur knappen Rückstand bin ich im zweiten Lauf gefühlsmäßig nicht so ins Fahren gekommen. Letztendlich bin ich aber froh, dass ich der Siegerin Marie Bochet einen solch schönen und spanenden Zweikampf bieten konnte. Deshalb fahren wir Ski und das macht den besonderen Spaß aus.

Stichwort Marie Bochet. Wie ist denn das Verhältnis zur vierfachen Paralympicsiegerin und wird es das Duell auch in den nächsten vier Jahren bis zu den nächsten Paralympics in Pyeongchang geben?

Dicke Freundinnen sind wir nicht, aber wir respektieren uns gegenseitig und haben natürlich immer Kontakt bei den Rennen. Zu meinen sportlichen Zukunftsplänen kann ich derzeit nichts Konkretes sagen. Ich muss erst einmal sehen, wie es mit dem Studium und dann beruflich weiter geht.

Mit dem Wohnort Innsbruck und guten persönlichen Kontakten zur WG-Partnerin Claudia Lösch und der ganzen österreichischen Mannschaft. Wie ist denn das Verhältnis nach der Affäre um die zunächst auf Betreiben des Austria-Cheftrainer erfolgte Disqualifikation von Mannschaftskollegin Ana Schaffelhuber?

Die ganze Sache ist ja dann noch gut ausgegangen und ich weiß, dass sie im österreichischen Team selbst für viel Aufsehen und Ärger gesorgt hat. Wir selbst haben beschlossen, es abzuhaken und nicht nachtragend zu sein. Bis zur nächsten Wintersaison wird mit Sicherheit Gras darüber wachsen.

Wie sehen die nächsten Pläne aus?

Am Wochenende stehen noch die deutschen Meisterschaften im Allgäu an; ich habe noch nichts von einer Absage gehört. Ansonsten bin ich derzeit dabei, die ganzen Terminanfragen zu sichten und möglichst zu bündeln, damit ich nicht von Innsbruck aus immer hin und her fahren muss. Leider kann ich am nächsten Dienstag an der Abschlussveranstaltung der Sportlerwahl im Kreis Freudenstadt wegen eines schon länger vereinbarten Termins in Stuttgart nicht teilnehmen. Nach Loßburg will ich möglichst in den nächsten zwei bis drei Wochen kommen.

u Die Fragen stelle Arno Schade