Eine historische Ansicht des früheren Kurhauses Ruhestein. Foto: Sammlung Seiter Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschichte: Die Schwarzwaldhochstraße und ihre prunkvollen Gebäude / Vortrag beim Denkmalverein

Zwei Aktive des Vereins Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße zeigten in Zusammenarbeit mit dem Denkmalverein Freudenstadt die "Edelsteine" und "Perlen" aus vergangenen Hotelglanzzeiten.

Freudenstadt. Nur wenige Menschen dürften wissen oder ahnen, welche baulichen Schätze die Schwarzwaldhochstraße einst und zuvor die schotterig ausgebauten Verbindungssträßchen miteinander verknüpften. Es waren Zeiten, als vom Hotel Kniebis Lamm über Alexanderschanze, Zuflucht, Schliffkopf, Ruhestein und Sand bis fast nach Baden-Baden zur "Bühlerhöhe" ein Kurhaus am anderen die Passhöhen besetzt hielt.

All diese Adressen alten Glanzes und vergangener Größe einmal in historischen Gründerzeit-Ansichten und auch in den schon weniger romantischen Bau-Panoramen etwa der 50er-Jahre, wurden beim Bildervortrag "Die Schwarzwaldhochstraße zu Großvaters Zeiten" vorgestellt.

Ausflugsziel begeisterter Großstädter

Roland Seiter und Marc Zöller vom Verein Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße haben eifrig in Alben und Archiven gestöbert und dabei eine Fülle an Bildmaterial der Siedlungsgeschichte auf exponierter Höhe zutage gefördert. Das meiste dieser Gründungen und Bauprojekte vollzog sich innerhalb von nur ein oder zwei Jahrzehnten, als das Höhengebiet zum Ziel begeisterter Großstädter und internationaler Kurgäste avancierte. Die Schwarzwälder Hotellerie, die auch in Städten wie Freudenstadt einen Boom erlebte, feierte sich zur Jahrhundertwende und zwischen den Weltkriegen mit herrschaftlichen, zum Teil mondänen Bauten auch in den entfernten Toplagen.

Seiter und Zöller sowie der mitveranstaltende Denkmalverein Freudenstadt mussten ein paar technische Probleme durchstehen, ehe die Fotosammlung gezeigt werden konnte. Die knapp 100 Besucher trugen es mit Fassung.

Entschädigt wurden sie nach fast halbstündiger Verspätung mit grandiosen Erinnerungen an eine Zeit, als das Hochstraßengebiet noch eine wahre Prachtmeile war. Etwa beim heute weitgehend authentisch erhaltenen Kurhaus Sand, dem der Verein Kulturerbe sein besonderes Augenmerk schenkt. Seit 25 Jahren leer stehend ist es äußerlich und im Inneren seinem ursprünglichen Charakter treu geblieben. Im berühmten Jagdzimmer scheint die Zeit stillzustehen.

Die Foto-Projektionen erzählten aber auch von der gepflegt-kultivierten Umgebung des Kurhauses, mit Anbau (1901), Gartenterrasse für die Fernsicht und einer parkartigen Hangwiese für die sonnenhungrigen Kurgäste. Weiter ging die Reise nach Herrenwies, wo einst ein weiteres prachtvolles Kurhotel thronte, wie Roland Seiter anmerkte. Das Kurhaus Hundseck und was als jammervoller Rest des früher "riesigen Gebäudekomplexes" heute noch davon übrig ist, beschreibt fast tragödienhaft die Schicksale der herrschaftlichen Hotelbauten in den Kammlagen. Jahrelange Leerstände, Versteigerungen, Übernahmen, nicht vollzogene Projektplanungen – die beiden Vortrags-Autoren boten auch kursorisch Einblick in eine in vielen Teilen untergegangene Hotelbetriebs-Tradition.

Immerhin existieren noch das Hotel Unterstmatt – neuerdings auch von Abbruch- und Neubauplänen umwölkt –, das einstige Sanatorium Breitenbronn, wo sich ein Tierpark ansiedeln will, das Gründer-Häuschen am Seibelseckle, der weniger bekannte Mehliskopfturm, dann als Ausflugsziele und Kleinodien der Herrenwieser- und der Sand-See, die Gertelsbach-Wasserfälle und das ob seiner Aussichtsterrasse legendäre Kurhaus Wiederfelsen.

Etliche Häuser sind von Bildfläche verschwunden

Von der Bildfläche aber verschwunden ist das ausgebombte Hotel Bärenstein unterhalb von Sand oder das Kurhaus Ruhestein, hart an der badisch-württembergische Grenze gelegen, das 1971 nach Verkaufswirren dem Boden gleich gemacht wurde. Das heute fesche Nationalpark-Hotel Schliffkopf hat mit dem vor über 20 Jahren abgebrannten Vorgängerbau aus den 30er-Jahren, dem puristisch-festungsartigen Schliffkopf-Gedächtnishaus, nur noch Ort und Name gemein. Und beim ehemaligen Kurhaus Alexanderschanze erinnert nichts mehr an den weitläufigen Kaffee-Genussgarten, der das illustre Gebäude säumte und sogar in das Grindengebiet jenseits der Straße fortreichte.

Die Kulturerbe-Referenten verstanden es, auf sympathische Weise die vor 100 Jahren baukulturell stark und einzigartig dem Kurideal angenäherte Höhenlandschaft optisch wieder aufleben zu lassen. Allein die Fülle an Material, das auch technische Großtaten wie die Schwarzenbach-Talsperre in zahlreichen Visualisierungen nicht aussparte, ließ andere Aspekte wie die politisch-strategischen Überlegungen zum Bau der Schwarzwaldhochstraße etwas aus dem Blickfeld geraten. Die Referenten wurden mit viel Applaus bedacht.