Gericht: Lieber Gefängnis als Abschiebung / Sieben Monate Haft / Seltsamer Fall

Freudenstadt. Zu sieben Monaten Haft hat das Amtsgericht Freudenstadt einen 21-jährigen Flüchtling aus Afrika verurteilt. Er war zusammen mit einem Komplizen bei einem Busunternehmen eingebrochen.

Der 21-Jährige aus Kamerun wurde des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall schuldig gesprochen. Er war in der Nacht zum Heiligen Abend zusammen mit einem unbekannten Mittäter etwa gegen 0.30 Uhr ins Betriebsgebäude eingestiegen. Die Einbrecher hebelten 18 Spindfächer auf und erbeuteten rund 300 Euro Bargeld sowie Fahrkarten. Laut Videoaufzeichnungen hat der Einbruch nur etwa fünf Minuten gedauert.

Amtsgerichtdirektor Michael Gross gegenüber zeigte sich junge Mann voll geständig. Zur Tatzeit sei er gerade Vater eines drei Monate alten Kindes gewesen, habe bereits "viele Dummheiten" gemacht und sei auch schon im Gefängnis gewesen. Sein Asylantrag sei abgelehnt gewesen, innerhalb von drei Wochen sollte er das Land verlassen. Am Tatabend sei er frustriert gewesen und habe nicht gewusst, wie es weitergehen soll. Die Angst, sein Kind verlassen zu müssen, sei groß gewesen, ließ er übersetzen. "Ich dachte mir, es ist besser, eine Dummheit zu begehen und dafür ins Gefängnis zu wandern, als wieder nach Kamerun abgeschoben zu werden." Dann könne er wenigstens hierbleiben und sehe sein Kind gelegentlich.

Am Tatabend sei er zunächst alleine auf einer Bank gesessen, als ihn ein ihm fremder Mann angesprochen habe. Sie hätten sich eine Weile unterhalten. Dann sei der Mann gegangen, jedoch nach einer halben Stunde wieder mit Handschuhen und Maskierungsmittel gekommen – und mit der Idee, er solle mit ihm eine Straftat begehen, dann könne er in Deutschland bei seinem Kind bleiben. Nur deshalb habe er mitgemacht, gab er zu Protokoll.

Die beiden seien zu Fuß zum Busunternehmen gegangen, wo der Mittäter mit einem Schlüssel die Tür geöffnet habe. Seinen Beuteanteil – 80 Euro – habe er gleich erhalten. Dann hätten sich ihre Wege wieder getrennt. Am anderen Morgen sei er zum Polizeiposten Baiersbronn gegangen, um sich zu stellen. Dieser war jedoch am Heiligabend nicht besetzt. Daraufhin sei er mit dem Bus nach Freudenstadt zum dortigen Polizeirevier gefahren, um die 80 Euro Beute wieder abzugeben und sich selbst anzuzeigen. Dort habe man ihn jedoch weggeschickt und gesagt, er solle am nächsten Tag wieder kommen, wenn die zuständigen Beamten Dienst hätten. Das habe er dann auch gemacht.

Richter: "Unglaublich"

"Unglaublich, wenn das so gewesen ist", erwiderte Richter Gross darauf und vermutete Sprachschwierigkeiten als Grund dafür. Ein Zeuge, der in der Nähe des Tatorts wohnt, hatte den Afrikaner in der Tatnacht vor dem Busunternehmen stehen sehen und konnte ihn eindeutig identifizieren. Der ermittelnde Polizeibeamte informierte das Gericht auch darüber, dass am Spindschrank ein Schaden über 636 Euro entstanden sei. Die Ermittlungen hinsichtlich des zweiten Täters seien bislang erfolglos geblieben, gab er an.

Nach der Beweisaufnahme regte der Richter an, von einer Strafverfolgung wegen Sachbeschädigung an dem Schrank abzusehen. Der 21-Jährige sei im Dezember 2014 im Kreis angekommen. Seither seien drei Eintragungen im Bundeszentralregister zu verzeichnen, sagte Gross. Zur Tatzeit habe er unter Bewährung gestanden und nur "geduldet" gewesen, da sein Asylantrag bereits abgelehnt worden war. Die Staatsanwältin forderte eine neunmonatige Haftstrafe. Die Verteidigung sprach von "äußerst geringer krimineller Energie" und "ungewöhnlichen Beweggründen" für die Tat. Laut Richter drohe dem Afrikaner nach wie vor die Abschiebung.