Der Angeklagte Hussein K. wird in den Gerichtssaal gebracht. Foto: Seeger

Prozess: Pflegevater berichtet von Reiseplänen im vergangenen November.

Freiburg - Wollte sich Hussein K. nach dem Mord an Maria L. (19) in den Iran absetzen? Denkbar ist dies, wie der 61 Jahre alte Pflegevater des jungen Mannes am Dienstag vor dem Freiburger Landgericht aussagte.

Demnach habe K. im November 2016 in den Wochen nach dem Mord und vor seiner Verhaftung den Wunsch geäußert, in den Iran auszureisen, angeblich weil seine Mutter krank gewesen sei. Die Ausreise sei aber an den fehlenden Papieren des jungen Mannes gescheitert, sagte der Zeuge weiter.

Viel mehr zu dem Verbrechen und zur Person des Angeklagten konnte der Mann nicht beitragen. In erster Linie habe sich seine Frau, die bereits vor einer Woche vernommen wurde, um die Aufnahme des jungen Mannes gekümmert. Er selbst habe Hussein K. als "gestandenen jungen Erwachsenen" erlebt, sagte der Kinderarzt. Im Schnitt habe er den Angeklagten zwei oder drei Mal in der Woche zu Gesicht bekommen. Freundlich, distanziert und viel unterwegs sei Hussein K. gewesen. Von seiner Vergangenheit habe der junge Flüchtling nie sprechen wollen, und von einem möglichen Alkohol- und Drogenkonsum habe er selbst nie etwas mitbekommen, erklärte der Zeuge.

Dass Hussein K. viel getrunken hat, schilderte ein weiterer junger Flüchtling aus dem Bekanntenkreis des Angeklagten. Demnach habe K. am Abend vor dem Mord Whisky und Wodka getrunken sowie Hasch geraucht. Andere junge Zeugen aus der Tatnacht haben diesen Sachverhalt bisher in Varianten anders berichtet.

Neben der Aussage des Pflegevaters stand am Dienstag die Vernehmung einer 39 Jahre alten Frau im Fokus, die kurz vor dem Mord an Maria L. in einer Straßenahn eine unangenehme Begegnung mit dem Angeklagten hatte. Hussein K. setzte sich direkt neben sie und musterte sie "aggressiv und obszön", sagte die Zeugin. Sie habe sich "bedrängt und gestört" gefühlt. Die Frau suchte sich in der Tram schnell einen anderen Sitzplatz, weil es ihr ein "schlechtes Gefühl" gemacht habe, neben dem jungen Mann zu sitzen, der offensichtlich "auf der Suche nach einer Frau" gewesen sei.

Weitere Frau entkommt mit dem Taxi

In der Tram war zudem eine aus Südkorea stammende Frau im Blickfeld des Angeklagten. Die Zeugin stieg zusammen mit Hussein K. an der Endhaltestelle in Freiburg-Littenweiler aus und wurde dort von ihm angesprochen. Er habe sie vergewaltigen wollen, sagte K. später – angeblich – gegenüber einem anderen Zeugen in der U-Haft. Die Frau konnte entkommen, indem sie sich ein Taxi nahm. Vor Gericht erschien sie nicht, da sie derzeit im Krankenhaus liegt.

Videoaufzeichnungen aus der Straßenbahn in der Tatnacht zeigen Hussein K. unter anderem beim Ein- und Aussteigen. Einen betrunkenen oder berauschten Eindruck kann man aus den Bildern nicht ableiten. Hussein K. hatte behauptet, die Tat an Maria L. spontan im Vollrausch begangen zu haben. Dass Staatsanwalt Eckart Berger ihm die Spontaneität nicht glaubt, machte er nochmals deutlich. Die Videos belegten eindeutig, dass Hussein K. in der Zeit vor dem Mord intensiv Kontakt zu Frauen gesucht habe, sagte der Ankläger. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.