In den farbenprächtigen Korallengärten um Guadeloupe leben fünf der weltweit sieben registrierten Meeresschildkröten-Arten. Foto: Bernhard

Französische Lebensart, tropische Temperaturen und wildwuchernde Natur: Die Karibikinsel Guadeloupe hat von allem reichlich und ist von Paris nur einen Inlandsflug entfernt.

Fein verästelte Fächerkorallen winken in der Strömung, der sandige Boden versteckt sich unter farbenprächtigen Korallen. Aus dem Gewirr von orangeroten Röhren, lilafarbenen Stängeln und altrosa Trichtern strecken winzige Garnelen ihre Fühler. Eine schwarz-weiße Muräne taucht aus einem Felsloch auf und verschwindet im nächsten. Gelb gestreifte Schnapper und silberne Makrelen ziehen vorbei. 155 Fischarten und 267 verschiedene Schnecken, Muscheln und Kraken und fünf Meeresschildkröten-Arten sind hier zu Hause. Und irgendwo in dieser maritimen Wunderwelt muss auch der Namensgeber des Meeresreservates vor der Westküste von Guadeloupe sein. Da ist er! Commandant Jacques-Yves Cousteau, der französische Tauchpionier, der einem Millionenpublikum die Unterwasserwelt nahebrachte. Unverkennbar, das hagere Gesicht mit der Charakternase, die ewige Strickmütze auf dem Kopf. Doch was ist das? Herrn Cousteau, oder genauer: seiner steinernen Büste, fehlt ein Unterarm samt Hand. Cor de Munnik, Chef der örtlichen Tauchbasis, hat dazu mehrere Theorien: Die zum „Alles okay“-Zeichen geformten Finger seien als obszöne Geste missinterpretiert und deshalb samt Arm entfernt worden. Oder: Eine Schraube aus minderwertigem Stahl habe sich in Rost aufgelöst und der Arm sei abgefallen. Vielleicht hat aber auch einfach ein Bösewicht den Arm geklaut und als Souvenir verscheuert.

Kulturen-Mix auf Guadeloupe

Im tropischen Klima der französischen Antillen treibt nicht nur die Natur tolle Blüten, sondern auch die Fantasie. Kein Wunder, denn auf dem Archipel mischen sich Götter, Geschichten und Traditionen aus Amerika, Afrika, Asien und Europa. Als Erste siedelten die Arawaken aus Venezuela, doch die wurden von den Kariben vertrieben. Dann landete Kolumbus am 3. November 1493 auf den Kleinen Antillen und gab der Inselgruppe ihren Namen: Die kleine Désirade, das Häuflein Îles de Saintes, der Rundling Marie-Galante und die schmetterlingsförmige Hauptinsel Guadeloupe mit ihren zwei grundverschiedenen Flügeln: das flache Grande-Terre, bedeckt von Zuckerrohrfeldern und umrahmt von Bilderbuch-Stränden und das bergige Basse-Terre mit Regenwald und Vulkankegeln. Nach Kolumbus kamen Spanier, Franzosen, Engländer und Holländer. Sie alle ließen Sklaven aus Afrika auf den Zuckerplantagen schuften. Weil viele nach der Abschaffung der Sklaverei ihren Dienst quittierten, holten die französischen Kolonialherren 50 000 Inder für die mühsame Zuckerrohrernte nach Guadeloupe. Dazu mischten sich Franzosen, die von Europa ins tropische Übersee-Departement umsiedelten.

Dieser Kulturen-Mix macht Guadeloupe unverwechselbar. Auf den Speisekarten gesellt sich Colombo-Huhn zu Kabeljaubällchen, dazu gibt es knuspriges Baguette und Kochbanane. Davor, dazu, danach genießt man Rum. Neun Brennereien auf Guadeloupe produzieren das Nationalgetränk und wer alle Sorten verkosten will, braucht viel Urlaub und eine stabile Leber. Das Rum-Museum in Sainte-Rose erzählt die Geschichte des Rums und lädt dann zur Verkostung. Auch einige Destillen bieten Führungen durch ihre Fabrikation, die oft an ein Industriedenkmal erinnert. Doch Vorsicht: Nach der Rum-Probe empfiehlt sich eine schattige Siesta. Oder man macht es auf die harte Tour und schwitzt den Alkohol auf einem der 300 Kilometer Wanderwege wieder aus. Bei gefühlt 99 Prozent Luftfeuchtigkeit und kuscheligen 28 Grad Lufttemperatur geht das ganz schnell.

Erklimmung der Soufrière

Auf den Abend danach sollte man die Rum-Probe beim Sturm auf La Soufrière verschieben. Wer den mit 1467 Metern höchsten Punkt der Insel und bis heute aktiven Vulkan erklimmen will, muss früh raus. Schon um 7.30 Uhr werden die Parkplätze an den vulkanisch geheizten Naturpools, dem Startpunkt, knapp. Erst geht es gemütlich durch den Regenwald, Vogelkonzert und Grünpflanzenschau inklusive. Dann wird die Promenade zum Trampelpfad, Bambus und Farn kommen auf Tuchfühlung heran. Höhenmeter um Höhenmeter führt der Weg hinauf, immer steiler, immer steiniger. Nebelschwaden kühlen empfindlich und die Jacke mutiert vom sinnlosen Ballast zur guten Idee. Noch bevor der Krater ins Blickfeld kommt, riecht man ihn. Schwefeldämpfe beleidigen empfindliche Nasen, in manchen Spalten blubbert giftig-gelber Schlamm. Wie in einer Peepshow geben die Wolken immer wieder einen kurzen Blick frei. Mal auf das Meer mit winzigen Segelschiffen, mal auf die malerischen Städtchen Saint-Claude und Matouba oder auf die spektakulären Carbet-Wasserfälle mitten im grünen Dickicht.

Das Hinab ist ein einziges „Bonjour“, denn nun strebt ein endloser Zug schnaufender Wanderer Richtung Gipfel.Vom Nationalparkbüro führen botanische Lehrpfade durchs grüne Dickicht und zu einem Wasserfall mit Badepool. Im Parc de Mamelles können schwindelfreie Besucher den zoologisch-botanischen Garten auf Hängebrücken unter den Baumwipfeln und hoch über Echsen, Affen und Kolibris durchqueren. Wem hier zu viele Touristen sind, der wählt eine der Touren um und über die wegen ihrer Form „zwei Brüste“ (deux mamelles) genannten Vulkankuppen. Hier ist man allein am Busen der Natur, abgesehen von Vögeln, Insekten und dem sehr anhänglichen Lehmboden. Gut, dass es nirgendwo weit ist zum Meer mit herrlich klarem Wasser, das Mücken, Matsch und Muskelkater ruck, zuck wegspült.

Infos zu Guadeloupe

Guadeloupe

Anreise

Air France und Corsair fliegen ab vielen deutschen Flughäfen via Paris (Flughafenwechsel) in etwa 8 Stunden direkt nach Guadeloupe, www.airfrance.fr, www.corsair.fr, Flug ab 600 Euro.
Von Paris aus fliegt außerdem Air Caraibes nonstop nach Guadeloupe, www.aircaraibes.com

Unterkunft

Flugreisen mit Hotels unterschiedlicher Kategorien vom luxuriösen Resort bis zum kreolischen Holzbungalow haben Dertour (www.dertour.de) und Meiers Weltreisen (www.meiers-weltreisen.de) im Programm.
Pakete aus Flug, Mietwagen und Apartment bietet Tropical Reisen, Tel. 07 11 / 5 05 35 31, www.tropical-reisen.de
Ferienwohnungen und -häuser von privat findet man unkompliziert bei Fewo direkt, www.fewo-direkt.de

Was Sie tun und lassen sollten

Unbedingt kreolische Spezialitäten probieren, auch wenn Blutwürstchen oder Seeschnecken bisher nicht auf Ihrer Favoritenliste standen.
Auf keinen Fall eine Einladung zum Ti-Punch ausschlagen. Der Cocktail aus Limettensaft, braunem Zucker und dem einheimischen Rhum agricole ist Ritual und Lebensart.
Die Schattenseiten des Paradieses kommen zum Sonnenuntergang - Mückenschutz nicht vergessen.

Tauchen

Les Baillantes Tortues Dive Resort, Pointe-Noir, www.lesbaillantestortues.com, bietet Kurse für Anfänger und Bootstouren für zertifizierte Taucher. Der Chef spricht Holländisch, Deutsch, Französisch, Englisch und Türkisch.

Allgemeine Informationen

Tourismusverband Guadeloupe, Tel. 07 11 / 5 05 35 11, www.lesilesdeguadeloupe.com, www.guadeloupe-parcnational.fr