Gerdi Stoll spricht beim Frauenfrühstück
Von Mathias Leinemann
Fluorn-Winzeln. Im Rahmen der Glaubenswoche "Intermezzo" fand am Samstag im evangelischen Gemeindehaus Fluorn das traditionelle Frühstück statt. Mit einem Unterschied: Dieses Mal waren auch die Männer zum sonst nur den Frauen vorbehaltenen Frühstück eingeladen.
Referentin war Gerdi Stoll aus Mötzingen mit dem Thema "Wenn der Zeitgeist fesselt". Dabei merkte Gerdi Stoll an, dass man zwar größere Häuser, aber kleinere Familien, dass man Bequemlichkeiten, aber weniger Zeit, dass man mehr Wissen, aber weniger Urteilsvermögen habe. Außerdem fahre man zu schnell, rauche zuviel, rege sich zu schnell auf und bete zu selten. Doch seien wir alle Kinder unserer Zeit.
Menschen leben heute in Spannungsfeldern
Gerade der Zeitgeist stand im Mittelpunkt des Referats: Wellness, Bio-Lifestyle und Anti-Aging suggerierten uns falsche Werte, wusste Gerdi Stoll zu vermitteln. "Zeitgeister" zeigten manchmal auf, dass wir als Gesellschaft "verrückt" seien, wenn Geld, Gier, Gewinn und Macht sowie Selbstverwirklichung unsere Antreiber seien. Stoll verwies in diesem Zusammenhang auf den Schönheitswahn, der in Magersucht enden kann. Das "Ver-rückt-Sein" zeige sich auch am Klimawandel und der Finanzkrise. "Ver-rückt" sei auch die Denkweise über Ehe, Familie und Kind.
Gerdi Stoll merkte ferner an, dass man heute in Spannung lebe: Man verzweifle am Arbeitsplatz, was zu Depressionen führe. Superlative prägen unser Denken – ständige Erreichbarkeit, das Muss des Vernetztseins, immer besser, schneller, optimaler und mobiler. Perfektionismus und Arbeitssucht treiben den Menschen dabei exzessiv an, so Stoll.
Schwächen gestehe man sich nur selten ein, die Fähigkeit nein zu sagen, komme mitunter ganz abhanden. Mark Twain wurde zitiert: "Je mehr die Menschen das Ziel aus den Augen verloren, umso mehr verdoppelten sie ihre Anstrengungen." Wohin strenge man sich an? Was tun bei Bedrohung des eigenen Lebens durch Stürme? Woher nehmen wir die Kraft, nicht zu zerbrechen, fragte Stoll rhetorisch. Gott habe schließlich einen Ruhetag geschenkt, den man auch annehmen solle.
Dabei sei die Sehnsucht nach Geborgenheit und Verbindlichkeit, nach Vertrauen und Liebe sehr wohl vorhanden, doch fehlen Vorbilder, und die Mobilität zerstört gesunde, lebenswichtige Beziehungen. Es brauche Mut, sich von diesen Zeitgeistern zu distanzieren.
Ulrike Gubler dankte der Referentin für ihre Worte. Das Akkordeon-Orchester Fluorn-Winzeln rundete den Morgen musikalisch ab.