Sebastian Unger ist froh über die vielen Erfahrungen, die er während seines Bundesfreiwilligendienstes in der Bruderhaus-Diakonie sammeln darf. Foto: Wolf Foto: Schwarzwälder-Bote

Porträt: Sebastian Unger absolviert Bundesfreiwilligendienst in der Bruderhaus-Diakonie / Am Anfang "völlig falsches Bild" gehabt

Von Peter Wolf

Seit die Wehrpflicht im Jahr 2011 abgeschafft wurde, können junge Menschen nach ihrer Schulzeit einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) absolvieren. Sebastian Unger ist einer von ihnen. Seit Herbst 2015 ist er bei der Bruderhaus-Diakonie tätig.

Fluorn-Winzeln. Er sitzt ruhig da, wirkt aber doch etwas angespannt. Für den 18-jährigen Sebastian Unger ist es das erste Pressegespräch in seinem Leben. "Ja ich bin schon ein wenig aufgeregt", räumt er freimütig ein.

Wenn er aber über seine Tätigkeit im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes bei der Bruderhaus-Diakonie in Fluorn, seine Erfahrungen in der Begegnung im Umgang mit behinderten Menschen spricht, ist es ihm anzumerken, dass er Freude an seiner Arbeit hat, dass er gerne Verantwortung für Menschen mit einem Handicap übernimmt. So ist er auch überzeugt, dass ihn diese Zeit menschlich vorangebracht und gefestigt hat. "Mir haben diese Menschen hier im Bruderhaus sehr viel zurückgegeben. Diese Erfahrungen werden mir sicher auch bei meinem Studium an der dualen Hochschule Horb und bei Arburg in Loßburg helfen."

Als der junge Dornhaner am Albeck-Gymnasium in Sulz sein Abitur gemacht hatte, war er gerade 17 Jahre alt. "Ich hatte mich schon zuvor für das Studium beworben, was ich jetzt machen will, aber ich war doch noch sehr jung." So galt es, ein Jahr zu überbrücken. "Ich kenne einige, die bei der Bruderhaus-Diakonie tätig sind, und habe mich erkundigt, ob es möglich ist, hier ein Jahr im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes zu arbeiten."

Und es war möglich. Seit dem Herbst vergangenen Jahres betreut Unger zusammen immer mit einer Fachkraft der Bruderhaus-Diakonie eine Gruppe im Förder- und Betreuungsbereich, der jetzt im Neubau untergebracht ist. "Ich bin doch mit einem völlig falschen Bild von Menschen mit Behinderung hierher gekommen. Ich sehe nun aber, wie viel Spaß diese Menschen am Leben haben."

Am Anfang tat sich der 18-Jährige aber doch recht schwer, sich auf die von ihm zu betreuenden Menschen einzulassen. "Es dauerte rund einen Monat, bis ich erkannte, dass man mit den Bewohnern ganz normal umgehen kann und muss, dass man sie nicht als etwas Besonderes, Außergewöhnliches ansieht", betont Unger. Diese Erfahrung sei für ihn sehr prägend gewesen.

Martina Mäder, Teamleiterin und Mentorin, bescheinigt dem jungen Mann eine besonders hohe Flexibilität. "Er ist überall einzusetzen. Er nützt die Freiheiten, welche die Mitarbeiter im Förder- und Betreuungsbereich im Umgang mit den behinderten Menschen haben, sehr gut", unterstreicht Mäder. Der Förder- und Betreuungsbereich sei relativ strukturiert. Es gebe aber doch immer wieder Abweichungen und Besonderheiten abseits dieser Strukturen. "Und da fällt es Sebastian Unger nicht schwer, den Übergang zwischen den Strukturen und den Besonderheiten zu gestalten. Wir haben auch alle den Eindruck gewonnen, dass er motiviert und mit Freude bei der Sache ist. Er ist bereit, etwas Neues anzupacken, sich an Ungewohntes zu wagen."

Nicht zuletzt deshalb betrachtet Sebastian Unger das Jahr bei der Bruderhaus-Diakonie als gute Schule für den Beruf, das Leben ganz allgemein. "Auch wenn man einen Plan hat, muss man gegebenenfalls abweichen beziehungsweise den Plan entsprechend anpassen können." Als seine größte Schwäche sieht Unger seine Schüchternheit an. "Ich glaube aber, dass ich hier wesentlich offener geworden bin und leichter auf Menschen zugehe als zuvor."

Nach den positiven Erfahrungen und den wertvollen Begegnungen mit den Bewohnern könne er auch nachvollziehen, wenn jemand nach dem Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise einem Freiwilligen Sozialen Jahr bei der Bruderhaus-Diakonie eine Ausbildung anstrebe. "Ich hatte aber schon immer ein Faible für das Technische. Daher habe ich mich für das duale Studium entschieden. Dabei wird es unter anderem um die Software-Entwicklung für Maschinen-Steuerungen gehen", sagt Unger.

Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist ein Angebot an Frauen und Männer jeden Alters, sich außerhalb von Beruf und Schule für das Allgemeinwohl zu engagieren – im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich oder im Bereich des Sports, der Integration sowie im Zivil- und Katastrophenschutz. In der Regel dauert der Bundesfreiwilligendienst zwölf Monate, mindestens jedoch sechs und höchstens 18 Monate. In Ausnahmefällen kann er bis zu 24 Monate geleistet werden. Im Bundesfreiwilligendienst kann sich jeder engagieren, der die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat.