In der Ukraine werden die Toten des Flugzeugabsturzes mit einem Zug abtransportiert. Foto: dpa

Die Überreste der meisten Todesopfer des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine sind am Dienstag mit einem Sonderzug in der Ostukraine eingetroffen. Derweil wurden noch keine schärferen Sanktionen gegen Russland verhängt.

Die Überreste der meisten Todesopfer des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine sind am Dienstag mit einem Sonderzug in der Ostukraine eingetroffen. Derweil wurden noch keine schärferen Sanktionen gegen Russland verhängt.

Kiew/Charkow/Brüssel - Fünf Tage nach dem Absturz der malaysischen Passagiermaschine in der Ostukraine sind die meisten Todesopfer aus dem Konfliktgebiet gebracht worden.

Ein Sonderzug mit den sterblichen Überresten der Opfer traf am Dienstag in der Großstadt Charkow ein. Die Führung in Kiew beschloss unterdessen eine Teilmobilmachung, um den militärischen Druck auf die prorussischen Separatisten im Osten erhöhen. Die Außenminister der Europäischen Union warfen bei einem Treffen in Brüssel Moskau am Dienstag eine Mitschuld am mutmaßlichen Abschuss des Zivilflugzeugs vor. Sie verhängten aber noch keine schärferen Sanktionen.

"Identifizierung geht in den Niederlanden viel schneller"

Die Absturzopfer in einem Zug aus Kühlwaggons sollten in Charkow an internationale Spezialisten übergeben werden. Die Identifizierung wird von den Niederlanden koordiniert, die 193 der insgesamt 298 Todesopfer zu beklagen haben. Entgegen ersten Planungen richten sich die Niederlande darauf ein, die Toten möglichst schnell auszufliegen. Dazu steht nach Angaben in Den Haag ein Militärflieger vom Typ Hercules bereit. "Die Identifizierung geht in den Niederlanden viel schneller", hatte Ministerpräsident Mark Rutte im Parlament in Den Haag erklärt. Der Zug war am Montagabend in der Stadt Tores nahe der Absturzstelle abgefahren.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko begründete die Teilmobilmachung damit, dass die nationale Unabhängigkeit gesichert werden müsse. Das Parlament in Kiew, die Oberste Rada, bestätigte am Dienstag seinen Erlass. Die Teilmobilmachung bedeutet, dass Reservisten und Männer im wehrdienstfähigen Alter einberufen werden. In Kiew wurde allerdings nicht erwartet, dass tatsächlich viel mehr Männer zum Militär gehen werden.

Putin beruft Sicherheitsrat ein

Mit zusätzlichen Kräften will Poroschenko härter gegen die Separatisten in der Ostukraine vorgehen. Die ukrainische Armee steht im Ruf, schlecht mit Personal, Nahrung und Technik ausgestattet zu sein.

Die prorussischen Kräfte wollen eine Abspaltung der Gebiete Donezk und Lugansk erreichen. In Moskau sollte am Nachmittag der Sicherheitsrat unter Führung von Präsident Wladimir Putin zusammenkommen. Auch dabei sollte es um die Ostukraine gehen.

Die Außenminister der EU berieten zum ersten Mal seit dem Absturz des malaysischen Flugzeugs. Nach westlichen Vermutungen wurde die Flug MH17 von prorussischen Separatisten mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Moskau wird für das Verhalten der Separatisten verantwortlich gemacht. Nach den Worten der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton ging es darum, den EU-Botschaftern Anweisungen für die weitere Ausarbeitung verschärfter Sanktionen gegen Russland zu geben. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten am 16. Juli beschlossen, bis Ende des Monats auch russische Firmen und Geldgeber der Separatisten auf eine schwarze Liste der EU zu setzen.

Separatisten bestreiten weiter, das Flugzeug abgeschossen zu haben

In der Nacht zum Dienstag übergaben die Separatisten in Donezk die Flugschreiber der Boeing 777-200 an eine Delegation aus Malaysia. Der malaysische Ministerpräsident Najib Razak hatte am Vortag von einer Übereinkunft mit dem ostukrainischen Separatistenführer Alexander Borodaj berichtet. Borodaj sagte bei der Übergabe der Blackboxes, sie würden "die Wahrheit enthüllen". Er bestritt, dass die Separatisten das Flugzeug abgeschossen hätten. "Wir haben nicht die technische Fähigkeit, dieses Flugzeug zu zerstören."

Ebenfalls in der Nacht forderte der UN-Sicherheitsrat per Resolution eine unabhängige Untersuchung des mutmaßlichen Abschusses von Flug MH17. Alle 15 Mitglieder des Gremiums - dazu gehört auch Russland - stimmten bei einer kurzfristig einberufenen Sitzung am Montag in New York zu. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO solle bei der Untersuchung eine "zentrale Rolle" spielen. Experten der ICAO arbeiten bereits in der Ukraine.

Russland hatte am Montag Aufklärung über die Rolle der ukrainischen Armee bei der Katastrophe gefordert. Ein ukrainischer Abfangjäger habe sich der Zivilmaschine genähert, sagte ein Vertreter des Generalstabs in Moskau. In Warschau berieten am Dienstag die Präsidenten der ostmitteleuropäischen und baltischen Staaten in Warschau bei einem regionalen Sicherheitsgipfel über die Ukraine.