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Über den Wolken ist nicht nur die Freiheit grenzenlos, sondern manchmal auch der Lärm. Von 2014 an sollen die Gebühren für Krachmacher am Flughafen Stuttgart deutlich steigen.

Stuttgart - Rund 11 000 Menschen, die rund um den Landesflughafen leben, sind ganz besonders vom Lärm der startenden und landenden Maschinen betroffen. Weil Lärm krank macht, versuchen alle Airports, die Fluggesellschaften mit auch lärmabhängigen Start- und Landegebühren zum Kauf leiserer Flugzeuge zu bewegen. Der Druck auf die Airlines soll mit den neuen Gebühren ab 2014 verstärkt werden. Das Verkehrsministerium hat sie am Dienstag genehmigt.

Die neue, stärker gespreizte Entgeltordnung wird aber auch nötig, weil bei der alten Regelung inzwischen über 90 Prozent der Flugzeuge in die beiden schallärmsten Kategorien fallen. Das aus dem Jahr 2006 stammende Regelwerk hat damit stark an Wirkung eingebüßt. Es sei ein wichtiges Anliegen der Landesregierung, die Menschen vor Fluglärm zu schützen, sagte Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) am Dienstag. Die neue Struktur der Flughafenentgelte helfe dabei, weil sie wirtschaftliche Anreize für einen leiseren und nachhaltigeren Flugbetrieb setzte.

Stuttgart steht mit der Neuregelung nicht allein und im Wettbewerb. Frankfurt erhöhte 2013 und differenzierte stärker. Über die neuen Gebühren sei mit den Fluggesellschaften gesprochen worden, sagt Flughafen-Sprecherin Beate Schleicher.

Bis 2002 wurden die Entgelte in Stuttgart anhand der Lärmzulassungswerte der Maschinen erhoben, seitdem ist der durchschnittliche Überflugpegel maßgebend. Er wird an bis zu sieben Messpunkten zwischen Steinenbronn und Denkendorf sowie Scharnhausen und Bernhausen erfasst. Den höchsten Dauerschallpegel müssen die Einwohner in Bernhausen mit 59,8 Dezibel verkraften. 50 bis 60 Dezibel gelten als Wert, die eine normale Unterhaltung erreicht, 60 Dezibel schafft aber auch ein Kleinflugzeug wie die DA 20 Katana beim Überflug in 300 Meter seitlicher Entfernung. Ein Airbus A 320 erreicht in gleicher Entfernung bereits 85 Dezibel. Er ist damit so laut, wie wenn man nur zehn Meter von einer Hauptverkehrsstraße entfernt stehen würde. Am häufigsten anzutreffen ist in Stuttgart das Airbus-Schwestermodell A 319 mit rund 150 Sitzplätzen und rund 70 Tonnen Startgewicht.

Das Gewicht eines Flugzeuges bestimmt die Start- und Landegebühr mit bisher rund 60 Prozent. Künftig werden es nur noch 40 Prozent sein. Dafür steigt die Bewertung des Lärms von rund 40 auf rund 60 Prozent an. „So setzen wir einen langfristigen Anreiz“, sagt Sprecherin Beate Schleicher. In der Summe werde der Flughafen nicht mehr einnehmen. Bei den 55 Fluggesellschaften kann es aber Gewinner und Verlierer geben.

Die neuen zwölf statt sechs Kategorien reichen von kleiner 76,9 Dezibel (Kategorie 1) bis 93 Dezibel (Beginn der Kategorie 12). Die unterschiedlichen Lärmkategorien von Flugzeugen „sind durchaus hörbar“, heißt es im Ministerium. Die Spannweite der Gebühr reicht künftig von 25 Euro bis 1 400 Euro pro Landung und pro Start. Die meisten Flugbewegungen fallen laut Ministerium in Stuttgart auf die Kategorie 5 (120 Euro). Zu dieser Gruppe zählt zum Beispiel der Airbus A 319. Er kostete die Fluggesellschaft bisher 69 Euro lärm- und 129 Euro gewichtsabhängiges Entgelt. Für das Gewicht werden künftig 70 Euro angesetzt.

Nach der zweitlautesten alten Kategorie waren 330 Euro zu bezahlen, künftig sind es aber 900 Euro. Darunter fallen allerdings die Oldtimer der Lüfte, Typen wie die DC 9, DC 10 oder Tu 154. In die lauteste Kategorie fielen am Landesflughafen 2012 nur 30 Flugzeuge, die nicht im Liniendienst unterwegs sind.

Erstmals führt der Flughafen Stuttgart 2014 ein Schadstoffentgelt ein. Diese neue Abgabe ist abhängig von einer Kombination Triebwerk/Flugzeug und macht bei der A 319 zum Beispiel 30 Euro aus. Auch für die zehn Tonnen schwerere, beim Thema Lärm deutlich teurerer Boeing 737-800 (180 Euro Lärmentgelt) werden 30 Euro für Stickoxide und Kohlenwasserstoffe aufgerufen.