Südwest-Integrationsministerin Bilkay Öney hat sich zuversichtlich zur Flüchtlingshilfe im kommenden Jahr geäußert. Foto: dpa

Alles rosig? Zwar ist 2014 an wichtigen Stellschrauben für eine bessere Flüchtlingspolitik in Baden-Württemberg gedreht worden. Doch hier und da hapert es noch. Südwest-Integrationsministerin Öney blickt zuversichtlich in die Zukunft.

Stuttgart - Unterkünfte, Geld und Gesundheit - aber auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt und eine bessere Willkommenskultur: Das sind aus Expertensicht die Schwerpunkte für die Flüchtlingspolitik 2015 im Südwesten. Neben alten Problemen geht es um Möglichkeiten, die der mit Zustimmung Baden-Württembergs geschlossene Asylkompromiss eröffnet. Offene Fragen sind zudem, ob das Thema im Landtagswahlkampf missbraucht wird und die Stimmung in der Bevölkerung kippen könnte.

„Die Flüchtlingszahlen werden uns wahrscheinlich auf hohem Niveau begleiten“, sagte Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Im zu Ende gehenden Jahr werden es laut Prognose rund 26 000 neue Asylsuchende sein.

Bei den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) sei Baden-Württemberg „ein gutes Stück weitergekommen“, sagte sie mit Blick auf die Eröffnung in Meßstetten (Zollernalbkreis) und einen Gemeinderatsbeschluss in Ellwangen (Ostalbkreis). Die bis Herbst 2014 einzige LEA in Karlsruhe war zwischenzeitlich mit der Aufnahme neuer Flüchtlinge überfordert. Nun sagte Öney: „Ich bin zuversichtlich, dass wir das Problem lösen können.“ Der Präsident des Landkreistages, Joachim Walter (CDU), mahnte dennoch auch hier Tempo an. Zudem müsse geklärt werden, ob Gemeinden und Kreise mit einer LEA wie bisher vollständig von der anschließenden Unterbringung der Asylsuchenden befreit werden könnten.

Ebenso drang er darauf, die Finanzausstattung der Kommunen bald zu klären. Die Landkreise hatten im Herbst erklärt, 2015 auf 81 Millionen Euro sitzen zu bleiben, weil das Land pro Flüchtling nur einen Pauschalbetrag erstattet. Insbesondere der Unterhalt für Wohnraum variiere aber sehr stark, sagte Walter. Öney erklärte dazu: „Die Zahlen werden auf Plausibilität überprüft.“ In der Arbeitsgruppe sei auch der Rechnungshof vertreten. Wie viel die Kreise kriegen, werde dann auch mit dem Finanzministerium verhandelt.

Walter erinnerte zudem an das Vorhaben, eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge einzuführen. „Das wäre eine echte Entbürokratisierung.“ Bei der Methode könnte die Krankenkassen die Kosten direkt mit dem Land abrechnen, statt mit allen Kommunen einzeln sprechen zu müssen.

Der Asylkompromiss ermögliche den Betroffenen darüber hinaus einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt. Hier will der Landkreistag mit der Landesregierung und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit ansetzen. In Modellprojekten sollen Flüchtlinge sprachlich und beruflich so weiterqualifiziert werden, dass ihre Chancen auf einen Job steigen und sie im Betrieb sofort „durchstarten können“.

CDU-Integrationsexperte Bernhard Lasotta hat zugleich ehrenamtliche Arbeitsmöglichkeiten im Blick. „Wichtig ist, den Menschen einen Einstieg in die Gesellschaft zu erleichtern.“ Dazu müsse auch das Angebot an Sprachkursen aufgestockt werden. Der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg stieß ins gleiche Horn: „Wir dürfen nicht den Fehler begehen, die Migrationsbemühungen hintenanzustellen“, warnte Vorstandsmitglied Rino Iervolino.

Bestimmt das Flüchtlingsthema auch den Wahlkampf?

Walter und Lasotta betonten aber auch, dass das Land zügig diejenigen abschieben sollte, die kein Recht auf Asyl in Deutschland haben. Nur dann könne der vorhandene Platz für die wirklich Schutzbedürftigen etwa aus Syrien genutzt werden. Jedoch würden nur sechs bis acht Prozent der Abzuschiebenden auch abgeschoben, sagte Lasotta.

Er sprach sich außerdem für mehr Personal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus, um Asylanträge schneller bearbeiten zu können. Der Bund hat für die Flüchtlingspolitik allgemein je 500 Millionen Euro für die kommenden beiden Jahre in Aussicht gestellt. „Die Summen sind nicht astronomisch hoch und wir hätten uns eine strukturelle Verbesserung gewünscht, statt einer einmaligen Zahlung“, sagte Ministerin Öney. Aber das sei besser als nichts.

Inwiefern das Flüchtlingsthema den Wahlkampf bestimmen könnte, lässt sich noch nicht abschätzen. Zwar wolle es etwa die CDU aus der scharfen Konfrontation rausnehmen, sagte Lasotta. „In der Sache wird es aber immer Kritik geben.“ Wie Öney sieht er jedoch keine Gefahr, dass die gute Stimmung in der hilfsbereiten Bevölkerung kippen und rechte Parteien wie Anfang der 1990er Jahre Zulauf bekommen könnten.

Landkreistagschef Walter sagte: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Ängste nicht greifen.“ Eine gute Sozialbetreuung und Aufklärung seien wichtig. Mit Blick auf Notquartiere etwa in Turnhallen, die sonst von Vereinen genutzt werden, mahnte Iervolino: „Das darf nicht zu einem Dauerprovisorium werden.“ Noch hätten viele Menschen Verständnis. „Aber nach Weihnachten könnte es mit der Nächstenliebe vorbei sein.“