Mit Romantik hat das Fischen am Bodensee nicht viel zu tun Foto: dpa

Dass der Bodensee zu nährstoffarm sei, beklagen die Fischer schon seit Jahren. Doch jetzt machen sie länderübergreifend mobil und fordern in einer Petition an alle Umweltminister eine „moderate Erhöhung“ des Phosphatgehalts.

Kreuzlingen - Die rund 100 Berufsfischer rund um den Bodensee wollen sich nicht länger mit sinkenden Fangerträgen abfinden, sondern verlangen nun länderübergreifend Hilfe von der Politik. Im schweizerischen Kreuzlingen forderten Vertreter von Fischereiverbänden aus Österreich, der Schweiz und Deutschland, die Reinigung des Wassers moderat einzuschränken, damit die Fische mehr Nahrung erhalten.

„Es ist das erste Mal, dass wir in so großem Stil an die Öffentlichkeit gehen“, sagte Reto Leuch, der Präsident des Schweizer Berufsfischerverbands am Bodensee, unserer Zeitung. Das Problem der sinkenden Erträge stelle sich nicht nur am Bodensee, sondern auch an anderen großen Alpengewässern wie etwa dem Vierwaldstätter See. Es sei deshalb an der Zeit, die Öffentlichkeit aufzurütteln.

Als Ursache für den Rückgang der Nährstoffe gelten die Kläranlagen, die die Phosphate zu 98 Prozent aus den Zuläufen herausfiltern. Es gehe nicht darum, diese abzuschalten, betonte Martin Meichle, der Chef des Verbands Badischer Berufsfischer am Bodensee, aber man müsse die Anlagen so einstellen, dass sie etwas weniger Phosphat beseitigen.

Zehn bis 15 Mikrogramm pro Liter seien vertretbar für den Bodensee, glauben die Fischer. Derzeit beträgt der Wert lediglich rund sechs Mikrogramm. Noch zu Beginn der 80-er Jahre lag er bei mehr als 80 Mikrogramm. Das Phosphat stammt vor allem von Dünge- und Waschmitteln und fördert das Wachstum von Algen. Das aber führt nach Erkenntnis der Wissenschaft dazu, dass der Sauerstoffgehalt in größeren Seetiefen abnimmt. Das Institut für Seenforschung in Langenargen – eine Einrichtung des Landes – sieht deshalb den Rückgang des Phosphats als durchweg positiv an.

Die Kehrseite ist jedoch, dass der niedrige Nährstoffgehalt die Nahrung für die Fische begrenzt und diese langsamer wachsen lässt. Vor rund 30 Jahren habe ein Bodenseefelchen mit drei Jahren rund 500 Gramm gewogen, sagen die Fischer, heute benötige er vier Jahre für 300 Gramm. So seien die Fangerträge kontinuierlich zurückgegangen.

„Wir hungern den Bodensee aus“, sagt Reto Leuch und warnt davor, dass sein Berufsstand unter den aktuellen Verhältnissen am See ausstirbt. Die Politik müsse den Kurs überdenken, auch noch den letzten Rest von Phosphat aus dem Wasser herauszufiltern. Dass mehr Phosphat dem Trinkwasser schadet, glauben die Fischer nicht. Auch in Zeiten mit hohen Werten sei das Wasser in Ordnung gewesen.

Mit dem Motto „Der Bodensee. Ein Juwel hungert“ wollen die Berufsfischer nun nicht nur die Öffentlichkeit für ihre Sache gewinnen, sondern auch Druck auf die Politiker ausüben. In einer Online-Petition an die Umweltminister der Bodenseeanrainer heißt es unter anderem: „Um den Fischbedarf unserer Region zu decken, müssen Hunderte Tonnen Speisefisch aus aller Herren Länder an den Bodensee transportiert werden. Eine nachhaltige Umweltpolitik sieht anders aus.“

Die Petition ist auch an den baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) adressiert – doch der sieht keinen Anlass, seine bisherige Linie zu ändern. Die Fischer könnten „doch nicht ernsthaft erwarten, dass wir die Qualität des Bodenseewassers mutwillig verschlechtern, nachdem wir es in jahrelangen Anstrengungen endlich geschafft haben, den See annähernd zu dem zu machen, was er von Natur aus ist: ein Voralpensee mit dem entsprechenden Nährstoffgehalt“, kommentierte er den Vorstoß. Man könne aber darüber reden, den „Strukturwandel“ abzufedern.

Der FDP-Abgeordnete Friedrich Bullinger hält dies für eine ideologische Haltung: „Ein See ohne Nährstoffe ist ein totes Gewässer.“ Die Tourismusregion drohe eine Attraktion zu verlieren. Doch auch die Schweizer Politik zeigt bisher wenig Neigung, den Berufsfischern zu helfen. „Das wird noch ein langer Weg“, glaubt Verbandschef Leuch.

Die Naturschutzverbände weisen das Ansinnen der Fischer ohnehin entschieden zurück: „Das ist eine Posse, offenbar hat die Fasnacht am Bodensee schon wieder angefangen“, sagte Nabu-Landeschef André Baumann. Der Bodensee sei keine Fischzuchtanlage und auch kein Kartoffelacker, den man düngen könne. Als wirtschaftlich wichtigster Fisch gilt der Felchen. Aber auch der Barsch oder Kretzer, in der Schweiz Egli genannt, geht den Fischern noch ins Netz. Daneben werden Seeforellen, Hechte, Saiblinge und Aale gefangen.