Frau stirbt bei nächtlichem Brand in der Franziskanergasse in Esslingen Foto: SDMG

Für einen 53 Jahre alten Mieter kommt jede Hilfe zu spät. Die Polizei geht von einem Unglück aus. Das schnelle Eingreifen der Feuerwehr verhindert ein Übergreifen der Flammen auf die traditionsreiche Weinstube Kleine Traube im Erdgeschoss.

Esslingen - Vor dem Haus in der Franziskanergasse in der historischen Esslinger Innenstadt steht am Donnerstagmorgen ein Einsatzwagen der Polizei. Durch die rußgeschwärzten Fensteröffnungen im ersten Obergeschoss ist immer mal wieder kurz ein Ermittler im weißen Schutzanzug mit der Rückenaufschrift „Polizei“ zu sehen. Die Männer von der Spurensicherung suchen in der ausgebrannten Wohnung nach Hinweisen, die Aufschluss über die Brandursache geben könnten. Am frühen Nachmittag steht immerhin fest: das Feuer, das kurz nach Mitternacht einen 53-Jährigen das Leben gekostet hatte, muss im Bereich des Betts des Mannes ausgebrochen sein. Die Brandursache steht noch nicht fest, doch die Polizei geht nach dem bisherigen Ermittlungsstand von einem Unglück aus.

Im Erdgeschoss läuft der Gaststättenbetrieb weiter. Dort, in der Küche der Esslinger Traditionsgaststätte Kleine Traube, ist bis vor wenigen Wochen auch noch der Arbeitsplatz des Mannes gewesen, der jetzt auf schreckliche Weise ums Leben kam. Mit dem Pächterwechsel hat er seinen Job jedoch verloren. Seinen Halt, so sagen die Stammgäste des Lokals, hatte er da schon lange verloren. Auch die Wohnung ist ihm gekündigt worden. Eigentlich hätte er schon im Januar eine neue Bleibe suchen sollen – die letzte, mehrmals verlängerte Frist, wäre Anfang April abgelaufen.

„Wir haben ihn nicht mehr erreicht“, sagt Hildegard Hoffmann, die Eigentümerin des Hauses, noch unter dem Eindruck des nächtlichen Geschehens. Sie meint das sowohl im übertragenen Sinn, als auch tatsächlich. Mehrmals habe sie seit Anfang des Jahres versucht, den 53-Jährigen dazu zu bewegen, seine Wohnungstüre zu öffnen, sagt die Vermieterin. Dies sollte für den Mieter schreckliche Folgen mit sich bringen. „Wir wollten, wie in den anderen vier Wohnungen des Hauses und im Treppenhaus auch, einen Rauchmelder einbauen.“

Möglicherweise ist es der Rauchmelder im Treppenhaus gewesen, der den anderen Bewohnern des denkmalgeschützten Hauses das Leben gerettet hat. Thorsten „Toni“ Obergfell, der die Weinstube seit dem 3. Januar führt, war noch in der Wirtsstube, als das Gerät Alarm schlägt. Auch sein Koch hatte die Alarmsignale gehört. „Wir haben den Feuerlöscher geschnappt, sind die Treppe hochgegangen und haben an allen Wohnungen geklopft“, sagt Obergfell. Die meisten Bewohner seien ihnen schon an der Türe entgegengekommen. Ihr Versuch, die Türe der brennenden Wohnung einzutreten, scheiterte. „Zum Glück“, sagt Oliver Knörzer, der Amtsleiter der Esslinger Feuerwehr. Wäre die Türe aufgesprungen, hätten sich die tödlichen Rauchschwaden in Sekundenschnelle über den Flur nach oben verbreitet.

Als die Feuerwehr nur fünf Minuten nach der Alarmierung am Brandort eintrifft, stehen alle Bewohner des Hauses auf der Straße. Nur der 53-Jährige fehlt. „Unsere Einsatzkräfte haben schon auf der Anfahrt gewusst, dass in dem Haus noch eine Person vermisst wird“, sagt Oliver Knörzer. „Brand IV“ – Brand im Gebäude mit Person in Gefahr – lautet die feuerwehrinterne Kennung in solch einem Fall.

Mit acht Fahrzeugen und 40 Mann Besatzung ist die Feuerwehr ausgerückt. Schon 15 Minuten nach dem ersten Löschangriff melden die Feuerwehrmänner, die Lage sei stabil. Wenig später kehren die Mieter in ihre Wohnungen zurück. Da ist bereits klar, dass der Brand in der Esslinger Innenstadt ein Todesopfer gefordert hat. Ob der Mann noch lebte, als das Feuer ausbrach, oder ob er im Schlaf von den Flammen überrascht wurde, soll nun eine Obduktion klären.

Die Höhe des in der Wohnung entstandenen Schadens schätzt die Polizei auf rund 150 000 Euro. Die anderen Stockwerke des um das Jahr 1500 herum gebauten Hauses sind nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch die Nachbargebäude im eng bebauten historischen Zentrum der Stadt sind verschont geblieben.