Die ersten Opfer des Fährunglücks werden aus dem untergegangenen Schiff geborgen. Foto: dpa

Auf Überlebende des Fährunglücks vor Südkorea gibt es keine Hoffnung mehr. Nun haben Taucher begonnen, Leichen aus dem Inneren des Wracks der "Sewol" zu bergen. Die Zahl der bestätigten Toten wächst stündlich.

Auf Überlebende des Fährunglücks vor Südkorea gibt es keine Hoffnung mehr. Nun haben Taucher begonnen, Leichen aus dem Inneren des Wracks der "Sewol" zu bergen. Die Zahl der bestätigten Toten wächst stündlich.

Seoul - Taucher haben zum ersten Mal seit dem Untergang des südkoreanischen Fährschiffs "Sewol" vor vier Tagen Leichen aus dem Innern des Wracks geborgen. Von Samstagnacht bis Sonntagabend (Ortszeit) wurden mehr als ein Dutzend Tote aus dem gesunkenen Schiff gezogen.

Das berichteten südkoreanische Fernsehsender unter Berufung auf die Küstenwache. Es gab keine Anzeichen auf Überlebende unter den noch immer mehr als 240 vermissten Fahrgästen.

Zuvor hatten die Rettungs- und Bergungskräfte nur Leichen im Wasser nahe der Unglücksstelle vor der Südwestküste Südkoreas gefunden. Während die Suche weiterging, nahmen Freunde und Angehörige in Trauerfeiern Abschied von den ersten gefundenen Todesopfern.

Seit dem Untergang versuchten Taucher, trotz starker Strömung in die Fähre vorzudringen, um eventuell doch noch Überlebende zu finden. Nach Meinung von Experten ist die Aussicht allerdings minimal, dass Passagiere angesichts des schwindenden Sauerstoffs in einer Luftblase mehrere Tage überleben könnten.

Die Zahl der bestätigten Todesopfer der Katastrophe erhöhte sich zunächst auf fast 60. Noch gelten über 240 der 476 Passagiere als vermisst. Die meisten von ihnen waren Schüler auf einem Ausflug zur südlichen Urlaubsinsel Cheju. Es wird befürchtet, dass viele Fahrgäste im Innern der Fähre eingeschlossen wurden.

Die Auto- und Personenfähre "Sewol" war am Mittwoch gekentert. Nur 174 Menschen wurden gerettet, darunter der Kapitän und die meisten anderen der 28 Besatzungsmitglieder. Der Kapitän, die Dritte Offizierin und der Steuermann sitzen wegen Fahrlässigkeit und anderer Vorwürfe in Untersuchungshaft.

Dem Kapitän wird vorgeworfen, die Passagiere ihrem Schicksal überlassen zu haben. Zusammen mit den meisten Crewmitgliedern gehörte er zu den Ersten, die sich gerettet hatten. Die Ermittler untersuchen auch, warum die Schiffsführung keine Evakuierungsdurchsage unmittelbar nach dem Unfall gegeben hatte.

War eine zu scharfe Wende Ursache der Katastrophe?

Zwischen der sinkenden Fähre und der zuständigen Überwachungsstelle für den Seeverkehr auf der Insel Chindo bestand nach dem Eingang des ersten Notrufs noch etwa eine halbe Stunde Funkkontakt. Danach brach der Kontakt ab. Das geht aus einem am Sonntag von den südkoreanischen Medien veröffentlichten Mitschnitt zwischen der "Sewol" und dem Schiffsverkehrsdienst (Vessel Traffic Service) hervor. Nach etwa 20 Minuten wurde die Crew aufgefordert zu entscheiden, ob das Schiff evakuiert werden sollte.

Die Fähre sank den Untersuchungen zufolge an der Stelle, an der das Schiff seinen Kurs geändert hatte. Deshalb wird untersucht, ob möglicherweise aufgrund einer zu scharfen Wende die Ladung verrutscht sein könnte, so dass das Schiff in Schieflage geriet und kenterte.

Unterdessen beschloss die Regierung, den Landkreis Chindo sowie die Stadt Ansan in der Nähe von Seoul zu Sonder-Katastrophengebieten zu erklären. Unter den 475 Insassen waren 325 Oberschüler aus Ansan. Die Maßnahme gibt den betroffenen Gemeinden wie auch den Familien der Unfallopfer Anspruch auf staatliche Sonderhilfen.

Bei einem Protest wütender Angehöriger von vermissten Passagieren kam es am Sonntag zu einem Handgemenge mit Bereitschaftspolizisten. Dutzende Angehörige wurden den Fernsehberichten zufolge daran gehindert, über eine Brücke von Chindo aufs Festland zu marschieren. Sie hätten zum Präsidentenpalast nach Seoul gewollt. "Rettet unsere Kinder!", hätten sie dabei gerufen. Der Protest sei beendet worden, als ihnen ein Gespräch mit Premierminister Chung Hong Won zugesagt worden sei. Viele Angehörige werfen der Regierung vor, nicht genug für die Suche nach den Vermissten zu tun.