Das ehemalige "Haus Singer" in der Eutinger Markstraße war früher mal die Wirtschaft Adler. Foto: Feinler Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschafts-Serie Teil zwei: Das Gasthaus "Adler" im heutigen "Haus Singer" war früher Wohnhaus, Bäckerei und Tanzlokal

Von Alexandra Feinler

Eutingen. Das "Haus Singer" in Eutingen ist gerade in aller Munde. Denn das Gebäude gehört der Gemeinde Eutingen und dient während des NABU-Schuppenneubaus als Lager.

Wer vor dem Gebäude in der Eutinger Markstraße steht, dem fällt der Schlussstein im Türsturz sofort ins Auge. 1806 ist neben den Buchstaben "WL" und einer Brezel sowie zwei Backschaufeln zu erkennen. Diese waren das damalige Zunftzeichen der Bäcker.

"Demnach hat Wolfgang Lobmüller das Bäckerhandwerk erlernt und im Jahr 1806 die Wirtschaft zum Adler in dem Gebäude eingerichtet", fand Gemeindehistoriker Willi Schaupp heraus. In den Familienregistern ist Wolfgang Lobmüller als "Beck und Adlerwirt" aufgeführt. In der Wirte-Karte von 1790 ist der spätere "Adler" noch nicht als Wirtschaft eingetragen. Das Haus muss zu dieser Zeit aber schon erbaut worden sein.

Die Witwe Theresia Beiter, geborene Pfeffer, brachte es im Jahr 1802 in ihre zweite Ehe mit Wolfgang Lobmüller als Heiratsgut mit. Von da an entwickelte sich langsam die Geschichte, bis 1806 der "Adler" aufgemacht wurde.

"Florian war es wohl, der in die Scheuer einen Tanzsaal einbauen ließ"

Im Gebäudekataster von 1823 wird das Anwesen wie folgt beschrieben: "Drei-stöckiges Wohnhaus, das Wirtshaus zum Adler, mit Bier-, Branntwein-, Bäckerei-Feuerstätte, Backofen im zweiten Stock, Zweistöckige Scheuer mit Stallung und einem Wohnzimmer."

Willi Schaupp hat in den Güterbüchern weitere Gebäude gefunden, die Wolfgang Lobmüller besaß. Zum einen ein Gebäude im früheren Viehweg (heutige Hauptstraße) und zum anderen ein Haus gegenüber des "Adlers" an der Kirchhofmauer, das später an die Gemeinde verkauft wurde. Dieses Gebäude wurde um 1900 abgebrochen.

Theresia Lobmüller starb 1849, ihr Mann Wolfgang nur vier Jahre später. Zuvor, 1851, überschrieb er das Anwesen seinem Sohn Florian. Dieser hatte ein Jahr zuvor Marianna Wetzel aus Rohrdorf geheiratet. "Florian war es wohl, der in die Scheuer einen Tanzsaal einbauen ließ", schlussfolgert Willi Schaupp. Im Güterbuch sind auch die auf dem Haus ruhende Wirtschaft-, Brau- und Branntweinrechte eingetragen.

Florian Lobmüller starb 1873, woraufhin seine Frau und die älteste Tochter Theresia die Wirtschaft betrieben. Fünf Jahre später heiratete Tochter Genovefa den Waldhornwirt Anton Krespach. 1903 stirbt auch die Adlerwirtin Marianne Lobmüller, weshalb das Anwesen an die Tochter Theresia übergeht.

"Wie lange nach dem Tod Wolfgang Lobmüllers die Wirtschaft betrieben wurde, lässt sich derzeit nicht ermitteln", meint Willi Schaupp.

Im Handwerkerbuch des Küfers Ignaz Gsell sind Arbeiten für den Adlerwirt bis 1873 verzeichnet. In den Rechnungsbüchern der Pfarrei Sankt Stephanus findet der Historiker, dass der Adlerwirt Lobmüller zeitweise den Messopferwein geliefert hat und aus der Chronik der Musikkapelle geht hervor, dass im "Adler" Tanzveranstaltungen der Musikanten stattgefunden haben.

Im Zuge dieser Recherchen zeigte sich: Der Bruder von Florian Lobmüller, der Küfer Josef Lobmüller, hat bei der Umgestaltung der Eutinger Pfarrkirche in den neugotischen Stil den Marienaltar aus der Horber Werkstatt Hausch und Bayer gestiftet hat. Dafür rief die Kirchenpflege einen ewigen Jahrtag ins Leben.

Die Geschichte der Adler-Wirtschaft klingt langsam aus und nur wenige Eutinger können sich an das ehemalige Gasthaus erinnern. Familie Singer lebte oberhalb im Nachbargebäude. Christian Singer erwarb das Anwesen und lebte dort mit seiner Familie.

"Die Räume waren unterschiedlich hoch. Manchmal musste man eine Stufe hochgehen oder runter", erinnern sich die Singers. Auch wurde ihnen von der Wirtschaft im ersten Stock berichtet und dem Tanzsaal über der Scheune, erlebt haben sie die Kinder von Christian Singer jedoch nicht mehr. Nach dem Tod des "Eutinger Postle" (wir berichteten), wurde das Anwesen an die Gemeinde Eutingen verkauft.